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Im Zentrum fast aller Galaxien sitzt ein Monster: ein
Schwarzes Loch mit einer Masse von Millionen oder sogar
Milliarden mal der Masse unserer Sonne. Wenn dichtes Gas in
ein Schwarzes Loch fällt, heizt es sich auf und beginnt zu
leuchten, genauso wie Wasser in einem Wasserfall beim Fallen
an Energie gewinnt. Der so entstehende „Quasar“ (kurz für
„quasi-stellares Objekt“) kann Millionen Jahre lang heller
scheinen als eine ganze Galaxie (Abbildung 1), so dass Quasare
zu den am weitesten entfernten Objekten gehören, die die
Astronomen beobachten können. Weil ihr Licht auf seinem Weg zu
uns eine sehr lange Zeit braucht, sind sie ausgezeichnete
astronomische Werkzeuge, um die Vergangenheit des Universums
zu untersuchen.
Beobachtungen der am weitesten entfernten Quasare zeigen, dass
supermassereiche Schwarze Löcher mit Milliarden von
Sonnenmassen bereits existierten, als das Universum weniger
als eine Milliarde Jahre alt war. Woher kamen diese
monstermäßigen Schwarzen Löcher und wie konnten sie so schnell
so viel Masse ansammeln?
Im Laufe der ersten Milliarde Jahre bildeten sich die ersten
Sterne und Galaxien. Nach dem Urknall dehnte sich das
Universum aus und kühlte ab und Materieklumpen kollabierten
durch ihre eigene Schwerkraft. Gas in diesen Klumpen bildete
die ersten Sterne und dann die ersten Galaxien. Die Vorläufer
der massereichen Schwarzen Löcher bildeten sich wahrscheinlich
gleichzeitig mit den ersten Sternen und Galaxien, entweder bei
der Explosion massereicher Sterne oder durch den direkten
Gravitationskollaps riesiger Wolken aus heißem Wasserstoffgas.
Die ersten Schwarzen Löcher in den Zentren der Galaxien
hätten - je nach Szenario - entweder einige Dutzend oder
Hundert Sonnenmassen bzw. Zehntausende von Sonnenmassen
gehabt.
Unabhängig von der Entstehungsgeschichte sind sich die
Astrophysiker aber einig, dass die riesigen Schwarzen Löcher
nur dann so schnell so massereich werden konnten, wenn die
supermassereichen Schwarzen Löcher im Zentrum der am weitesten
entfernten Quasare den größten Teil ihrer Masse durch das
Verschlucken großer Mengen Gas aus ihrer Umgebung in kurzer
Zeit gewonnen haben. Dies würde bedeuten, dass das frühe
Universum durchsetzt war von leistungsstarken Quasaren, die
durch ihre schnell wachsenden Schwarzen Löcher angetrieben
wurden. Die ersten Quasare (oder besser Mini-Quasare, da die
Schwarzen Löcher noch nicht „super“-massereich waren),
strahlten eine enorme Lichtmenge ab. Insbesondere emittierten
sie viele Röntgenstrahlen. Diese sehr energiereiche Strahlung
konnte leicht in den intergalaktischen Raum entkommen.
Theoretische Studien haben gezeigt, dass die Röntgenstrahlen
von den ersten wachsenden Schwarzen Löchern in der Lage
gewesen wären, das intergalaktische Gas im frühen Universum
auf Tausende von Grad aufzuheizen. Dies ist deshalb ein
entscheidender Punkt, weil Gas kühl und dicht sein muss, um
nicht nur Sterne und Galaxien bilden zu können sondern auch
das Wachstum der Schwarzen Löcher voranzutreiben.
Eine neue Studie, die von dem MPA-Wissenschaftler Takamitsu
Tanaka geleitet wurde, hat nun untersucht, ob die "kosmische
Erwärmung" durch das Wachstum der ersten supermassereichen
Schwarzen Löcher die Entwicklung der massereichen Schwarzen
Löcher allgemein beeinflusst hat. Die Autoren verwendeten eine
neue Methode, um die Entstehung und das Gas-getriebene
Wachstum der frühesten massereichen Schwarzen Löcher zu
simulieren. Dabei untersuchten sie auch die Produktion von
Röntgenstrahlung, die daraus resultierende Erwärmung des Gases
in einem expandierenden Universum und die Auswirkungen dieser
kosmischen Erwärmung auf den Nachschub an kühlem, dichtem Gas
für das weitere Wachstum der Schwarzen Löcher.
Diese Berechnungen zeigten zum ersten Mal, dass die Erwärmung
des intergalaktischen Gases durch die ersten (Mini-)Quasare
(Abb. 2) tatsächlich das Wachstum der Schwarzen Löcher in der
Frühphase des Universums verlangsamt (Abb. 3). Ironischerweise
sind die allerersten Schwarzen Löcher, die größtenteils für
diese Erwärmung verantwortlich sind, am wenigsten davon
betroffen. Bis sie das intergalaktische Gas deutlich erhitzt
haben, sind ihre Galaxien auch größer und massereicher
geworden. Diese massereichen Galaxien können das zentrale Gas
auf immer noch relativ kühlen Temperaturen halten, selbst wenn
sie dem heißen extragalaktischen Gas ausgesetzt sind. Außerdem
kollidieren sie häufiger mit anderen massereichen Galaxien,
was für Nachschub an kühlem Gas sorgen kann. Später
entstandene Schwarze Löcher sitzen in weniger massereichen
Galaxien und werden schließlich zu Opfern des kosmischen
Klimawandels durch ihre älteren Geschwister.
Damit ist die kosmische Erwärmung des intergalaktischen Gas
durch die ersten supermassereichen Schwarzen Löcher in der
Lage zu erklären, warum so wenige Schwarze Löcher auf
Milliarden von Sonnenmassen angewachsen sind. Da diese
Erwärmung auch die Entstehung von kleinen Galaxien
unterdrückt, kann sie außerdem zu der Erklärung beitragen,
warum Zwerggalaxien in unserem lokalen Universum selten sind.
Takamitsu Tanaka, Rosalba Perna, Zoltán Haiman
Referenzen:
Takamitsu Tanaka, Rosalba Perna, Zoltán Haiman,
“X-ray emission from high-redshift miniquasars: self-regulating the population of massive black holes through global warming”,
2012, MNRAS, in press
Takamitsu Tanaka & Zoltán Haiman,
“The Assembly of Supermassive Black Holes at High Redshifts”,
2009, ApJ, 696, 1798
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