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Detaillierte Untersuchungen der
Bewegung von Sternen im Zentrum unserer Milchstraße haben
ergeben, daß unsere eigene Galaxis so gut wie sicher ein
schwarzes Loch mit einer Masse von drei Millionen mal jener der Sonne
enthält. Astronomen haben auch schwarze Löcher in ein
paar Dutzend nahegelegenen Galaxien nachgewiesen und haben entdeckt,
daß die Masse eines schwarzen Loches stark mit der Masse des
umgebenden galaktischen Sphäroids, der zentralen Ausbauchung
(engl.: bulge), korreliert ist (Abb. 1). Die Masse dieses Bulges ist
immer ungefähr 1000 mal die Masse des schwarzen
Loches. Außerdem scheinen Galaxien ohne einen solchen Bulge auch
kein schwarzes Loch zu enthalten. Diese Entdeckung ist deswegen so
aufregend, weil sie darauf hinweist, daß galaktische
Sphäroide und schwarze Löcher sich also zusammen bilden
müssen. Die Frage, die sich hiermit stellt, ist daher, wie und
wann ging die Bildung dieser Objekte von statten? Ist es möglich,
einen direkten Nachweis zu finden, daß sich Bulges und schwarze
Löcher in manchen Galaxien nach wie vor bilden, oder hat dieser
Vorgang schon vor langer Zeit aufgehört?
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) und an der
Johns Hopkins University (JHU) in den Vereinigten Staaten haben
versucht, eine Antwort auf diese Fragen zu finden, indem sie eine
umfangreiche Auswahl an Galaxien
mit aktiven Kernen untersucht haben, die sie dem Sloan Digital
Sky Survey entnahmen (Abb. 2). In solchen Galaxien wird durch das
Einfallen von Material auf das zentrale schwarze Loch (Abb. 3)
ionisierende Strahlung erzeugt, die zu charakteristischen Signaturen
im Emissionslinienspektrum der Galaxie führt. Das MPA/JHU Team
hat eine detaillierte Statistik über 22.000 solche Systeme im
lokalen Universum erstellt, um die gegenwärtige Massenzuwachsrate
von schwarzen Löchern zu eruieren. Die Ergebnisse weisen darauf
hin, daß im Mittel schwarze Löcher "niedriger" Masse von
weniger als 100 Millionen Sonnenmassen, noch immer ein signifikantes
Wachstum aufweisen. Weiters hat das Team die Rate gemessen, mit der
sich in nahegelegenen Bulges geringer Masse Sterne bilden, und ist zu
dem Schluß gekommen, daß diese Rate tausendmal höher
ist, als die Rate mit der schwarze Löcher wachsen. Dieser Faktor
tausend stimmt erfreulicherweise sehr gut überein mit dem
Massenverhältnis zwischen Bulge und schwarzem Loch, welches in
inaktiven Galaxien beobachtet wird! Dem gegenüber wachsen die
größten schwarzen Löcher im lokalen Universum, die
Massen bis zu 10 Milliarden Sonnenmassen haben können und in
gigantischen elliptischen Galaxien zu finden sind, kaum, was darauf
hinweist, daß sie sich in einer sehr viel früheren
kosmischen Epoche gebildet haben müssen.
Die Ergebnisse des MPA/JHU Teams unterstützen die These des "Cosmic
Downsizing", also der Evolution des Kosmos in Richtung kleinerer
Skalen. Cosmic Downsizing beschreibt ein Szenario, in dem aktive
Sternbildung und das Wachsen schwarzer Löcher sich im Laufe der
Entwicklung des Universums zu Galaxien immer kleinerer Masse hin
verschiebt. Dieser Umstand wird von den Theoretikern mehr oder weniger
als Paradoxon angesehen, versuchen sie doch zu verstehen, wie sich
umgekehrt Galaxien aus kleinen Dichtefluktuationen entwickelt haben,
die in den frühesten Augenblicken nach dem Urknall erzeugt worden sind.
Gemäß der derzeitigen Standardtheorie wird die dominierende
Materiekomponente im Universum nicht von den Baryonen gebildet, aus der
sich alle gewöhnliche Materie - Menschen ebenso wie Sterne -
zusammensetzt, stattdessen macht den größten Teil der Masse im
Universum eine bisher nicht direkt beobachtete, dunkle Materie aus, die
sich nur durch ihre Gravitation bemerkbar macht. Dunkle Materie wird
allerdings vom Cosmic Downsizing nicht beeinflußt, ihre Zusammenballung
beginnt auf kleinen Skalen und setzt sich zu immer massereicheren
Strukturen hin fort. Zu verstehen, warum sich das Verhalten von
Galaxien und Dunkler Materie so sehr voneinander unterscheiden soll,
stellt gegenwärtig eine der bedeutendsten Herausforderungen für
Kosmologen dar.
Guinevere Kauffmann
Weiterführende Links:
Der zugehörige Artikel in einer Fachzeitschrift.
Die verwendeten SDSS Daten.
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