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Zu Beginn des Universums, kurz nach seiner Geburt aber
vor dem Urknall, als das Universum heiß wurde, dehnte sich unser Kosmos
während einer sehr kurzen Zeitspanne exponentiell aus – dies wird als
kosmische Inflation bezeichnet. Dieser Prozess ist ein unverzichtbarer
Baustein im Standardmodell des Universums, allerdings wissen wir noch
nicht, welcher physikalische Mechanismus diese Inflation auslöste.
Das Standardszenario der Inflation wird nahezu von einer de-Sitter-Raumzeit beschrieben.
In diesem Rahmen gibt es zehn
isometrische Transformationen, d.h. Transformationen bei denen die
Entfernung zweier Punkte erhalten bleibt: drei räumliche
Verschiebungen; drei räumliche Drehungen; eine Zeitverschiebung, die
durch eine räumliche Ausdehnung begleitet wird; und drei weitere
Isometrien, die sich auf spezielle konforme Transformationen
reduzieren, wenn die Zeit gegen unendlich geht.
Da sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit notwendigerweise ändert (weil
die Inflation endet), bricht dies die Zeit-Symmetrie und damit die
räumliche Ausdehnungssymmetrie. Hierdurch ergibt sich eine obere
Grenze, wie stark das Universum von der Ausdehnungsinvarianz
abweicht. In Bezug auf die Beobachtungen würde eine solche
Ausdehnungsinvarianz exakt skaleninvariante Fluktuationen in der
Frühzeit des Universums ergeben – allerdings wurde in den CMB-Daten
von Planck eine geringe Abweichung davon mit mehr als
5-Sigma-Signifikanz nachgewiesen.
Im üblichen Inflationsmodell bleiben sechs der zehn Isometrien
ungebrochen: Verschiebungen und Drehungen. Aber warum sind diese
ungebrochen, während die anderen gebrochen werden? Tatsächlich
entstehen geringe Abweichungen von der Rotationssymmetrie naturgemäß
in "anisotropen Inflationsmodellen", bei denen ein skalares Feld an
ein Vektorfeld gekoppelt ist. Eine Verletzung der Rotationssymmetrie
tritt auch auf bei sehr langwelligen Störungen auf Skalen jenseits des
Horizonts, die mit kurzwelligen Störungen gekoppelt sind. Außerdem war
das vorinflationäre Universum wahrscheinlich sehr chaotisch und stark
anisotrop; ein Überbleibsel dieser vorinflationären Anisotropie könnte
noch nachweisbar sein. Diese Modelle führen zu einer
Quadrupol-Modulation der ursprünglichen
Zwei-Punkt-Korrelationsfunktion, deren Ausmaß durch g* parametrisiert
wird. Ist g* von Null verschieden, so zeigt die Stärke der
Zwei-Punkt-Korrelationsfunktion eine Abhängigkeit von dem Winkel
zwischen der Linie zwischen zwei Punkten und einer bevorzugte Richtung
im Raum.
Wir testeten die Rotationssymmetrie, indem wir nach einer solchen
bevorzugten Richtung mit Hilfe der Zwei-Punkt-Korrelationsfunktion der
primordialen Fluktuationen suchten. Genauer gesagt untersuchten wir
die CMB-Anisotropie, die linear mit den primordialen Fluktuationen
zusammenhängt. Für unsere Analyse untersuchten wir CMB-Temperaturdaten
der Planck-Mission, die 2013 veröffentlicht wurden und im
Planck-Legacy-Archiv öffentlich zugänglich sind. Als wichtigsten
"CMB-Kanal" verwenden wir die Karte bei 143 GHz, weil bei dieser
Frequenz die Kontamination von Synchrotronstrahlung, Bremsstrahlung und
Staubemissionen unserer eigenen Galaxie schwächer ist als bei anderen,
höheren Frequenz-Kanälen. Zur weiteren Reduktion der diffusen
galaktischen Emission bestimmten wir Masken/Templates für die 143
GHz-Karte und entfernten diese anschließend von der Karte. Diese
Vordergrundmasken werden erzeugt, indem eine Frequenzkarte von der
Karte bei einer benachbarten Frequenz subtrahiert wird – ähnlich dem
"SEVEM"-Verfahren der Planck-Kollaboration.
Bei dieser vorläufigen Analyse konnten wir deutlich eine quadrupolare
Modulation des CMB-Leistungsspektrum nachweisen (g* = -0,116 +/- 0,014 mit
68 % Konfidenzniveau) mit einer Richtung nahe dem Ekliptik-Pol. Dies
wird in Abb. 1a gezeigt.
Es gibt aber noch einen anderen Effekt, der eine Asymmetrie
verursacht. Der Sichtstrahl von Planck ist bei 143 GHz nicht
kreisförmig, sondern elliptisch, die Ausrichtung der großen Halbachse
ist parallel zur Scan-Richtung von Planck und liegt ungefähr entlang
der Ekliptik-Längengrade. Dies bedeutet, dass die Strahlen entlang der
Ekliptik-Längengrade breiter sind; damit misst der Planck-Satellit
entlang der Nord-Süd-Richtung der Ekliptik ein kleineres
Leistungsspektrum als in Ost-West-Richtung. In den Daten ergibt sich
daraus eine Quadrupolmodulation der Leistung (mit g* < 0).
Nachdem wir die Wirkung dieser Sichtstrahl-Asymmetrie quantifizierten
und entfernten, verschwindet die Rotationsasymmetrie des CMB im
Wesentlichen (g* = 0,002 +/- 0,016 mit 68 % Konfidenzniveau).
In Abbildung 1b zeigen wir die wahrscheinlichen Positionen einer
bevorzugten Richtung bei Berücksichtigung der Sichtstrahl-Asymmetrie
und Abbildung 2 zeigt die Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Stärke
der Quadrupol-Modulation ohne und mit Korrektur der Sichtstrahl-
Asymmetrie. Nach Berücksichtigung der Sichtstrahl-Asymmetrie ist die
Wahrscheinlichkeit bei Null am größten.
In einem letzten Schritt testeten wir die Wirkung der galaktischen
Vordergrundemission auf unsere Messung von g*. Wenn wir die Rohdaten
bei 143 GHz verwenden, also ohne Bereinigung des Vordergrundes, so
finden wir eine signifikante Anisotropie sowohl vor als auch nach der
Korrektur für die Sichtstrahl-Asymmetrie (g* = 0,305 bzw.
0,295 +/- 0,015). Die Richtung liegt in diesem Fall in der Nähe des
galaktischen Pols. Damit spielt die Vordergrund-Reduktion eine
wichtige Rolle dabei, die künstliche Anisotropie in den Daten
verschwinden zu lassen.
Zusammengefasst können wir sagen, dass wir nach dem Entfernen der
Effekte aufgrund des asymmetrischen Sichtstrahles von Planck und der
galaktischen Vordergrundemission keinen Beweis für irgendeine
Rotationsasymmetrie im frühen Universum finden, die durch anisotrope
Inflationsmodelle vorhergesagt würde. Unsere Grenze (weniger als 2%)
liefert den bislang besten Test für die Rotationssymmetrie während der
Inflation.
Jaiseung Kim und Eiichiro Komatsu
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