A K T U E L L E   F O R S C H U N G A U G U S T   2 0 0 3   E N G L I S H   V E R S I O N 

Harmonie unter den Kosmischen Staubsaugern: Skaleninvarianz von Jets und schwarzen Löchern


Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik haben die mathematische Formel für den Zusammenhang zwischen der Helligkeit von Jets und der Masse und Akkretionsrate der ihnen zugrundeliegenden schwarzen Löchern gefunden. Ihre Vorhersagen wurden durch die Entdeckung einer starken Korrelation zwischen der Radioemission, der Röntgenemission, und der Masse aktiver Schwarzer Löcher bestätigt.


Abbiildung 1

Abbildung 1: Illustration des Systems aus Akkretionsscheiben und Jets um schwarze Löcher in Galaxienzentren und in Röntgendoppelsternen. Die Gebiete in der nähe des schwarzen Lochs ähneln sich in beiden fällen stark, obwohl eines eine Milliarde mal kleiner ist als das andere.


Abbildung 2

Abbildung 2:Schema der Skaleninvarianzhypothese: Um die Eigenschaften (z.B. die Magnetfeldstärke, dargestellt als rote Linien, oder die Dichte der Teilchen, dargestellt als grüne Punkte) eines großen schwarzen Lochs zu ermitteln, reicht es, die eines kleinen schwarzen Lochs um einen Faktor gemäß ihres Massenunterschiedes zu skalieren.


Abbildung 3

Abbildung 3: Eine Ansicht der Fundamentalebene aktiver schwarzer Löcher. Gezeigt werden Radiohelligkeit LR und eine Kombination aus der Masse des schwarzen Lochs M und seiner Röntgenhelligkeit LX, so dass die Ebene genau von der Seite zu sehen ist (mit anderen Worten: die Korrelationskoeffizienten sind 0.6 und 0.78, wie in der Beschriftung der X-Achse zu sehen). Die Farben stellen unterschiedliche Massenbereiche dar. Beim Anklicken des Bildes erscheint eine Animation der Fundamentalebene.


Objekte so unterschiedlich wie Röntgendoppelsterne, Radiogalaxien, Quasare, und sogar unser das Zentrum der Milchstraße, werden durch das Gas, das aus ihrer Umgebung in das schwarze Loch in Ihren Zentren gesogen wird, mit Energie versorgt. Astrophysiker nennen diesen Prozess Akkretion. Neben großen Mengen an Strahlung werden dabei auch gebündelte Materiestrahlen erzeugt, sogenannte Jets, die aus den innersten Regionen der Akkretionsscheiben um die schwarzen Löcher herausgeschleudert werden, und die besonders bei Radiofrequenzen sehr hell strahlen.

Die komplexen Vorgänge, die zur Kollimierung und Beschleunigung dieser Jets führen, sind nachwievor ungeklärt. Allerdings lässt die Ähnlichkeit von Jets, die von unterschiedlich massiven schwarzen Löchern stammen (sowohl in ihrer Erscheinung als auch in ihrem Spektrum), darauf schließen, dass sie einem universellen physikalischen Prozess entstammen. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik folgten dieser Spur, indem sie annahmen, dass sie alle schwarzen Löcher als Teile einer einzigen Klasse von Objekten behandeln können. Sie formulierten eine Skaleninvarianzhypothese, die, wenn man sie Worte übersetzt, besagt, dass ein schwarzes Loch von einer Milliarde Sonnenmassen im Zentrum einer Galaxie, das von einer großen Akkretionsscheibe umgeben wird und einen riesigen Jet erzeugt, um einen Größenfaktor von einer Milliarde verkleinert werden kann und dann einem schwarzen Loch von einer Sonnenmasse, mit einer kleinen Akkretionsscheibe und einem kleinen Jet, so wie wir sie in Röntgendoppelsternen beobachten, exakt gleicht (siehe Abb. 1 und 2).

Damit waren sie in der Lage, die mathematische Abhängigkeit der Helligkeit des Jets von der Masse des schwarzen Lochs und von der Rate, mit der es Materie akkretiert, herzuleiten, und zwar unabhängig von der komplexen und bisher kaum bekannten Struktur der Jets. Kennt man den physikalischen Zustand in der Akkretionsscheibe (wie z.B. die Magnetfeldstärke und die Teilchendichte, siehe Abb. 2), kann man so berechnen, wie hell ein Jet eines schwarzen Lochs mit einer bestimmten Masse und Akkretionsrate sein wird.

Wie man die Vorhersagen der Skaleninvarianzhypothese prüfen kann:

Um diese theoretischen Vorhersagen zu prüfen, haben Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik eine Kollektion der unterschiedlichsten schwarzen Löchen aufgestellt, deren Massen sich um einen Faktor von bis zu einer Milliarde unterscheiden, und für die Messungen sowohl der Röntgenhelligkeit (die im innern der Akkretionsscheibe entsteht) als auch der Radiohelligkeit (die im Jet entsteht) vorliegen.

Zu ihrer Überraschung fanden sie eine deutliche Bestätigung der Vorhersagen, die sich durch die Skaleninvarianzhypothese ergeben. Alle schwarzen Löcher ihrer Kollektion folgen einer linearen Korrelation, die die Wissenschaftler die "Fundamentalebene aktiver schwarzer Löcher" nannten. Mit anderen Worten: Trägt man die Masse, die Radiohelligkeit und die Röntgenhelligkeit der schwarzen Locher als Punkte gegeneinander auf, so findet man, dass all diese Punkte in einer Ebene liegen (siehe Abb. 3). Die Existenz dieser Ebene und ihre spezielle Neigung (die durch die sogenannte "Korrelationskoeffizienten" gemessen wird) stimmen mit den theoretischen Vorhersagen sehr gut überein.

Die Wissenschaftler zeigten außerdem, wie ein direkter Vergleich zwischen den durch die Skaleninvarianzhypothese vorhergesagten Korrelationskoeffizienten und künftigen, noch präziseren Messungen benutzt werden kann, um verschiedene Akkretionsmodelle zu testen und möglicherweise zu widerlegen und um die Kopplung zwischen Akkretionsscheiben und Jets in schwarzen Löchern zu messen, was uns dem Verständnis dieser stärksten Energiequellen des Universums einen wichtigen Schritt näher brächte.

Email: Sebastian Heinz oder Andrea Merloni.


Links:
Dieser Text basiert auf folgenden Fachartikeln: http://arxiv.org/abs/astro-ph/0305252 und http://arxiv.org/abs/astro-ph/0305261

Weitere Informationen über schwarze Löcher, Akkretion, Jets, aktive galaktische Kerne und Röntgendoppelsterne sind unter den NASA outreach Seiten und den "ask an astronomer" Seiten abrufbar.



    A K T U E L L E   F O R S C H U N G   M P A   H O M E P A G E   E N G L I S H   V E R S I O N 
  Last modified: Mon Aug 4 12:11:21 CEST 2003     •     Comments to: info@mpa-garching.mpg.de