Rätsel um Supernovae gelöst:
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Typ Ia Supernovae spielen eine sehr wichtige Rolle in der Astrophysik. Sie bilden die homogenste Klasse von Explosionen, die im Universum beobachtet wird und sind so hell, dass sie über Milliarden von Lichtjahren hinweg sichtbar sind. Daher dienen sie als "Standardkerzen" zur Messung von Entfernungen im Kosmos. Sie führten zu der bedeutenden Entdeckung, dass das Universum beschleunigt expandiert. Dies weist auf die Existenz einer neuen, diese Ausdehnung antreibenden Energieform hin. Ungeachtet ihrer Bedeutung war bisher nur wenig über die Vorläuferobjekte dieser Explosionen bekannt. Eine Typ Ia Supernova ereignet sich, wenn ein Weißer Zwerg --- ein Stern von der Größe des Erdmondes, aber mit der Masse unserer Sonne --- bis zu einer kritischen Grenze wächst, indem er Gas von einem nahen Begleitstern ansammelt. Im kritischen Zustand werden in seinem Innern so hohe Temperaturen erreicht, dass Kernfusionsreaktionen von Kohlenstoff und Sauerstoff zünden und eine thermonukleare Explosion erfolgt. Obwohl der explodierende Stern sicher als Weißer Zwerg identifiziert werden konnte, sind viele theoretische Möglichkeiten für seinen Begleitstern vorgeschlagen worden. Im Fall, dass es sich dabei ebenfalls um einen Weißen Zwerg handelt, wäre dieser durch den Prozeß des Gasaustauschs zerstört worden. In allen anderen Szenarien jedoch sollte er die Explosion überlebt haben und charakteristische Merkmale aufweisen: Er sollte dieselbe Entfernung wie die Supernova besitzen und sich infolge des Aufbrechens des Doppesternsystems mit einer hohen Eigengeschwindigkeit bewegen. Tycho Brahes Supernova, die 1572 von Tycho Brahe und anderen Astronomen beobachtet wurde, bietet wegen ihres relativ jungen Alters und ihrer relativen Nähe in unserer Milchstraße die einmalige Möglichkeit, durch Beobachtungen die Identifizierung des Begleitsterns einer Typ Ia Supernova zu versuchen. Dies wurde von einer internationalen Kollaboration von Wissenschaftlern, geleitet von Pilar Ruiz-Lapuente vom Max-Planck-Institut für Astrophysik und der Universität Barcelona, durchgeführt. In einer umfangreichen Beobachtungskampagne wurden alle wichtigen Informationen über die Sterne im gasförmigen Überrest von Tycho Brahes Supernova gesammelt. Die Sterne wurden anhand ihres Spektraltyps, ihrer Helligkeit, ihrer Gehalts an Metallen, ihres Abstands, ihrer radialen Geschwindigkeit und ihrer Eigenbewegung am Himmel klassifiziert. Diese Untersuchungen dauerten mehrere Jahre und wurden an den Teleskopen der Europäischen Nordsternwarte in La Palma, an den W.-M.-Keck-Teleskopen auf dem Mauna Kea auf Hawaii und mit dem Weltraumteleskop Hubble der NASA und ESA durchgeführt. Als Ergebnis dieser Beobachtungen und ihrer Auswertung konnten die Astronomen viele vorgeschlagene Kandidaten als Vorläufersysteme dieser Supernova ausschließen, etwa Doppelsterne, in denen der Materie spendende Begleitstern ein Roter Riese ist, ein Roter Superriese oder ein Unterzwergstern. Stattdessen ist der wahrscheinlichste Kandidat für den überlebenden Begleitstern, der mit seinem Massenübertrag auf den Weißen Zwerg die Supernovaexplosion auslöste, ein sich schnell bewegender Unterriese nahe dem Zentrum des Supernovaüberrests. Er ist unserer Sonne in Helligkeit und Farbe sehr ähnlich, aber geringfügig weiter entwickelt. Der Stern, mit Tycho G benannt, befindet sich in der Entfernung des Supernovaüberrests und bewegt sich mehr als dreimal so schnell wie die anderen Sterne in dieser Entfernung (siehe Abb. 1). Die Identifikation des Vorläufersystems von Typ Ia Supernovaexplosionen ist extrem wichtig, weil dadurch die Anfangsbedingungen für die Explosion bestimmt werden. Dies hilft, die Faktoren, die die Helligkeit von Supernovae beeinflussen, besser zu verstehen und damit die Eigenschaften von Typ Ia Supernovae als "Standardkerzen" für die Ausmessung des Universums zu überprüfen. Die Geschwindigkeiten aller Sterne nahe dem Zentrum des Supernovaüberrests wurden in Richtung der Sichtlinie durch Dopplerverschiebungen der Spektrallinien im Licht dieser Sterne gemessen. Die Geschwindigkeiten in tangentialer Richtung am Himmel wurden mit Hilfe der "Wide Field Planetary Camera 2" des Hubble-Weltraumteleskops durch Aufnahmen im Abstand von vier Jahren bestimmt. "Sowohl die radialen als auch die tangentialen Geschwindigkeiten von Tycho G sind um einen Faktor drei höher, als die mittlere Geschwindigkeit von Sternen in dieser Region", berichtet Pilar Ruiz-Lapuente (siehe Abb. 2). Die Metallhäufigkeiten in diesen Sterne, d.h. die Anreicherung des Sterngases mit Elementen schwerer als Wasserstoff und Helium, wurden ebenfalls bestimmt. Dadurch konnte ausgeschlossen werden, dass der Stern Tycho G zu den Sternen des Halos und der dicken Scheibe unserer Milchstraße gehört. Zwar bewegen sich solche Sterne ebenfalls mit hohen Geschwindigkeiten, jedoch haben sie wesentlich geringere Metallhäufigkeiten als Sterne in der galaktischen Ebene. "Obwohl solche Sterne in der Region, in der Tycho Brahes Supernova explodierte, selten sind, bestand dennoch der Verdacht, dass Tycho G ein schneller Halostern sein könnte", gibt Pilar Ruiz-Lapuente zu bedenken. "Der hohe Anteil von Nickel und Eisen im Gas von Tycho G beweist jedoch, dass der Stern in der galaktischen Scheibe entstanden sein muss" (siehe Abb. 3). Die Geschwindigkeit von Tycho G durch den interstellaren Raum beträgt 136 km/s. Eine solche Eigengeschwindigkeit entspricht dem, was man erwartet, wenn ein Doppelsternsystems aus einem Weißen Zwerg und einem Unterriesen oder Hauptreihenstern von etwa einer Sonnenmasse auseinanderbricht. Ein solches System ähnelt der bekannten wiederkehrenden Nova U Scorpii. Diese Entdeckung verbindet Type Ia Supernovaexplosionen mit sogenannten kataklysmischen veränderlichen Objekten, d.h. mit Doppelsternen, die Materie austauschen. Damit vervollständigt sich unser Bild der Sternentwicklung.
Originalveröffentlichung
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