| |
Typ Ia Supernovae (SN Ia) sind sehr helle Explosionen, die als
Standardkerzen verwendet werden, um Entfernungen auf kosmischen Skalen
zu messen. Diese Messungen können dann unter anderem dazu verwendet
werden, um die Geschichte der Expansion des Universums zu
rekonstruieren. Würde man die genaue Natur der Vorläufer dieser
Ereignisse besser kennen, so könnte man sie besser standardisieren und
so eine genauere Rekonstruktion erhalten. Darüber hinaus gehen die
Astronomen davon aus, dass SN Ia das Endprodukt von Binärsystemen
sind. Ein besseres Verständnis ihrer Vorläufer wird uns helfen, die
Entwicklung und das Ende von bestimmten binären Sternen besser zu
verstehen. Daher ist die Natur der SN Ia-Vorläufer eine wichtige
offene Frage, die noch auf eine Antwort wartet.
Die meisten Astronomen stimmen darin überein, dass eine SN Ia auf die
Explosion eines Weißen Zwergsterns mit einem
Kohlenstoff-Sauerstoff-Gemisch im Innern zurückgeht. Damit ein weißer
Zwerg explodiert, muss er zusätzliches Material ansammeln, wodurch
Kohlenstoff-Brennen ausgelöst wird. Aufgrund des entarteten
Materiezustands im Weißen Zwerg führt dies zu einer Kettenreaktion,
die genug Energie erzeugt, um den Weißen Zwerg total zu zerstören. Bei
den beiden führenden Modellen für den Vorläufern dieser Explosionen
gibt es entweder einen entarteten Stern, bei dem Material von einem
nicht-entarteten Begleiter auf den Weißen Zwerg übertragen wird
(einfach entartetes Modell, Abb. 1 oben), oder zwei weiße Zwerge, die
miteinander verschmelzen (doppelt entartetes Modell, Abb. 1 unten).
Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden Szenarien ist
die Umgebung, in der der Weiße Zwerg explodiert. Beim einfach
entarteten Modell ist der Weiße Zwerg von Material umgeben (CSM von
engl. circumstellar material), das durch bestimmte Prozesse aus dem
System ausgestoßen wurde. Dieses Material sollte mit relativ niedrigen
Geschwindigkeiten ausströmen. Beim doppelt entarteten Szenario
explodiert der Weiße Zwerg in einer saubereren Umgebung. Allerdings
schlagen einige neuere Arbeiten vor, dass auch bei bestimmten doppelt
entarteten Modellen CSM vorhanden sein könnte, dann aber mit deutlich
höheren Geschwindigkeiten.
Der Nachweis von CSM in Typ Ia-Spektren kann damit dazu beitragen, die
verschiedenen Vorläufer-Szenarien zu unterscheiden und macht es
möglich, den Weg oder die Wege zu bestimmen, die zur binären Explosion
führen. Somit stellt sich die Frage, wie sich das CSM
manifestiert. Material in der unmittelbaren Umgebung des
explodierenden weißen Zwergs sollte durch die bei der Explosion
emittierte UV-Strahlung ionisiert werden. Im Laufe der Zeit sollte
dieses Material wieder kombinieren und zurück in seinen vorherigen
neutralen bzw. ionisierten Zustand übergehen. Daher erwarten wir bei
Spektren kurz nach der Explosion wenig oder keine Merkmale von
neutralen oder wenig ionisierten Niveaus; bei späteren Spektren
erwarten wir dagegen, dass derartige Merkmale auftauchen bzw. sich
intensivieren. Material, das zum Zeitpunkt der Explosion weiter
entfernt ist, sollte nicht ionisiert werden; aufgrund der relativ
geringen Geschwindigkeit, mit der es ausströmt, sollte es sich aber
durch blau-verschobene Absorptionsmerkmale manifestieren. Für diese
Suche ist neutrales Natrium ein ideales Element, da es eine starke
Linie aufweist, auch wenn nur geringe Mengen an Natrium vorhanden
sind.
Der erste weithin akzeptierte Nachweis von CSM in einer SN Ia gelang einer
Gruppe um Ferdinando Patat von der ESO (Abb. 2) bei SN 2006X. Im Anschluss
wurden zwei weitere Fälle mit Anzeichen von CSM gemeldet - SN 2007le und
PTF11kx - und drei Ereignisse, bei denen derartiges Material nicht nachgewiesen
werden konnte - SN 2000cx, SN 2007af und SN 20011fe. Dieses uneindeutige
Resultat könnte (a) auf einen Blickwinkel-Effekt zurückzuführen sein, der dafür
sorgt, dass das CSM nur in einem Teil der SN Ia sichbar ist, oder (b) zwei
Klassen von Vorläufern - eine mit und eine ohne CSM; oder am wahrscheinlichsten
eine Mischung aus beidem. Aufgrund der geringen Anzahl der bisherigen
Messungen können keine belastbaren Aussagen getroffen werden. Um eindeutig zu
sagen, wie häufig Fälle wie SN 2006X, SN 2007le und PTF11kx auftreten, ist eine
größere Probe nötig. Mit einer größeren Stichprobe können darüber hinaus auch
die Eigenschaften des CSM untersucht werden. Ein Nicht-Nachweis von CSM kann
dazu verwendet werden, Obergrenzen für die CSM-Masse abzuschätzen. Damit können
wir unwahrscheinliche Modelle ausschließen und die wahrscheinlichen Modelle
besser eingrenzen.
Eine von Assaf Sternberg angeführte Gruppe hat nun gezeigt, dass SN Ia
übermäßig viele Merkmale zeigen, die auf ausströmendes Material
hinweisen. Es konnte gezeigt werden, dass dieser Überschuß mit CSM
konsistent ist. Da diese Analyse allerdings auf Daten einer einzelnen
Epoche beruhen, können damit keine Eigenschaften des CSM untersucht
werden, da es unmöglich ist zu unterscheiden, welche Merkmale aus der
unmittelbaren Sternumgebung stammen und welche aus dem interstellaren
In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern weltweit unternimmt die
MPA-Gruppe nun den Versuch, hochaufgelöste spektroskopische Daten aus mehreren
Epochen von SN Ia zu erhalten, um damit ein neues Licht auf die
Vorläufer der SN Ia zu werfen. Bisher haben wir bereits
hochaufgelöste Multi-Epochen-Spektren von 13 Supernovae Ia (Abb. 3) erhalten, und
somit mehr als das Dreifache der bisherigen veröffentlichten
Datensätze. Diese erweiterte Stichprobe zeigt, dass nur ca. 17% der SN
Ia zeitlich veränderliche Absorptionsmerkmale aufweisen, die mit CSM
verknüpft werden können. Doch auch wenn dies mit unseren anderen
bereits veröffentlichten Arbeiten übereinstimmt, könnte sich das
Ergebnis aufgrund der limitierten Größe unserer Stichprobe noch
ändern. Darüber hinaus werden wir in einer zukünftigen Analyse
Obergrenzen für die CSM-Masse abschätzen und versuchen bestimmte
binäre Wege als Vorläufer für die Ereignisse in unserer Probe
auszuschließen. Diese Resultate sind immer noch in Arbeit. Wir hoffen
innerhalb der nächsten Jahre eine Stichprobengröße zu erreichen, die
mit den Arbeiten von Sternberg et al aus einer einzelnen Epoche
vergleichbar ist, und dass diese Analyse dabei hilft, eine Antwort auf
die langjährige Frage nach Typ Ia Vorläufern zu finden.
Assaf Sternberg und Wolfgang Hillebrandt
Referenzen
Patat, F., Chandra, P., Chevalier, R., et al. 2007 Science, 317, 924
Simon, J. D., Gal-Yam, A., Gnat, O., et al. 2009, ApJ, 702, 1157
Dilday, B., Howell, D. A., Cenko, S. B., et al. 2012, Science, 337, 942
Sternberg, A., Gal-Yam, A., Simon, J. D., et al. 2011, Science, 333, 856
Sternberg, A., Patat, F., Hillebrandt, W., et al, 2013, in preperation
|