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Abb. 1:
Das Zentrum des Galaxienhaufens Abell 2244. Die Galaxie in der Mitte ist bei
weitem die hellste.
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Abb. 2:
Beispiele von BCGs, sortiert nach der Masse des Galaxienhaufens (von kleinen
Galaxiengruppen oben links zu den massereichsten Haufen unten rechts).
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Verschiedene Prozesse spielen eine Rolle in Galaxienhaufen: Zu einem großen
Teil bestehen sie aus Dunkler Materie. Des Weiteren befindet sich in
ihnen viel heisses Gas
(
Aktuelle Forschung Mai 2004).
Dieses Gas verliert Energie durch
Abstrahlung von Röntgenstrahlung, wodurch mehr Gas ins Zentrum fliessen kann
(sogenannte "cooling flows",
Aktuelle Forschung November 2005).
Die Galaxie im
Zentrum des Galaxienhaufens befindet sich also auch im Zentrum des Dunkle
Materie Halos, wo auch die Gasdichte am höchsten ist. Zudem haben sich diese
Galaxien durch Kollisionen und Verschmelzung von mehreren Haufengalaxien
gebildet. Das Ziel unserer Untersuchung war es, festzustellen, ob sich BCGs
durch diese Einflüsse merklich von normalen Galaxien unterscheiden.
Für 625 Galaxienhaufen im Sloan Digital Sky Survey (SDSS;
Aktuelle Forschung April 2002)
haben wir die hellste Galaxie im Zentrum identifiziert (Abb. 2). Aus
einem Katalog von 200000 Galaxien im SDSS wird jeder BCG eine Kontrollgalaxie
zugewiesen, die eine möglichst ähnliche Masse, Rotverschiebung und Farbe
(die Farbe einer Galaxie spiegelt das durchschnittliche Alter ihrer Sterne
wieder) aufweist. Jeder systematische Unterschied zwischen den BCGs und diesen
Kontrollgalaxien kann dann auf den Einfluss des Haufenzentrums
zurückgeführt werden.
BCGs sind größer als die Kontrollgalaxien und haben höhere
Geschwindigkeitsdispersionen (ein Maß für die Geschwindigkeit der Sterne der
Galaxie). Diese Resultate implizieren, dass die BCGs einen höheren Anteil
Dunkler Materie enthalten. Dies kann als direkte Konsequenz ihrer
Lage im Zentrum eines Dunkle Materie Halos interpretiert werden.
Da die meisten BCGs elliptische Galaxien sind, können wir untersuchen, ob sie
den Skalierungsrelationen anderer elliptischer Galaxien folgen. Eine solche
Relation ist die Faber-Jackson Beziehung, welche die Helligkeit und die
Geschwindigkeitsdispersion verknüpft. Während die Kontrollgalaxien der
normalen Faber-Jackson Beziehung folgen, ist der Zusammenhang für BCGs
anders. Dies ist eine Bestätigung theoretischer Vorhersagen, nach denen die
Form der Faber-Jackson Beziehung für Galaxien, die durch das Verschmelzen
anderer Galaxien gebildet wurden, abhängt von den Bahnparametern der
Vorgängergalaxien: kollidieren zwei Galaxien frontal, folgt die entstandene
Galaxie einer anderen Faber-Jackson Beziehung. Da Galaxienhaufen an den Knoten
des "kosmischen Netz" liegen, werden BCGs hauptsächlich durch
Galaxienkollisionen entlang der Filamente gebildet, d.h. entlang elliptischer
Bahnen.
Zudem finden wir, dass BCGs öfter einen aktiven galaktischen Kern (englisch:
active galactic nucleus, AGN), der Radiowellen abstrahlt,
enthalten. Dies ist insbesondere deshalb interessant, da solche AGNs den
"cooling flows" entgegenwirken können
(
Aktuelle Forschung November 2005).
Obwohl sich BCGs nicht sonderlich von normalen Galaxien unterscheiden, können
wir den Einfluss von drei Charakteristika des Haufenzentrums feststellen: die
Dunkle Materie beeinflusst die Struktur, die Bildungsgeschichte äussert sich
darin, dass BCGs auf anderen Skalierungsrelation liegen, und das heisse Gas
"aktiviert" die Kerne der BCGs öfter als in normalen Galaxien.
Anja von der Linden
Veröffentlichungen
Anja von der Linden, Philip N. Best, Guinevere Kauffmann, Simon D.M. White,
"How special are Brightest Group and Cluster Galaxies?",
Submitted to MNRAS;
astro-ph/0611196
Philip N. Best, Anja von der Linden, Guinevere Kauffmann, Timothy M. Heckman,
Christian R. Kaiser,
"On the prevalence of radio-loud AGN in brightest cluster galaxies:
implications for AGN heating of cooling flows",
Submitted to MNRAS;
astro-ph/0611197
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