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  Aktuelle Forschung :: Januar 2006 Zur Übersicht

Wie das Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxis gefüttert wird

Mit neuartigen numerischen Simulationen haben Wissenschaftler am MPI für Astrophysik untersucht, wie Gas in das Zentrum der Galaxis fließt. Die Modelle zeigen, daß das dortige Schwarze Loch, Sgr A*, nur einen kleinen Teil des vorhandenen Gases schluckt, und dies mit einer stark variablen Rate. Der größte Teil entweicht wieder aus der Nähe des Lochs. Die erklärt zum Teil die zur Zeit niedrige Leuchtkraft von Sgr A*, aber die Modelle führen auch zu der Vorhersage, daß in Zukunft Episoden viel höherer Aktivität zu erwarten sind.

Abb. 1: Der Film zeigt von Sternen ausströmendes Gas ("Sternwinde") im Zentrum unserer Milchstraße, in einer numerischen Simulation. Die Sterne sind mit Punkte markiert, das Loch selbst (nicht dargestellt) ist in der Bildmitte. Ein Teil des Gases kühlt ab, bildet Klumpen (gelb) und es ensteht daraus in dieser Simulation eine Scheibe. Das meiste Gas aber entweicht aus diesem Bereich, nur ein kleiner Teil wird vom Loch geschluckt. [Zum Abspielen wird der kostenlose DivX-Codec gebraucht].

Abb. 2:"Akkretionsrate", d.h. die Gasmenge die vom Loch eingefangen wird als Funktion der Zeit, aus der Simulation von Abb. 1. Wenn einer der kühlen Klumpen in die Nähe des Lochs gerät, wird er geschluckt und verursacht eine Spitze in der Akkretionsrate.

Es wird jetzt angenommen, daß es im Zentrum jeder Galaxie ein schweres Schwarzes Loch gibt. Unsere eigene Milchstraße ist keine Ausnahme; im Zentrum gibt es ein schweres Loch an der Stelle einer Radioquelle namens Sgr A*, 3 Millionen mal so schwer wie die Sonne. Astronomen können es nicht direkt sehen, haben aber mit Großteleskopen die Bewegungen von Sternen in der Nähe vermessen. Deren Bahnbewegungen um das Loch, wie die Bahn des Mondes um die Erde, erlaubt es die Masse des Zentralen Objektes zu berechnen, und dies zeigt eindeutig die Anwesenheit des riesigen Monsters.

Obwohl schwarze Löcher nicht direkt zu sehen sind (sie sind ja schwarz), strahlt einfallendes Gas im allgemein stark, weil es durch die starke Schwerkraft zusammengepreßt und dadurch sehr heiß wird. Auf dieser Weise entstehen Quasare, die sehr hellen Objekte in den Zentren weit entfernter Galaxien, deren Strahlung von solch akkretierenden Schwarzen Löcher gespeist wird. Nur, in Sgr A* wird fast nichts gesehen. Ein Rätsel, denn es gibt viele Sterne in der Nähe. Sie sind in sicherer Entfernug vom Loch, aber das Gas das sie ausschwitzen, der sog. "Sternwind", sollte ins Loch fallen und dabei viel Strahlung freisetzen. Um die Ursache dieser geringen Leuchtkraft zu verstehen, muß man wissen wie viel vom vorhandenen Gas tatsächlich vom Loch eingefangen wird. Ausserdem ist Sgr A* das näheste Loch dieser Größe, und das Verständnis seiner geringen Helligkeit wird beitragen zum Verständnis von Schwarzen Löchern in Allgemenein.

Im Zentrum der Galaxis produzieren Dutzende von Sterne Gas, das in allen Richtungen wegfließt. Es wird von Loch angezogen; Gasströmungen aus unterschiedlichen Richtungen stoßen dabei zusammen und liefern komplizierte Bewegungen, die nicht mit analytischen Rechnungen zu erfassen sind. Aufwändige Simulationen auf Hochleistungsrechnern werden gebraucht um eine klares Bild dieser Vorgängen zu bekommen.

Mit Gadget, einem am Max-Planck-Institut für Astrophysik entwickelten Rechenprogramm haben Wissenschaftler dieses Institutes angefangen, dieses Problem zu studieren. Sie fanden, daß die Sternwinde in der Nähe des Lochs tatsächlich komplizierte Muster bilden (Abb. 1). Ein Teil des Gases bildet kühle Klumpen, und einige dieser laufen auf Bahnen, die sie zum Loch bringen. Jedesmal wenn dies passiert, vielleicht etwa alle 100 Jahre, nimmt die Gasmenge die auf dem Loch trifft zu, die sog. "Akkretionsrate" (Abb. 2) schnellt hoch und das Gebiet wird sehr hell. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Erkenntnis, daß Sgr A* vor 350 Jahre viel heller war als jetzt. Diese hohe Leuchtkraft war womöglich die Folge der in den Simulationen gefundenen Variabilität, und ähnliche Aktivität ist für die Zukunft zu erwarten.

Die neuen Simulationen haben auch gezeigt daß nur ein Teil der Sternwinde in die Nähe des Lochs gelangt. Dies ist zu verstehen aus den Bewegungen der Sterne. Die Bahnbewegung ums Loch gibt dem Sternwind eine Anfangsgeschwindigkeit mit, und erleichtert so das Entweichen des Gases aus der Nähe des Lochs. Dieser Effekt reicht aber nicht aus, um die sehr niedige Leuchtkraft des Gases um Sgr A* herum zu erklären. Komplikationen in der Strahlungskühlung und den hydrodynamischen Stoßwellen in der direkten Nähe des Schwarzen Lochs spielen wahrscheinlich eine wichtige Rolle. Mit den Ergebnissen der Simulationen entwickeln Physiker nun ein besseres Verständnis der Physik in diesem Innenbereich, und wie das "Füttern" von Schwarzen Riesenlöchern funktioniert.


J. Cuadra, S. Nayakshin, V. Springel, T. Di Matteo

Weitere Informationen

linkPfeil.gif Accretion of Stellar Winds in the Galactic Centre

Originalpublikationen

Accretion of cool stellar winds on Sgr A*: another puzzle of the Galactic Centre?, MNRAS 360 (2005) L55
linkPfeilExtern.gifastro-ph/0502044

Galactic Centre stellar winds and Sgr A* accretion, MNRAS, in press
linkPfeilExtern.gifastro-ph/0505382

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Letzte Änderung: 2.1.2006