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Abb. 1: Der Stern Tycho G nahe dem Zentrum des gasförmigen Überrests
von Tycho Brahes Supernova von 1572 A.D.
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Abb. 2: Oberes Bild: Aufnahme mit dem Hilfsinstrument des William Herschel
Teleskops. Sie zeigt die relative Leere der beobachteten Himmelsregion.
Das untersuchte Gebiet überdeckt einen Radius von 0.65 Bogensekunden um
die Himmelskoordinatenposition
R.A.=00h 25min 19.9s, Dec.= +64o 08' 18.2" (J2000), die das geometrische
Zentrum der Röntgenemission von Tycho Brahes Supernovaüberrest
definiert, wie es mit Hilfe des Chandra Röntgen-Satelliten
bestimmt wurde (Abb. 1). Wiederholte photometrische
und spektroskopische Beobachtungen aller sichtbaren Sterne wurden
ausgeführt, um eine mögliche Veränderung festzustellen und
Binärsterne auszuschließen.
Unteres Bild: Radialgeschwindigkeiten (gemessen im lokalen Ruhesystem)
aufgetragen gegen die Entfernung für die Sterne, die
näher als 20000 Lichtjahre sind; alle anderen Sterne sind viel weiter
entfernt und damit hinter dem Supernovaüberrest. Der Kandidat für den
Begleitstern von Tycho Brahes Supernova, Tycho G, hat eine
dreimal höhere Geschwindigkeit als die mittlere Geschwindigkeit
der anderen Sterne in dieser Entfernung.
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Abb. 3: Spektren von Tycho G, die zeigen, dass es sich um einen
Unterriesen handelt, der nicht zur Population von Sternen im Halo
oder in der dicken Scheibe der Milchstraße gehört.
Rechts: Mehrere theoretische Fitkurven für die beobachteten Eisen-
und Nickellinien im Spektrum von Tycho G unter der Annahme von
solaren Metallhäufigkeiten (rote, dicke Linie) bzw. von 30%
(blau, gestrichelt) und 10% (grün, gepunktet) der solaren
Häufigkeiten.
Links: Spektren mit niedriger
Auflösung klassifizieren Tycho G ebenfalls als Unterriesen der
Spektralklasse G0--G2 mit solarer Metallhäufigkeit.
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Typ Ia Supernovae spielen eine sehr wichtige Rolle in der
Astrophysik. Sie bilden
die homogenste Klasse von Explosionen, die im Universum beobachtet
wird und sind so hell, dass sie über Milliarden von Lichtjahren
hinweg sichtbar sind. Daher dienen sie als "Standardkerzen" zur
Messung von Entfernungen im Kosmos.
Sie führten zu der bedeutenden Entdeckung,
dass das Universum beschleunigt expandiert. Dies weist auf die
Existenz einer neuen, diese Ausdehnung antreibenden Energieform
hin. Ungeachtet ihrer Bedeutung war bisher nur wenig über die
Vorläuferobjekte dieser Explosionen bekannt.
Eine Typ Ia Supernova ereignet sich, wenn ein Weißer Zwerg --- ein
Stern von der Größe des Erdmondes, aber mit der Masse unserer
Sonne --- bis zu einer kritischen Grenze wächst, indem er Gas
von einem nahen Begleitstern ansammelt. Im kritischen Zustand
werden in seinem Innern so hohe Temperaturen erreicht, dass
Kernfusionsreaktionen von Kohlenstoff und Sauerstoff zünden und
eine thermonukleare Explosion erfolgt.
Obwohl der explodierende Stern sicher als Weißer Zwerg
identifiziert werden konnte, sind viele theoretische Möglichkeiten
für seinen Begleitstern vorgeschlagen worden. Im Fall, dass es
sich dabei ebenfalls um einen Weißen Zwerg handelt, wäre dieser
durch den Prozeß des Gasaustauschs zerstört worden. In allen
anderen Szenarien jedoch sollte er die Explosion überlebt haben und
charakteristische Merkmale aufweisen: Er sollte dieselbe Entfernung
wie die Supernova besitzen und sich infolge des Aufbrechens des
Doppesternsystems mit einer hohen Eigengeschwindigkeit bewegen.
Tycho Brahes Supernova, die 1572 von Tycho Brahe
und anderen Astronomen beobachtet wurde, bietet wegen ihres
relativ jungen Alters und ihrer relativen Nähe in unserer
Milchstraße die einmalige Möglichkeit, durch Beobachtungen
die Identifizierung des Begleitsterns einer Typ Ia Supernova
zu versuchen. Dies wurde von einer internationalen Kollaboration
von Wissenschaftlern, geleitet von Pilar Ruiz-Lapuente
vom Max-Planck-Institut für Astrophysik und der Universität
Barcelona, durchgeführt.
In einer umfangreichen Beobachtungskampagne wurden alle wichtigen
Informationen über die Sterne im gasförmigen Überrest von Tycho
Brahes Supernova gesammelt.
Die Sterne wurden anhand ihres Spektraltyps, ihrer
Helligkeit, ihrer Gehalts an Metallen, ihres Abstands, ihrer radialen
Geschwindigkeit und ihrer Eigenbewegung am Himmel klassifiziert. Diese
Untersuchungen dauerten mehrere Jahre und wurden an den Teleskopen der
Europäischen Nordsternwarte in La Palma, an den W.-M.-Keck-Teleskopen
auf dem Mauna Kea auf Hawaii und mit dem Weltraumteleskop Hubble der NASA
und ESA durchgeführt.
Als Ergebnis dieser Beobachtungen und ihrer Auswertung konnten die
Astronomen viele vorgeschlagene Kandidaten
als Vorläufersysteme dieser Supernova ausschließen, etwa
Doppelsterne, in denen der
Materie spendende Begleitstern ein Roter Riese ist, ein Roter
Superriese oder ein Unterzwergstern.
Stattdessen ist der wahrscheinlichste Kandidat für den überlebenden
Begleitstern, der mit seinem Massenübertrag auf den Weißen Zwerg die
Supernovaexplosion auslöste, ein sich schnell bewegender
Unterriese nahe dem Zentrum des Supernovaüberrests. Er ist unserer
Sonne in Helligkeit und
Farbe sehr ähnlich, aber geringfügig weiter entwickelt. Der Stern,
mit Tycho G benannt, befindet sich in der Entfernung des
Supernovaüberrests und bewegt sich mehr als dreimal so schnell wie
die anderen Sterne in dieser Entfernung (siehe Abb. 1).
Die Identifikation des Vorläufersystems von Typ Ia
Supernovaexplosionen ist extrem wichtig, weil dadurch die
Anfangsbedingungen für die Explosion bestimmt werden. Dies hilft, die
Faktoren, die die Helligkeit von Supernovae beeinflussen, besser
zu verstehen und damit die Eigenschaften von Typ Ia Supernovae als
"Standardkerzen" für die Ausmessung des Universums zu überprüfen.
Die Geschwindigkeiten aller Sterne nahe dem Zentrum des
Supernovaüberrests wurden in Richtung der Sichtlinie durch
Dopplerverschiebungen der Spektrallinien im Licht dieser Sterne
gemessen. Die Geschwindigkeiten in tangentialer Richtung am
Himmel wurden mit Hilfe der "Wide
Field Planetary Camera 2" des Hubble-Weltraumteleskops durch Aufnahmen
im Abstand von vier Jahren bestimmt. "Sowohl die radialen als
auch die tangentialen Geschwindigkeiten von Tycho G sind um einen
Faktor drei höher, als die mittlere Geschwindigkeit von Sternen in
dieser Region", berichtet Pilar Ruiz-Lapuente (siehe Abb. 2).
Die Metallhäufigkeiten in diesen Sterne, d.h. die Anreicherung
des Sterngases mit
Elementen schwerer als Wasserstoff und Helium, wurden ebenfalls
bestimmt. Dadurch konnte ausgeschlossen werden, dass der Stern Tycho G
zu den Sternen des Halos und der dicken Scheibe unserer
Milchstraße gehört. Zwar bewegen sich solche Sterne ebenfalls mit
hohen Geschwindigkeiten, jedoch haben sie wesentlich geringere
Metallhäufigkeiten als Sterne in der galaktischen Ebene. "Obwohl
solche Sterne in der Region, in der Tycho Brahes Supernova explodierte,
selten sind, bestand dennoch der Verdacht, dass Tycho G ein
schneller Halostern sein könnte", gibt Pilar Ruiz-Lapuente zu
bedenken. "Der
hohe Anteil von Nickel und Eisen im Gas von Tycho G beweist jedoch,
dass der Stern in der galaktischen Scheibe entstanden sein muss"
(siehe Abb. 3).
Die Geschwindigkeit von Tycho G durch den interstellaren Raum
beträgt 136 km/s. Eine solche
Eigengeschwindigkeit entspricht dem, was man erwartet, wenn ein
Doppelsternsystems aus einem Weißen Zwerg und
einem Unterriesen oder Hauptreihenstern von etwa einer Sonnenmasse
auseinanderbricht. Ein solches System ähnelt der bekannten
wiederkehrenden Nova U Scorpii. Diese Entdeckung verbindet Type Ia
Supernovaexplosionen mit sogenannten kataklysmischen veränderlichen
Objekten, d.h. mit Doppelsternen, die Materie austauschen. Damit
vervollständigt sich unser Bild der Sternentwicklung.
Pilar Ruiz-Lapuente
Originalveröffentlichung
"The binary progenitor of Tycho Brahe's 1572 supernova"
P. Ruiz-Lapuente, F. Comeron, J. Mendez, R. Canal, S.J. Smartt,
A. V. Filippenko, R. L. Kurucz, R. Chornock, R. J. Foley, V. Stanishev
& R. Ibata, 2004. Nature 431, 1069-1072 (2004) (astro-ph/0410673)
Kontakt
Pilar Ruiz-Lapuente
(Max-Planck Institut für Astrophysik and
Univ. Barcelona), Principal Investigator of the survey for the
progenitor of Tycho Brahe's supernova.
Literatur
Weitere Informationen zur Supernova von 1572:
Die Erforschung des historischen Beobachtungsmaterials aus dem
16. Jahrhundert zeigt, dass diese Typ Ia Supernova eine in ihrer
Helligkeit normale Supernova dieser Klasse war:
P. Ruiz-Lapuente, 2004, Astrophysical Journal, 612, 357
Weiterführendes Material zu Typ Ia Supernovaexplosionen:
F. K. Röpke and W. Hillebrandt, 2005, Astronomy and Astrophysics, 431, 635
W. Hillebrandt and J.C Niemeyer, 2000, Annual Review of Astronomy and Astrophysics, 38, 191
Links
Chandra/Hubble-Bilder von Tycho Brahes supernova
ESA Pressemitteilung
Dreidimensionale Simulationen von Typ Ia Supernovaexplosionen
SN Ia Research Training Network
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