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Ein supermassereiches schwarzes Loch, dessen Masse mehrere Millionen
oder sogar Milliarden Mal größer ist als die Masse der Sonne, befindet
sich in der Mitte einer jeden massereichen Galaxie. Diese werde Quasare
genannt, sobald sie durch das Verschlingen von riesigen Gaswolken grosse
Mengen an Strahlung erzeugen (Abbildung 1). Beobachtungen von Quasaren
zeigen, dass diese etwa zur gleichen Zeit wie die ersten Sterne und
Galaxien entstanden sind, im Laufe der ersten paar hundert Millionen
Jahre nach dem Urknall. Die Herkunft dieser Schwerkraftmonster ist immer
noch eines der großen ungelösten Probleme der Astrophysik
(siehe Aktuelle Forschung Juli 2012).
Die ersten Sterne und Galaxien bildeten sich vor mehr als 13
Milliarden Jahren, als das Ur-Gas des Universums (hauptsächlich
Wasserstoff und Helium) und die dunkle Materie im frühen Universum
begannen, sich anzusammeln. In dieser dichten Umgebung bildete das Gas
Wasserstoffmoleküle und kollabierte aufgrund seiner eigenen
Schwerkraft - die ersten Sterne entstanden.
Die Astrophysiker gehen davon aus, dass sich die ersten übergroßen
schwarzen Löcher kurz danach bildeten und zwar durch einen von zwei
möglichen Prozessen. Zum einen könnten massereiche Sterne schwarze
Löcher hinterlassen haben, als ihnen der Treibstoff für die Kernfusion
ausging. Diese schwarzen Löcher verschlingen dann die gesamte Materie
aus ihrer Umgebung und verschmelzen mit anderen schwarzen Löchern, bis
sie supermassereich wurden. Zum anderen könnten sich die massereichen
schwarzen Löcher direkt durch den Kollaps massereicher Klumpen heißen
Gases (etwa 8000 Kelvin, heißer als die Oberfläche der Sonne) gebildet
haben. Dieses Gas würde keine Wasserstoffmoleküle bilden und deshalb
nicht zu einem normalen Stern kollabieren sondern zu einem sehr viel
massereicheren Objekt.
Wie bereits erwähnt bildeten sich Galaxien aus einer Mischung aus
gewöhnlicher und dunkler Materie (und daraus bestehen sie auch
heute). Während gewöhnliche Materie aus den vertrauten Teilchen, den
Protonen, Elektronen und Neutronen aufgebaut ist, wechselwirkt die
dunkle Materie mit gewöhnlicher Materie nur über die
Schwerkraft. Tatsächlich liegt der größte Teil der Masse einer Galaxie
in Form dieser geheimnisvollen Komponente vor. Betrachtet man heute
eine typische Galaxie so leben die beiden Arten der Materie -
gewöhnliche und dunkle Materie - ruhig nebeneinander, doch zu der
Zeit, als die ersten Sterne und Galaxien gebildet wurden, war dies
nicht der Fall.
Neue Studien haben gezeigt, dass gewöhnliche und dunkle Materie im
frühen Universum sich nicht im Gleichklang bewegten - ähnlich wie
Fische, die nicht immer mit dem Strom schwimmen. Da es
Relativbewegungen zwischen der gewöhnlichen und der dunklen Materie
gab - gegeneinander bewegende “Materieströmungen” - können sie
gravitativ nicht in der gleichen Weise kollabiert sein. Die dunkle
Materie kollabierte zuerst, da ihr Dichte höher war, und die
gewöhnliche Materie folgte der dunklen Materie erst in den
gravitativen Kollaps nachdem sich ihre Bewegungen verlangsamt
hatten. Daraus folgt, dass sich aufgrund der anfänglichen
Materieströmungen die ersten Sterne und Galaxien erst etwas später
gebildet haben als bisher angenommen (Abbildung 2).
Kürzlich untersuchte eine Gruppe von Wissenschaftlern am Max-
Planck-Institut für Astrophysik und an der Columbia University (New
York, USA) die Auswirkungen dieser Materieströmungsbewegungen auf die
Entstehung der ersten supermassereichen schwarzen Löcher.
Wie oben bereits angeführt, besteht eine der wichtigsten Auswirkungen
der Strömung zwischen den zwei Materiearten darin, dass sich Sterne
später bilden als bisher angenommen. Wenn die supermassereichen
schwarzen Löcher Nachkommen dieser ersten Sterne sind, dann müsste
ihre Zunahme im Universum ebenfalls verzögert werden. Zukünftige
Teleskope wie das geplante James Webb Space Telescope der NASA könnte
in der Lage sein, schwarze Löcher in diesen frühen Epochen
nachzuweisen, etwa 400-500 Millionen Jahre nach dem Urknall. Modelle
mit Materieströmungsbewegungen würden bis zu zehn Mal weniger
massereiche schwarze Löcher vorhersagen als vorherige Modelle.
Eine zweite Studie ergab, dass in seltenen Fällen die anfänglichen
Materieströmungsbewegungen auch dazu beitragen könnten, sehr große
schwarze Löcher direkt zu bilden. Solche Ereignisse können an den
seltenen Orten im Universum eintreten, wo die Materieströmung
besonders kräftig ist, und auch dort, wo sich große Mengen an Dunkler
Materie außergewöhnlich früh ansammeln. Unter diesen Umständen können
sich große Gasansammlungen heißer als 8000 Kelvin bilden bevor sich
überhaupt Wasserstoffmoleküle und Sterne bilden können, und damit viel
früher zu massereichen schwarzen Löchern kollabieren als bisher
angenommen (Abbildung 3). Es ist unklar, wie oft diese seltenen
Bedingungen tatsächlich zur Bildung massereicher schwarzer Löcher
führten. Wie sich aber herausstellt, könnte dieser Mechanismus die
Anzahl der sehr hellen Quasare, die beobachtet werden, als das
Universum 800 Millionen bis eine Milliarde Jahre alt war, erklären -
unabhängig davon, ob diese seltenen Strömungsbedingungen in nur einem
Prozent oder in 100 Prozent der Fälle zur Bildung eines massereichen
schwarzen Lochs führen.
Diese Studien zeigen, dass die anfänglichen Strömungsbewegungen
zwischen gewöhnlicher und dunkler Materie beide Szenarien für die
Entstehung von supermassereichen schwarzen Löchern beeinflusst. Diese
neuen Erkenntnisse könnten wertvolle Hinweise geben, um die
zukünftigen Beobachtungen des frühen Universums richtig zu
interpretieren.
Takamitsu Tanaka, Miao Li und Zoltán Haiman
Veröffentlichungen:
Takamitsu Tanaka, Miao Li & Zoltán Haiman,
“The effect of baryonic streaming motions on the formation of the
first supermassive black holes”,
2013, MNRAS, 435, 3559
Takamitsu Tanaka & Miao Li,
"The formation of massive black holes in
z~30 dark matter haloes with large baryonic streaming velocities",
2014, MNRAS, in press.
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