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Abb. 1:
Luftansicht des Gravitationswellen-Detektors
LIGO,
in Livingston, USA.; die zwei Interferometer-Arme erstecken sich über
eine Länge von 4 km. Ähnliche Detektoren sind in Betrieb in Hanford, USA
(LIGO),
in Pisa, Italien
(VIRGO),
in Hannover, Deutschland
(GEO 600),
und in Tokio, Japan
(TAMA 300).
Bildabdruck mit Genehmigung von LIGO Livingstone.
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Abb. 2:
Generische Gravitationalwellen-Signale vom Kollaps rotierender
Stern-Cores. In den neuen Simulationen mit den realistischeren
Anfangsmodellen und dem verbesserten Materiemodell treten nur
Typ-I-Signal-Templates (blaue Kurve) auf. Die von älteren,
einfacheren Modellen bekannten Typ-II-Signale (rote Kurve) und
Typ-III-Signale (grüne Kurve) sind komplett unterdrückt.
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Abb. 3:
Aussichten für den Nachweis von Gravitationswellen-Signalen von
extragalaktischen Supernovae. Für den geplanten Detektor Advanced
LIGO im regulären Modus liegen alle Signale (blaue Punkte)
von einem Ereignis in der Andromeda-Galaxie unterhalb der
Empfindlichkeitsschwelle (blaue Kurve). Ein Advanced-LIGO-Detektor in
Schmalband-Betrieb könnte ausnützen, daß die neuen
Signal-Templates jetzt generisch sind (wobei viele von ihnen wie
Perlen auf einer Kette bei einer Frequenz aufgereiht sind; rote
Punkte) und einige davon messen (rote Kurve). Der (wiederum
breitbandige) zukünftige EURO-Detektor ist empfindlich
genug, um sogar viele der vom Virgo-Galaxiehaufen kommenden Signale
(grüne Punkte) oberhalb seiner Empfindlichkeitsschwelle zu haben
(grüne Kurve). Die Lage der Signale in diesem Graph hängt
(wie farblich dargestellt) von der Detektor-Charakteristik ab.
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Während Licht- oder Schallwellen sich durch Raum und Zeit
bewegen, sind Gravitationswellen sich ausbreitende Wellenbewegungen
von Raum und Zeit selbst. Solche Verformungen der Raumzeit
werden durch katastrophenartige astrophysikalische Phänomene,
bei denen extrem kompakte Objekte (wie z.B. kollidierende und
verschmelzende schwarze Löcher oder Neutronensterne) beteiligt
sind, erzeugt.
Trotz ihres Ursprungs in einer so rauhen Umgebung wird eine
Gravitationswelle bei ihrer Ankunft auf der Erde eine relative
Signalstärke von maximal 10-20 haben, was ein Teil in
100,000,000,000,000,000,000 ist. Dies entspricht einer
Längenveränderung von nur circa 1/100 der Größe eines Atomkerns
in einem 100 km langen Maßstab!
Obwohl Gravitationswellen schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts von
Einstein vorhergesagt worden sind, besitzen wir erst jetzt die
Technologie, den ersten erfolgreichen Nachweis in Angriff zu nehmen.
Gegenwärtig suchen fünf Laser-Interferometer-Detektoren der
Kilometer-Klasse aktiv den Himmel nach Gravitationswellen ab,
die von galaktischen oder extragalaktischen Ereignissen kommen
(siehe Bild 1). Sie werden unterstützt durch resonante
Detektoren, die im Unterschied zu den aktuellen Interferometern
ihre optimale Empfindlichkeit in einem nur engen Frequenzband
haben. In der nahen Zukunft werden die existierenden Experimente
zu besserer Empfindlichkeit aufgerüstet werden, es werden
bereits geplante neue Detektoren gebaut werden, und der weltraum-gestützte
Satellit LISA wird die Detektoren auf der Erde komplementieren.
Ein erfolgreicher direkter Nachweis wird nicht nur Einsteins
mutige Vorhersage unzweifelhaft bestätigen, sondern wird vor allem
auch ein völlig neues "Fenster" zum Universum öffnen. Durch die
routinemäßige Beobachtung von Gravitationswellen werden
Astrophysiker neue und andernfalls komplett unerreichbare
Erkenntnisse über solch faszinierende Objekte wie schwarze Löcher,
die rätselhaften kosmischen Gammablitze oder die treibende Kraft
hinter den stellaren Supernova-Explosionen gewinnen.
Ein Beispiel für eine vielversprechende Quelle von
Gravitationswellen ist der Gravitationskollaps des rotierenden Cores
eines massereichen Sterns in einem spektakulären Supernova-Ereignis:
Während des Kollaps wird innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde eine
Masse von mehr als der unserer Sonne zu Dichten oberhalb von
100 Millionen Tonnen pro Kubikzentimeter komprimiert, bis die
Kontraktion durch den Core-Rückprall gestoppt wird. Die Suche
nach Gravitationswellen einer Supernova wurde bisher jedoch durch
die ziemlich unvollständige Kenntnis des zu erwartenden Signals
vom Core-Rückprall erschwert.
Ein erster Versuch, Vorlagen (sogenannte Templates) für
Gravitationswellen-Signale von als Supernova sterbenden Sternen
zu berechnen, wurde vor Jahren schon von Wissenschaftlern am
Max-Planck-Institut für Astrophysik erfolgreich unternommen
(siehe Aktuelle Forschung November 2001).
Allerdings prognostizierten diese Templates eine große Variabilität
der Art und Weise, wie Kollaps und Rückprall ablaufen. Die entsprechende
Unsicherheit beim Wellensignal verhinderte eine Anwendung der
effektivsten verfügbaren Filter in der Signal-Analyse der Detektoren.
In einer stark verbesserten Erweiterung dieser bisherigen Ergebnisse
haben jetzt wiederum Astrophysiker vom Max-Planck-Institut für
Astrophysik in Zusammenarbeit mit Christian D. Ott
(bisher Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik,
Golm; jetzt
Department of Astronomy and Steward Observatory,
University of Arizona,
USA) und unterstützt von Ian Hawke
(School of Mathematics,
University of Southampton,
Großbritannien) sowie Erik Schnetter und Burkhard Zink (beide
Center for Computation & Technology,
Louisiana State University,
USA)
neue multi-dimensionale Supercomputer-Simulationen einer Vielzahl von
rotierenden stellaren Core-Kollaps-Modellen fertiggestellt. Im
Gegensatz zu den alten, einfacheren Rechnungen wurden diesmal bessere
Anfangsmodelle verwendet, wurde eine realistischere Berschreibung der
Materie implementiert, und wurden die Effekte von Neutrinos in der
Kontraktionsphase mit in Betracht gezogen.
Bemerkenswerterweise verschwindet bei einer Einbeziehung all dieser
wichtigen Verbesserungen die bisher festgestellte Diversität
der Gravitationswellen-Signale, und nur ein Signaltyp bleibt übrig
(siehe Bild 2). Dieser Typ ist als Typ I bekannt und weist
als Charakteristik einen positiven Signalanstieg vor dem Rückprall
und eine große negative Signalspitze auf, gefolgt von einer
Ausklingphase, während der das Signal langsam auf Null zurückgeht.
Die Erkenntnis, daß die Gravitationswellen-Templates für
verbesserte Modelle gleichförmiger (also generischer) werden, hat
wichtige Auswirkungen auf einen möglichen Nachweis eines solchen
Ereignisses. Offenkundig können bei einer besseren Kenntnis der
erwarteten Signals und bei robusteren Vorhersagen besser abgestimmte
Datenanalyse-Methoden angewandt werden, um solche Signale aus den
in den Detektoren gemessenen Datenströmen herauszufiltern. Da die
Frequenzen der Signal-Templates sich in einem sehr engen
Frequenzbereich gruppieren, können darüber hinhaus die
Interferometer-Detektoren selbst fein eingestellt werden, um
vor allem in einem engen Frequenzband zu suchen (siehe Bild 3).
Zusätzlich können resonante Detektoren, die aufgrund
ihrer Konstruktion sowieso schon schmalbandig sind, sehr effektiv die
Suche begleiten.
Mithilfe solcher Methoden und eines gemeinsamen Vorgehens mehrerer
Detektoren kann in naher Zukunft die Nachweis-Reichweite vermutlich
bis weit über unsere Galaxie hinaus ausgedehnt werden. Dies erhöht
die Aussichten für eine Signal-Detektion stark, da andernfalls die
Hoffnungen allein auf dem eher seltenen Ereignis einer Supernova in
unserer eigenen Galaxie ruhen würden.
H. Dimmelmeier, H.-T. Janka, A. Marek, E. Müller
Publication
C.D. Ott, H. Dimmelmeier, A. Marek, H.-T. Janka,
I. Hawke, B. Zink, and E. Schnetter,
"3D Collapse of Rotating Stellar Iron Cores in General Relativity with Microphysics",
Physical Review Letters, eingereicht;
astro-ph/0609819
H. Dimmelmeier, C.D. Ott, H.-T. Janka, A. Marek,
and E. Müller,
"Generic Gravitational Wave Signals from the Collapse of Rotating Stellar Iron Cores",
Physical Review Letters, eingereicht;
astro-ph/0702305
C.D. Ott, H. Dimmelmeier, A. Marek, H.-T. Janka,
B. Zink, I. Hawke, and E. Schnetter,
"Rotating Collapse of Stellar Iron Cores in General Relativity",
Proceedings of the New Frontiers in Numerical Relativity Conference, AEI Golm, Germany, 2007;
astro-ph/0612638
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