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Abb. 1:
Falschfarbenaufnahmen des Hubble Ultra Deep Field, wie sie vom
Millennium Run Observatorium vorhergesagt werden (links) sowie die
tatsächliche Aufnahme mit dem Hubble-Weltraumteleskop (rechts). Die
Bilder haben eine Größe von 5' mal 5' und wurden aus virtuellen und
realen Beobachtungen in den Filtern V (blau), i (grün) und z (rot)
zusammengesetzt. Die Ähnlichkeit zwischen dem virtuellen MRObs-Bild
und dem realen HAST-Bild ist offensichtlich. Die Bilder können im
MRObs auf die gleiche Weise analysiert werden wie die realen Daten,
haben aber den Vorteil, dass nur für die MRObs-Bilder die
zugrundeliegende "Realität" bekannt ist. Der Vergleich dieser
simulierten und realen Daten erlaubt es den Astronomen, ihre Methoden
zu testen, nachzuprüfen, wie gut die Simulationen das tatsächliche
Universum reproduzieren, und Vorhersagen für zukünftige Beobachtungen
zu treffen.
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Abb. 2:
Die MRObs Beobachtungen erlauben es, Farben, Formen und Größen
von simulierten Galaxien auf eine Art und Weise zu visualisieren, die
vorher unmöglich war. Auf der linken Seite sind Galaxien bei z~2
dargestellt, so wie die Simulationen ihre stellaren Massen und
Sternentstehungsraten (SFR) vorhersagen. Rechts sind die gleichen
Galaxien aufgetragen, hier aber so, wie sie in einer simulierten
HST-Mehrfarbenaufnahme zu sehen wären (mit der gleichen Qualität wie
die jüngsten Daten aus dem GOODS/ERS-Programm). Das Diagramm rechts
enthält eine Fülle von zusätzlichen Informationen im Vergleich zum
Standard-Diagramm links: Der simulierte Galaxienpopulation bei z~2
besteht aus einer Sequenz blauer Galaxien, die ständig neue Sterne
bilden, sowie einer Population massiver, roter und kompakter Galaxien,
in denen die Sternentstehung bereits zum Erliegen gekommen ist -
qualitativ ähnlich wie die Ergebnisse aus Beobachtungen. Das MRObs hat
den Vorteil, dass die Astronomen nun auch quantitativ untersuchen
können, wie gut die Eigenschaften von realen und simulierten Galaxien
übereinstimmen.
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Abb. 3:
Ein Screenshot des MRObs-Browsers, das vom MPA zur Verfügung
gestellt wird, um die virtuellen Beobachtungen zu erkunden und eine
Interaktion mit der zugrunde liegenden Millenniums-Datenbank möglich
zu machen.
Oben: Grundeinstellung des Browsers, mit einem kleinen
Ausschnitt aus einer synthetischen HST/GOODS-Beobachtung (in den
Filtern V, i, z). Die Benutzer können sich in der synthetischen
Aufnahme bewegen und zoomen, sowie die Millennium-Datenbank durch
einen Klick auf eine Galaxie abfragen. Informationen über das
ausgewählte Objekt (gekennzeichnet durch ein weißes Quadrat) werden
dann aus der Millenniums-Datenbank abgerufen und in der Infotafel auf
der rechten Seite des Bildschirms dargestellt.
Unten: Der Benutzer
kann alle Galaxien einer "friends-of-friends"-Gruppe rund um die
ausgewählte Galaxie markieren. Im gezeigten Fall stellt sich heraus,
dass es sich bei der ausgewählten Galaxie um die zentrale Galaxie
einer Gruppe bei z~0,5 handelt.
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Kosmologische Simulationen haben das Ziel unser derzeitiges
Verständnis der Galaxienentwicklung einzufangen, die Interpretation
komplexer, astronomischer Beobachtungen zu unterstützen und
detaillierte Vorhersagen für zukünftige Experimente zu
machen. Simulationen und Beobachtungen werden allerdings oft nur
indirekt verglichen: physikalische Größen werden aus den
Beobachtungsdaten abgeschätzt und mit den Modellen verglichen. Eine
wichtige Einschränkung besteht bei dieser Herangehensweise darin, dass
die Beobachtungen typischerweise ein verzerrtes Bild des Universums
liefern und so das Extrahieren von physikalischer Information zu einer
Herausforderung machen.
Viele Probleme in der Astrophysik könnten deshalb davon profitieren es
umgekehrt zu machen: der gesamte Beobachtungsprozess wird auf die
Simulationen angewandt, so dass die Modelle vollständig aus einer
Beobachterperspektive gesehen werden können. Ein kleines Team aus
aktiven und ehemaligen MPA-Wissenschaftlern hat nun das Millennium Run
Observatorium (MRObs) entwickelt. Dies ist ein theoretisches,
virtuelles Observatorium, das mit virtuellen Teleskopen die
semi-analytische Galaxienverteilung „beobachtet“, die auf den am MPA
entwickelten Millennium-Simulationen mit Dunkler Materie basiert. Das
MRObs produziert Daten, die mit den Standardsoftwareprogrammen der
Beobachter verarbeitet und analysiert werden können, die für reale
Daten entwickelt wurden.
Wie funktioniert es? Das MRObs erzeugt gänzlich physikalisch basierte,
synthetische Bilder des Nachthimmels, indem es viele verschiedene
Beiträge aus kosmologischen Simulationen, diverse existierende
Softwarepakete für astronomische Anwendungen sowie neu erstellte
Software für das MRObs zusammenbringt. Die Basis für die
semi-analytische Modellierung der Galaxien in Halos bilden hierbei
Vereinigungsbäume der Halos, die auf die Millennium-Simulation aus
rein Dunkler Materie aufbauen. Die Modelle benutzen einfache
Beschreibungen für Prozesse wie die Gaskühlung, Sternentstehung,
Heizung durch Supernovae und AGNs, Gasverlust und das Verschmelzen von
Galaxien. Für jeden Zeitschritt der Simulation werden die
physikalischen Eigenschaften der Galaxien benutzt, um geeignete
Sternvorlagen aus einem Katalog theoretischer Spektren auszuwählen und
damit die intrinsischen Spektren zu bestimmen. ‚Lichtkegel‘ werden
gebildet, um die simulierten Galaxien so ähnlich anzuordnen, wie sie
sich für einen Beobachter am Himmel darstellen würden. Anschließend
werden die scheinbaren Helligkeiten in mehreren Bändern berechnet,
unter Berücksichtigung der Absorption durch das intergalaktische
Medium. Der Lichtkegel wird dann auf einen virtuellen Himmel
projiziert; die Position, Form, Größe, und scheinbare Helligkeit jeder
Galaxie dienen dazu ein ‚perfektes‘ oder ‚Vor-Beobachtungsbild‘
aufzubauen. Dieses perfekte Bild wird in den MRObs-Teleskop-Simulator
eingegeben, der dem Bild ein Detektor-Modell (Pixelskala,
Ausleserauschen, Dunkelstrom, Empfindlichkeit und Verstärkung)
aufprägt, sowie Himmelshintergrund, Punktverwaschungsfunktion und
Rauschen ergänzt. Dies führt zu einem realistischen, synthetischen
Teleskopbild. Algorithmen zur Identifikation und Analyse der Quellen
liefern dann für das simulierte Bild einen Katalog mit den scheinbaren
Eigenschaften aller gefundenen Objekte. Dieser Objektkatalog kann
anschließend mit den in der Millennium-Datenbank vorhandenen Daten
verglichen werden, um so die realen, physikalischen Eigenschaften der
Galaxien mit denen zu vergleichen, die aus den simulierten Bildern
bestimmt wurden.
Das MRObs erweitert somit die Millenniumsimulationen, indem es
Datenprodukte – nämlich synthetische Bilder und Objektkataloge -
erzeugt, die sich direkt auf Beobachtungen beziehen. Die bisher mit
dem MRObs simulierten Daten umfassen Teile des Sloan Digital Sky
Survey (SDSS), des Canada France Hawaii Telescope Legacy Survey
(CFHT-LS), des Great Observatories Origins Deep Survey (GOODS), des
GOODS WFC3 Early Release Science (ERS), des Hubble Ultra Deep Field
(HUDF, siehe Abb. 1), sowie des Cosmic Assembly Near-IR Deep
Extragalactic Legacy Survey (CANDELS). Die zur Verfügung stehenden
Informationen umfassen Lichtkegelkataloge mit Bezug zu den
strukturellen Eigenschaften der Galaxien, Modellbilder vor der
Beobachtung, simulierte Beobachtungsbilder und Quellkataloge, die alle
auf die Kataloge aus der Millennium-Datenbank mit Dunkler Materie und
semi-analytische Galaxienmodelle zurückgeführt werden können. Dies
erlaubt es den Theoretikern ihre analytischen Modelle gegenüber
Beobachtungen zu testen, hilft den Beobachtern detaillierte
Vorhersagen für Beobachtungen zu machen und auch die Analyse von
Beobachtungsdaten zu verbessern, sowie die Modelle neuen Tests zu
unterziehen. So kann das MRObs beispielsweise dazu eingesetzt werden,
um das Erscheinungsbild von Galaxienhaufen zu visualisieren, die
strukturellen Eigenschaften von Galaxien quer über unterschiedliche
stellare Massen und Sternentstehungsraten hinweg vorherzusagen (siehe
Abb. 2), oder um die Frage zu beantworten, wie viele Galaxien man bei
einer Rotverschiebung von etwa 10 noch nachweisen kann. Die Daten
können im MRObs-Browser interaktiv sondiert werden (Abb. 3).
Die Entwicklung des MRObs trifft zusammen mit einem Meilenstein der
Millennium-Simulation: inzwischen gibt es 500 Veröffentlichungen, die
zeigen, dass das vom MPA geleitete Millennium-Projekt heute noch
genauso erfolgreich ist wie vor sieben Jahren. Erweiterungen des MRObs
sind bereits in Arbeit; so werden die neueren Projekte Millennium-II
und Millennium-XXL eingegliedert, um den dynamischen Bereich zu
vergrößern, verbesserte kosmologische Parameter und Techniken zur
Galaxienmodellierung werden berücksichtigt und die Bandbreite der
virtuellen Teleskope und simulierten Surveys wird verbreitert, die
sowohl Theoretikern als auch Beobachtern zur Verfügung stehen werden.
Roderik Overzier und Gerard Lemson
Originalveröffentlichung
Overzier, R., Lemson, G., Angulo, R., Bertin, E., Blaizot, J.,
Henriques, B., Marleau, G., White, S.,
"The Millennium Run Observatory: first light",
2012, MNRAS, in press
(arXiv:1206.6923)
Further references
Webseite des Millennium Run Observatory und Zugang zum MRObs-Browser
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