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Die größte Herausforderung bei der Modellierung von Sternen und ihren
Atmosphären ist, wie man die konvektive Wärmeübertragung und deren
Zusammenspiel mit der emittierten Strahlung des Sterns richtig
simuliert. Traditionell werden theoretische eindimensionale (1D)
Atmosphären Modelle verwendet, bei denen angenommen wird, dass sie
sich nicht mit der Zeit verändern. Solche Modelle stützen sich auf
mehrere wesentliche Vereinfachungen, die unzureichend sind für die
Beschreibung eines komplexen Phänomens wie der Konvektion, welches
sich eindeutig in 3D abspielt und sich ständig fortentwickelt. Diese
Modelle sind daher manchmal ziemlich unrealistisch und liefern
fehlerhafte Ergebnisse. Es ist wie das Kochen eines aufwendigen
Abendessens mit einer einzigen Grundzutat: Die grundlegende Struktur
ist vorhanden, aber das gewisse Etwas fehlt deutlich. Ein wesentlicher
Vorteil von derart vereinfachten stellaren Modellierungen ist jedoch,
dass diese rechnerisch recht günstig sind und es daher möglich machen,
viele Sterne simulieren.
Mit der Einführung leistungsfähiger Supercomputer ist es heute
möglich, Modelle der Sternatmosphären in 3D zu berechnen, bei denen
die konvektiven Bewegungen zeitlich verfolgt werden, und auch die
Wechselwirkungen zwischen dem stellaren Plasma und der Strahlung
werden im Detail nachvollzogen durch die Lösung der hydrodynamischen
Gleichungen, welche mit der 3D Strahlungstransportgleichung gekoppelt
sind. Bei diesen anspruchsvollen 3D-Modellen treten die konvektiven
Bewegungen direkt aus grundlegenden physikalischen Prinzipien hervor,
so dass die vielen freien Parameter der 1D Modellierung überflüssig
werden. Die Vorhersagekraft derartiger 3D-Modelle wurde bereits
erfolgreich demonstriert, insbesondere für die Sonne. Dies beweist,
dass die neuen Sternmodelle sehr realistisch sind, so dass sie für die
Analyse des Sternenlichts für viele unterschiedliche Studien
eingesetzt werden können. Es ist beruhigend, dass Astronomen jetzt
verstehen, wie Konvektion in Sternen funktioniert und dass sie Modelle
berechnen können, welche es ihnen möglich machen, die stellaren
Eigenschaften aus der von den Sternen emittierten Strahlung exakt zu
bestimmen.
Ein internationales Team von Wissenschaftlern um Zazralt Magic am MPA
hat nun eine große Anzahl von 3D-Sternatmosphären berechnet, die mit
Abstand die größte und ehrgeizigste Unternehmung auf diesem Gebiet
ist. Es ist wie ein prächtiges Festmahl aus rund 250 Gerichten, die
alle mit viel Liebe zum Detail zubereitet wurden. Die neuen
3D-Sternmodelle basieren auf den bestmöglichen Ergebnissen der Physik,
wie die Zustandsgleichung des Plasmas (das Verhältnis zwischen
Temperatur und Druck) und Opazitäten (die beschreiben, wie transparent
das Plasma für Strahlung ist). Die gesamte Sternoberfläche wurde dabei
nicht im Ganzen modelliert, sondern man folgt stattdessen einem
kleinen repräsentativen Volumen in der Atmosphäre, aus dem dann
statistisch das vollständige Bild des Sterns rekonstruiert werden
kann. Normalerweise folgt jede Computersimulation der Entwicklung in
etwa 10 konvektiven Zellen, den so-genannten Granulen: dem
aufsteigenden Material, welches von unten beheizt wird.
Mit den neuen 3D-Sternmodellen fanden die MPA-Wissenschaftler einige
neue und interessante Skalierungsrelationen der globalen Eigenschaften
mit stellaren Parametern. So wird zum Beispiel der Intensitätskontrast
zwischen dem warmen nach oben strömenden Material und den kalten
abtauchenden Strömen bei niedrigem Metallgehalt verstärkt oder die
Granulgröße skaliert mit der Druckskalenhöhe nahe an der
Oberfläche. Entropie-Sprung, Dichte und vertikale Geschwindigkeit sind
die Komponenten des konvektiven Energietransports und diese
Eigenschaften skalieren ebenfalls mit den stellaren Parametern auf
eine klare und verständliche Art. Vergleicht man die räumlich und
zeitlich gemittelten 3D-Modelle mit klassischen 1D-Modellen, so zeigen
sich auffällige und systematische Unterschiede, die die Mängel der
bisherigen 1D-Analysen hervorheben.
Die Bandbreite der möglichen Anwendungen dieser 3D-Sternmodelle ist
enorm. Derzeit berechnet das Team als erste Anwendung ein Gitter mit
Voraussagen für Sternspektren aus jedem 3D-Modell, um die Bestimmung
stellarer Parameter und die Analyse der chemischen Zusammensetzung der
Sterne zu verbessern. Diese wiederum ist für laufende und zukünftige
Studien zu Sternen in unserer Milchstraße von großem Vorteil, um damit
die Entstehung und die Geschichte unserer Galaxie nachzuverfolgen.
Ein besseres Verständnis der Strahlung eines Sterns und wie diese über
die Sternoberfläche hinweg variiert wird hilfreich sein, um genaue
Parameter von Exoplaneten aus Transits zu bestimmen — der
Helligkeitsänderung, wenn ein Planet vor seinem Zentralstern
vorbeizieht. Die MPA-Gruppe erwartet auch große Fortschritte in der
Asteroseismologie — der Möglichkeit, das Innere von Sternen anhand
ihrer Oszillationen zu vermessen,mit neuen Modellen zur
Sternentwicklung, die auf den 3D-Atmosphären-Modellen aufbauen. Diese
Arbeit stellt also einen wichtigen Fortschritt in der hohen Kunst der
„stellaren Suppenküche“ dar, die von vielen Astronomen auf der ganzen
Welt geschätzt wird.
Zazralt Magic (MPA), Remo Collet (ANU) und Martin Asplund (ANU)
Referenz
Z. Magic, R. Collet, M. Asplund, R. Trampedach, W. Hayek,
A. Chiavassa, R. F. Stein and Å. Nordlund,
"The Stagger-grid: A Grid of 3D Stellar Atmosphere Models I. Methods and general properties",
(submitted to A&A)
http://adsabs.harvard.edu/abs/2013arXiv1302.2621M
Weiterführende Literatur
Nordlund, Å., Stein, R. F., & Asplund, M.,
"Solar Surface Convection",
2009, Living Reviews in Solar Physics, 6, 2
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