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Der Himmel im Licht der Gammastrahlung zeigt eine Vielzahl von Objekten,
Strukturen und astrophysikalischen Prozessen (Abb. 1). Am prominentesten
leuchtet die Milchstraße und macht einen großen Teil der Punktquellen sowie den
überwiegenden Teil der diffusen Gammastrahlung des Himmels aus. Die
verschiedenen Strahlungsquellen erscheinen überlagert, was deren Identifikation
und Interpretation erschwert. Des Weiteren messen unsere Instrumente, wie der
Fermi-Satellit, einzelne, zufällig eintreffende Gamma-Photonen. Diese sind
höchst energetische Lichtteilchen, aus denen erst mit aufwendigen bildgebenden
Verfahren Himmelskarten errechnet werden müssen. Ein neues solches Verfahren
zum Entrauschen, Entfalten und Entwirren von Photonenbeobachtungen, genannt
D3PO
für Denoising, Deconvolving, and Decomposing Photon Observations, wurde am
Max-Planck-Institut für Astrophysik entwickelt und hat nun aus den Daten des
Fermi-Satelliten die bisher brillianteste Gammastrahlungskarte des Himmels
erzeugt.
D3PO hat den Gammahimmel bei neun Photonenenergien in Punktquellen
und diffuse Strahlung zerlegt. Aus diesen lässt sich ein farbiges Bild erzeugen
(Abb. 1), welches den Himmel zeigt wie er, betrachtet mit Gammaaugen, aussehen
würde. Die verschiedenen astrophysikalischen Prozesse lassen sich darin anhand
ihrer unterschiedlichen Energiespektren, sichtbar als unterschiedliche Farben,
erkennen. Die Gammablasen über (und unter) dem Zentrum der Milchstraße
erscheinen blau-grünlich, was von besonders energiereicher Gammastrahlung
kündet. Diese sollte hauptsächlich durch Zusammenstöße nahezu licht-schneller
Elektronen mit Sternenlicht und anderen Photonen erzeugt worden sein. Die
orange-braunen Regionen am rechten und linken Bildrand zeugen hauptsächlich von
Kollisionen nahezu licht-schneller Protonen mit Atomkernen in dichten, kalten
Gaswolken.
Die große Überraschung jedoch war, dass die zentrale, helle galaktische
Scheibe, sowie eigentlich alle anderen Bereiche des Himmels, im Wesentlichen
einfach nur eine Überlagerung dieser beiden Prozesse ist: Stöße von Protonen
mit Atomkernen und von Elektronen mit Lichtteilchen. Zerlegt man die diffuse
Gammastrahlung in nur diese beiden Prozesse (Abb. 2), bleibt weniger als 10%
der Strahlung übrig - und dies an allen Orten des Himmels und bei allen
untersuchten Energien. Die gesamte diffuse galaktische Gammastrahlung wird also
fast ausschließlich durch zwei typische Medien hervorgebracht: dichte, kalte
Gaswolken und dünnes, heißes Gas zwischen diesen. In der Tat zeigt die aus den
Wolken stammende Gammastrahlung die gleiche räumliche Himmelsverteilung wie die
Staubwolken der Milchstraße, die im Mikrowellenbereich durch den
Planck-Satelliten vermessen wurden.
Die in den mysteriösen Gammablasen erzeugte Strahlung durch Elektronen
unterscheidet sich in ihrer Farbe nicht von der Strahlung aus der galaktischen
Scheibe. Dies legt nahe, dass wir an beiden Orten dasselbe Material sehen:
heißes Gas, welches durch Sternexplosionen mit nahezu licht-schnellen
Elektronen angereichert wurde. Die Gammablasen sind daher einfach aufsteigende
heiße Gasmassen, die den Zentralbereich unserer Milchstraße verlassen.
Neben der Enträtselung der Gammablasen hat die D3PO-Analyse der
Anatomie galaktischer Gammastrahlung noch eine Reihe von weiteren
wissenschaftlichen Ergebnissen geliefert. So konnte gezeigt werden, dass die
kalten Gaswolken, die durch die Gammastrahlung kartographiert wurden, sich bis
in größere Höhen über der galaktischen Ebene erstrecken als die Staubwolken,
die der Planck-Satellit vermessen hat. Dies wird zwar aufgrund der höheren
Masse von Staubteilchen im Vergleich zu den Gasteilchen in den Gaswolken
bereits erwartet, ist aber eine schöne Bestätigung der astrophysikalischen
Korrektheit dieser anatomischen Zerlegung der Milchstraße im Gamma-Licht.
Weiterhin konnte ein umfangreicher Katalog von Punktquellen vorgelegt werden
und darin – leider erfolglos – nach Gammastrahlung von Galaxienhaufen gefahndet
werden.
Der D3PO-Algorithmus, der all dies ermöglicht hat, ist mittlerweile
frei verfügbar und
wird in Zukunft auch astronomische Bilder bei anderen Wellenlängen des Lichtes
liefern. Er wurde von Marco Selig im Rahmen seiner gerade mit Auszeichnung
beendeten Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität München mittels
Informationsfeldtheorie)
hergeleitet und mittels der ebenfalls frei
verfügbaren NIFTY-Software
implementiert. Die Informationsfeldtheorie befasst sich mit der Mathematik der
Bildgebung komplexer Daten und ist zentraler Schwerpunkt der Forschungsgruppe
von Torsten Enßlin am Max-Planck-Institut für Astrophysik.
Marco Selig, Valentina Vacca, Niels Oppermann, Torsten Enßlin.
Referenzen:
Publikation: The Denoised, Deconvolved, and Decomposed Fermi γ-ray Sky - An
Application of the D3PO Algorithm. Marco Selig, Valentina Vacca, Niels
Oppermann, Torsten A. Enßlin
submitted to Astronomy & Astrophysics, preprint: arXiv:1410.4562, Bild & Daten
Instrumente: Fermi Satellit und
Gammastrahlungsdaten
& Planck Satellit
und dessen Staubemssionskarte
D3PO: Beschreibung & Software
NIFTY: Beschreibung
& Software
Informationsfeldtheorie
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