In dreidimensionalen Simulationsrechnungen untersuchen Forscher des
Max-Planck-Instituts für Astrophysik thermonukleare
Supernovaexplosionen.
Typ Ia Supernovae (SNe Ia) spielen eine herausragende Rolle in
verschiedenen Gebieten der Astrophysik. Sie sind eine der Hauptquellen
der Anreicherung des interstellaren Mediums mit schweren Elementen
(besonders Eisengruppenelementen), und beeinflussen dadurch die
Entwicklung von Sternen und Galaxien. Ihre ausserordentliche
Helligkeit ist vergleichbar mit der einer ganzen Galaxie aus
Milliarden von Sternen. Zusätzlich weisen sie eine starke
Uniformität ihrer Eigenschaften auf. Daher eignen sie sich
für eine geometrische Vermessung des Universums, wobei sie als
"Leuchttürme" weit entfernt von unserer Galaxie dienen. Um
hierbei eine ausreichende Genauigkeit zu erreichen, ist eine
Kalibrierung der Helligkeit der SNe Ia anhand von Korrelationen ihrer
Eigenschaften notwendig. Diese Korrelationen konnten bisher jedoch
noch nicht theoretisch erklärt werden (siehe Aktuelle
Forschung Juni 2000 und Dezember
2002).
All dies liefert die Motivation, den Mechanismus von SN Ia Explosionen
besser verstehen zu wollen. Ein Ansatz hierfür ist, aus
allgemeinen Eigenschaften ein astrophysikalisches Modell zu
konstruieren und dieses in einer Computersimulation
umzusetzen. über erste Erfolge dieser Methode am
Max-Planck-Institut für Astrophysik wurde bereits berichtet
(Aktuelle
Forschung Juni 2000). Fortschritte in den numerischen Verfahren und
gestiegene Computerleistung (die numerischen Modelle sind sehr
aufwendig und können nur auf massiv-parallelen Computern
ausgeführt werden) ermöglichen genauere Untersuchungen des
SN Ia Modells. Die Anfangsparameter der Modelle, die für die oben
erwähnte Kalibrierung eine wesentliche Rolle spielen, konnten in
den ersten systematischen Studien mit dreidimensionalen Simulationen
am Max-Planck-Institut für Astrophysik untersucht werden. Hier
ebenfalls vor kurzem durchgeführte Simulationen umfassen den
gesamten Stern (im Gegensatz zu nur einem Oktanten in älteren
Simulationen). Somit werden auch Asymmetrieeffekte
berücksichtigt. Ein solches Modell soll hier vorgestellt werden.
Das in der Astrophysik favorisierte Modell erklärt Typ Ia
Supernovae als thermonukleare Explosionen von Weißen
Zwergsternen, die aus Kohlenstoff und Sauerstoff bestehen. Allein ist
ein Weißer Zwergstern ein sehr inertes Objekt. Im SN Ia Modell
jedoch nimmt er Masse von einem Begleitstern auf, bis Dichte und
Temperatur in seinem Zentrum ausreichend hoch sind, daß die
Fusion von Kohlenstoff und Sauerstoff zu schwereren Elementen
zündet. Es bildet sich eine Flamme heraus, das heißt, die
Reaktion läuft in einem sehr kleinen Raumgebiet ab -
wahrscheinlich an der Oberfläche von Blasen aus verbranntem
Material. Eine solche Anfangsflamme im Weißen Zwergstern ist in
Bild 1 dargestellt.
Durch Wärmeleitung brennt diese Flamme vom Zentrum des
Weißen Zwergsterns nach außen. Dies erfolgt mit
Geschwindigkeiten kleiner als die lokale Schallgeschwindigkeit, und
man bezeichnet diese Art der Flammenpropagation als
Deflagration. Einige SN Ia Modelle nehmen an, dass die
Flammenausbreitung ab einem gewissen Zeitpunkt durch Schockwellen
übertragen wird und sich als Detonationswelle mit
Schallgeschwindigkeit ausbreitet. Ein physikalischer Mechanismus
für einen solchen übergang ist bisher jedoch nicht
bekannt. Das hier vorgestellte Modell basiert auf einer reinen
Deflagration.
Brennt nun eine Deflagrationsflamme vom Zentrum des Weißen
Zwergsterns nach außen, so läßt sie heißes und
leichtes verbranntes Material zurück. Vor ihr befindet sich
jedoch kalter und dichter Brennstoff. Die resultierende
Dichteschichtung ist dem Gravitationsfeld des Weißen Zwergsterns
entgegengerichtet und deshalb instabil. Es bilden sich Blasen von
brennendem Material, die in den Brennstoff aufsteigen (siehe Bild
2). An ihren Grenzflächen bilden sich Scherströmungen. Diese
Effekte führen zu einer starken Verwirbelung. Die daraus
resultierenden turbulenten Bewegungen deformieren die Flamme und
vergrößern dadurch ihre Oberfläche. Somit steigt der
Brennstoffumsatz der Flamme stark an, und es kommt zu einer
energiereichen Explosion (vgl. Abb. 3).
In Bild 4 ist die Situation zu einem Zeitpunkt dargestellt, bei dem
das Brennen bereits abgeschlossen ist. Große Teile des Sterns
sind in der Explosion verbrannt und stark expandiert. Die
Konfiguration hat ihre symmetrische Anfangsform weitgehend verloren.
Zum Größenvergleich ist der Weiße Zwergstern im
Stadium von Abb. 1 noch einmal in der linken unteren Ecke von Bild 4
dargestellt.
Die Entwicklung und Ausbreitung der Flammenfront wird durch den Film
veranschaulicht. Hierbei ist ein Maß für die
Propagationsgeschwindigkeit der Flamme farbcodiert wiedergegeben.
Das hier vorgestellte SN Ia Modell ist die erste Simulation, die den
ganzen Stern einschließt und zu einer Explosionsstärke und
Erzeugung von Brennprodukten führt, die den beobachteten Werten
sehr nahe kommen. Details solcher numerischen Modelle sollen in
nachfolgenden Untersuchungen genauer analysiert werden und eine
Bewertung der Modelle anhand synthetischer Lichtkurven und Spektren,
die dann direkt mit Beobachtungen verglichen werden können, sind
geplant.
Friedrich Röpke und Wolfgang Hillebrandt
Literatur:
F. K. Röpke und W. Hillebrandt (2004), eingereicht zu
Astron. Astrophys. (preprint: astro-ph/0409286)
W. Hillebrandt und F. K. Röpke (2004), Sterne und Weltraum, in
Vorbereitung
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