Entrauschen, Entfalten und Entwirren von Photonenbeobachtungen

Die Trennung von diffusen und punktförmigen Komponenten ist ein alltägliches Problem für Wissenschaftler, die astronomische Bilder analysieren. Die Analyse wird jetzt einfacher: Forscher am Max-Planck-Institut für Astrophysik haben vor kurzem den D³PO Algorithmus veröffentlicht, der Rauscheffekte und Instrumentenfehler aus Beobachtungsaufnahmen entfernt, während er gleichzeitig diffuse und punktförmige Strahlungsquellen trennt.

Abb. 1: Simulierte Beobachtung, die einen 32 x 32 arcmin2 Ausschnitt des Himmels mit einer Auflösung von 0.1 arcmin zeigt.

Abb. 2: Rekonstruktion des punktförmigen Photonenflusses, wobei jede Quelle markiert ist und die Graustufen die jeweils zugehörigen Flüsse anzeigen.

Abb. 3: Rekonstruktion des diffusen Photonenflusses, welcher von Rauschen und Instrumentenfehlern bereinigt wurde.

Moderne Observatorien liefern Bilder des Himmels mit hoher räumlicher Auflösung. In der Röntgen- und Gamma-Astronomie werden einzelne Photonen detektiert und in Rohbilder eingetragen. Da die Anzahl der detektierten Photonen zu einem gewissen Grad zufällig ist, leiden die Rohbilder unter einer Granulierung aufgrund des sogenannten Schrotrauschens. Des Weiteren hinterlassen auch eine inhomogene Himmelsabdeckung und instrumentelle Effekte ihre ungewünschten Spuren. Die unvollkommene Optik eines Teleskops kann beispielsweise Punktquellen zu verschwommenen Klecksen verschmieren. Außerdem ist die Emission am Himmel oft eine schwer zu entwirrende Überlagerung verschiedener Quellen, da die einzelnen Photonen nicht eindeutig den ursprünglichen Quellen zugeordnet werden können. Daher stellt es eine große Herausforderung dar, das ursprüngliche Himmelsbild hochaufgelöst zu rekonstruieren und die astrophysikalisch relevante Information über die einzelnen Strahlungsquellen aus den Daten zu extrahieren.

Zu diesem Zweck entwickelten die Garchinger Wissenschaftler einen neuartigen, intelligenten Bildgebungsalgorithmus, der die Photonenbeobachtungen entrauscht, entfaltet und entwirrt. Dies drückt die englische Abkürzung "D³PO" aus, welche für "Denoise, Deconvolve, and Decompose Photon Observations" steht. "Entrauschen" bezeichnet hier eine Rauschunterdrückung, die die spezifischen statistischen Eigenschaften des Schrotrauschens berücksichtigt. "Entfaltung" ist die Korrektur instrumenteller Artefakte, wie sie die unvollkommene Optik des Instruments verursachen kann. Verschmierte Punktquellen werden hierbei auf ein einzelnes Pixel abgebildet und somit geschärft. Schlussendlich, bedeutet "Entwirrung" die Aufspaltung des Rohbildes in zwei separate Bilder, eines mit ausgedehnten, diffusen und eines mit punktförmigen Quellen. Diese "Entwirrung" ist die schwierigste Aufgabe, weil der Algorithmus entscheiden muss, wie die beobachteten Photonen auf die zwei unterschiedlichen Quellbilder am natürlichsten aufzuteilen sind.

Um all dies gleichzeitig zu erreichen, nutzt der D³PO Algorithmus die sogenannte Wahrscheinlichkeitslogik. Diese bewertet mögliche Bilder des Himmels gemäß ihrer Wahrscheinlichkeit, dass dieses Bild die beobachteten Daten erzeugt hat — gleichzeitig muss es konsistent mit unserem Vorwissen über die Photonenquellen sein. So kennt der Beobachter beispielsweise das typische Fleckenmuster, das Punktquellen in den Rohbildern erzeugen. Dieses Vorwissen nutzt D³PO um zu entscheiden, ob eine bestimmte Bildstruktur eher eine Punktquelle, eine ausgedehnte Quelle oder nur ein Rauschartefakt ist. Die von D³PO verwendete Wahrscheinlichkeitslogik wurde mittels der linkPfeil.gifInformationsfeldtheorie entwickelt, welche eine bequeme Sprache zur Herleitung optimaler Bildgebungsmethoden bereitstellt.

Die Bilder, die der D³PO Algorithmus liefert, sind nicht nur von Rausch- und Instrumentfehlern bereinigt, sondern trennen auch den Photonenfluss in ausgedehnte und punktförmige Quellen — ein essentieller Schritt für die Dateninterpretation in der Röntgen- und Gamma-Astronomie. So können einerseits ausgedehnte Emissionsgebiete, wie galaktische Wolken, Galaxienhaufen oder unaufgelöste kosmische Hintergrundstrahlung, ohne die sie überstrahlenden Punktquellen studiert werden. Andererseits, können Punktquellen, wie Neutronensterne oder quasi-stellare Objekte (sogenannte Quasare), in den Aufnahmen frei von irgendwelchen Hintergründen untersucht werden.

Der D³PO Algorithmus wird derzeit am Max-Planck-Institut für Astrophysik auf Daten des Chandra-Röntgenobservatoriums und des Fermi-Gammastrahlen-Weltraumteleskops angewandt. Die resultierenden Bilder werden den Astrophysikern hoffentlich bald eine schärfere Sicht auf das hochenergetische Universum ermöglichen.


Marco Selig, Torsten Enßlin und Hannelore Hämmerle


Background:

Der D³PO Algorithmus wurde von Marco Selig am Max-Planck-Institut für Astrophysik entwickelt. Marco Selig ist derzeit ein Doktorand in der Forschergruppe von Torsten Enßlin und untersucht Methoden in der Informationsfeldtheorie zur Bildgebung in der Hochenergieastrophysik. Seine Implementierung des D³PO Algorithmus wird in naher Zukunft öffentlich zugänglich sein.

References:

Marco Selig and Torsten A. Enßlin, "Denoising, Deconvolving, and Decomposing Photon Observations", submitted to Astronomy & Astrophysics, linkPfeilExtern.gifhttp://arxiv.org/abs/1311.1888