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Sonnenprotuberanzen sind relativ kühle Gebilde von etwa 8000 K, die
weit in die meherere Milionen K heiße Korona hineinragen. Man kann
sie am besten in der starken H-alpha Linie des neutralen Wasserstoffs
beobachten. Aber auch in anderen Spektrallinien sind sie gut sichtbar
und ein Beispiel dafür ist in Abb. 1 gezeigt. Wenn man sie gegen den
Hintergrund der Sonnenscheibe in H-alpha betrachtet, erscheinen sie
als dunkle Strukturen, die Filamente genannt werden. Sie haben im
Allgemeinen eine sehr detailierte Feinstruktur; ein typisches Beispiel
dafür ist in Abb. 2 gezeigt.
Mit Hilfe des SUMER (Solar Ultraviolet Measurements of Emitted
Radiation) Spektrographen an Bord des SOHO (Solar and Heliospheric
Observatory) Satelliten wurden diese auch in den Lyman Linien des
Wasserstoffs beobachtet. In Abb. 1 ist die Position des
Spektrographenspalts als weiße Linie eingezeichnet. Beispiele für
die gemessenen Linienprofile der ersten zwei Lyman Linien an mehereren
Stellen entlang dem Spalt sind in Abb. 3 gezeigt. Ein überraschendes
Ergebnis dieser Messungen war, dass in vielen Fällen die Profile
sehr unsymmetrisch sind.
Theoretische Modelle für die Protuberanzenfeinstruktur wurden von
Ulrich Anzer in Zusammenarbeit mit Petr Heinzel und Stanislav
Gunar vom astronomischen Institut in Ondrejov entwickelt.
Mit Hilfe dieser Modelle konnten wir die beobachteten Asymmetrien
reproduzieren. Für unsere Untersuchung benutzten wir eine
Konfiguration die aus mehereren individuellen Fadenstrukturen
besteht, die zufällig gewählte Geschwindigkeiten entlang der
Sichtlinie (LOS, line-of-sight) besitzen; außerdem sind sie
senkrecht zur LOS um zufällige Distanzen versetzt. Für diese
Modelle wurden detaillierte Strahlungstransportrechnungen
durchgeführt. Unsere Rechnungen ergaben, dass bereits relativ
kleine LOS-Geschwindigkeiten zwischen -10 km/s und +10 km/s
ausreichen, um starke Asymmetrien zu produzieren.
Ausgewählte Beispiele berechneter Linienprofile sind in Abb. 4
dargestellt. Der physikalische Mechanismus, der zu diesem Ergebnis
führt, liegt in den verschiedenen Geschwindigkeiten der einzelnen
Fäden zueinander. Deshalb wird die Strahlung von einem Faden von
allen vor ihm liegenden mit entsprechenden Dopplerverschiebungen
absorbiert. Dies kann die gefundenen Linienasymmetrien produzieren.
Entscheidend dabei ist die Tatsache, dass bereits relativ kleine
Geschwindigkeiten große Asymmetrien ergeben. Dies ist deshalb der
Fall, weil zum einen die Linienprofile zwei sehr ausgeprägte enge
Spitzen besitzen und zum anderen die Absorptionsprofile steile
Flanken haben.
Diese neuen Ergebnisse zeigen uns, dass für realistische
Protuberanzenmodelle die Dynamik der Feinstrukturen von entscheidender
Bedeutung ist.
Ulrich Anzer
Veröffentlichungen:
Stanislav Gunar, Petr Heinzel, Ulrich Anzer and Brigitte Schmieder,
"On Lyman-line asymmetries in quiescent prominences",
2008, Astronomy & Astrophysics 490, 307 - 313
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