Verschmelzende Weiße Zwerge: eine überzeugende Erklärung für die Helligkeitsverteilung kosmischer Explosionen

Supernovae gehören zu den hellsten und energiereichsten Ereignissen im Universum. Der Ursprung der sogenannten Typ Ia Supernovae ist allerdings immer noch ein Rätsel - trotz jahrzehntelanger Forschung. Welche Art von Sternen lösen diese Explosionen aus, und wie? Forscher am Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching, der Australian National University in Canberra, am Heidelberger ITS und weitere Kollegen untersuchten ein spezielles Explosionsmodell mit verschmelzenden Weißen Zwergsternen. Sie fanden heraus, dass die Explosionshelligkeiten ihrer Modelle auffallend ähnlich zur beobachteten Helligkeitsverteilung von Typ Ia Supernovae sind. Dies weist darauf hin, dass heftig ablaufende Verschmelzungen von Weißen Zwergen die häufigste Ursache für diese Explosionen sein könnten.

Abb. 1: Künstlerische Darstellung der Verschmelzung von Weißen Zwergen. Derartige Verschmelzungen könnten die Vorläufer von Typ Ia Supernova- Explosionen sein.
Bildnachweis (c) Nature 2010

Abb. 2: Helligkeitsverteilung bei der Verschmelzung von Weißen Zwergen für eine Reihe von zulässigen Massenverhältnissen (farbige Linien) im Modell. Die beobachtete Helligkeitsverteilung von Typ Ia Supernovae (von Li et al. 2011) ist in Graustufen dargestellt, wobei die Beobachtungsdaten skaliert wurden, um die beiden Verteilungen einfacher vergleichen zu können. Die theoretischen Helligkeitsverteilungen reproduzieren den Bereich und die Form der beobachteten Verteilung ziemlich gut.

Abb. 3: Dieses Diagramm zeigt die Anzahl verschmelzender Weißer Zwerge als Funktion der Zeit (100 Millionen bis 10 Milliarden Jahre nach ihrer Geburt). Die blaue Linie stellt die Vorhersage unseres Modells dar (vgl. auch blaues Histogramm in Abb. 2). Zum Vergleich zeigen die roten Quadrate und die schwarze Linie die rekonstruierte zeitliche Verzögerung der SNe Ia aus zwei Beobachtungsstudien (siehe Referenzen am Ende des Artikels). Die Rate im Modell entspricht in guter Näherung den Daten von GM12 und deutet somit darauf hin, dass ein derartiges Verschmelzen zweier Weißer Zwerge häufig genug stattfindet, um einen großen Teil der SN Ia in Feldgalaxien erklären zu können.

Supernovae vom Typ Ia (SNe Ia) machen etwa ein Viertel aller Supernovae aus. Sie entstehen, wenn Weiße Zwerge explodieren. Allerdings ist noch unklar, wie genau der Weiße Zwerg zur Explosion gebracht werden kann.

Mehr als 95% aller Sterne beenden ihr Leben als Weiße Zwerge. Auch unsere Sonne wird am Ende ihres Lebens, wenn sie nicht mehr genügend Brennstoff hat, zu einem Weißen Zwergstern werden. Nur ein kleiner Bruchteil dieser Weißen Zwerge explodiert allerdings als Supernova, denn ein isolierter Weißer Zwergstern ist auf ewig stabil - es kommt nicht zu einer spontanen Explosion. Gibt es aber in der Nähe eine Quelle für zusätzliche Materie, z.B. einen anderen Stern, so kann der Weiße Zwerg von diesem Begleiter Materie abzapfen - mit explosiven Ergebnissen. Die Astronomen versuchen deshalb herauszufinden, welche Arten von Doppelsternsystemen mit mindestens einem Weißen Zwerg zu Typ Ia Supernovae führen können.

Da Weiße Zwerge ziemlich leuchtschwach sind wenn sie nicht gerade explodieren, können Beobachtungen allein dieses wohlbekannte "Vorläufer-Problem" nicht lösen. Tests mit theoretischen Modellen haben sich daher zu einem wichtigen Werkzeug entwickelt, um den Ursprung der SNe Ia zu verstehen.

Das größte Rätsel ist dabei: Welche Art von Sternen 'spenden' dem Weißen Zwerg Materie? Ist der Begleiter ein normaler (sonnenähnlicher) Stern, der Materie stabil an den Weißen Zwerg weitergibt und diesen auf diese Weise langsam näher und näher an eine kritische Grenze bringt, oder ist es ein zweiter Weißer Zwergstern, der in einem sehr kurzen, aber heftigen Ereignis von dem ersten Weißen Zwerg zerrissen wird und dabei unmittelbar eine Explosion auslöst?

MPA-Wissenschaftler und ihre Kollegen kombinierten detaillierte Modelle für die Entwicklung von Doppelsternen, modernste hydrodynamische Explosionsmodelle, sowie ein ausgeklügeltes Verfahren um vorherzusagen wie die Energie der Explosion in beobachtbares Licht (Spektren) umgesetzt wird. Damit fanden sie heraus, dass verschmelzende Weiße Zwerge, die wie oben beschrieben direkt explodieren, zu einer Bandbreite von Helligkeiten führen. Diese entspricht der tatsächlich beobachteten Bandbreite von Helligkeiten von Typ Ia Supernovae erstaunlich gut. Noch vielversprechender ist dabei, dass die meisten dieser Modell-Explosionen in etwa die gleiche Helligkeit besitzen, die auch bei Beobachtungen am häufigsten auftritt (siehe Abb. 2). Jedes Modellszenario das für einen großen Teil der SNe Ia verantwortlich sein soll, muss in der Lage sein, die beobachteten Trends zu erklären. Das neue Modell kann aber nicht nur die Helligkeitsverteilung der realen SNe Ia sehr gut nachbilden, es produziert die Explosionen auch in der richtigen Anzahl als Funktion der Zeit (siehe Abb. 3).

In diesem speziellen Modell korreliert die maximale Helligkeit der Explosion direkt mit der Masse des massereicheren (primären) Weißen Zwerges. Um eine normal helle Explosion zu bekommen, müssen die Primärsterne vor der Explosion deutlich massereicher sein als durchschnittliche Weiße Zwerge. Das Team konnte nun zeigen, dass es einen Entwicklungspfad gibt, der lange bevor die beiden Sterne verschmelzen zu einem Massenzuwachs des Primärsterns führt. Allerdings bleibt noch zu zeigen, dass es eine ausreichend große Anzahl Weißer Zwerge gibt, die auf diesem Wege genügend Materie von ihrem Begleitern aufsammeln.

Während die MPA-Wissenschaftler einerseits über die vielversprechenden Ergebnisse erfreut sind, bleiben sie dennoch vorsichtig. Noch ist unklar, ob dieses Szenario mit vorherigem Massenstransfer bei Weißen Zwergen in der Natur tatsächlich so effizient stattfindet, wie es das Modell für die Doppelsternentwicklung andeutet. Weitere Arbeiten und (wahrscheinlich) auch zukünftige Beobachtungen sind notwendig, um die verschiedenen Aspekte des Modells zu überprüfen und zu bestätigen.

Sollte es sich dabei herausstellen, dass der gefundene Massenübertrag auf den primären Weißen Zwerg in der Natur tatsächlich vorkommt, so könnte das heftige Verschmelzen Weißer Zwerge möglicherweise die Mehrheit der SNe Ia erklären.


Ashley Ruiter, Stuart Sim, Ruediger Pakmor, Markus Kromer, Ivo Seitenzahl, Stefan Taubenberger


Originalveröffentlichung

Ruiter, A. J.; Sim, S. A.; Pakmor, R.; Kromer, M.; Seitenzahl, I. R.; Belczynski, K.; Fink, M.; Herzog, M.; Hillebrandt, W.; Roepke, F. K.; Taubenberger, S. "On the brightness distribution of Type Ia supernovae from violent white dwarf mergers", submitted to MNRAS.The draft is available on astro-ph: linkPfeilExtern.gif http://adsabs.harvard.edu/abs/2012arXiv1209.0645R

Weitere Publikationen

linkPfeilExtern.gifLi et al. 2012
linkPfeilExtern.gifMaoz et al. 2012 (MMB12)
linkPfeilExtern.gifGraur and Maoz 2012 (GM12)