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Die kosmische Mikrowellenstrahlung wurde 370.000 Jahre nach dem
Urknall freigesetzt, zu dem Zeitpunkt, zu dem das Universum aufgrund
der Rekombination transparent wurde und die letzte Streuung der
CMB-Photonen stattfand. Seither hat das Licht des CMB das gesamte
sichtbare Universum durchquert, bis es beim Beobachter angekommen
ist. Es ist ein sehr isotropes Strahlungsfeld, das winzige
Winkelabweichungen (von etwa einem Hunderttausendstel) in seiner
Leuchtkraft und Polarisation aufweist, die größtenteils zum
Zeitpunkt der letzten Streuung hervorgerufen wurden.
Zugleich gibt es aus Beobachtungen Hinweise, dass sich das Universum
derzeit in einer Phase der beschleunigten Expansion befindet. Wenn
dies zutreffen sollte, hätte es eine direkte Auswirkung auf die
Gravitationspotentiale: Ein beschleunigtes Größenwachstum
des Universums macht Potentialtöpfe in sehr großen
Dimensionen flacher. Die CMB-Photonen, die diese Regionen durchqueren,
hinterlassen einen Potentialtopf, der tiefer ist als zu dem Zeitpunkt,
zu dem sie in die Region eintraten, das heißt die CMB-Photonen
gewinnen an Gravitationsenergie. Die Menge an Energie, die gewonnen
wird, hängt vom spezifischen Potentialtopf ab und ist nicht
für alle CMB-Photonen gleich. Daher führt dieser Prozess
sekundäre Anisotropien in den CMB ein, ein Vorgang, der als
Integrierter Sachs-Wolfe-Effekt (ISW) bekannt ist. Dieser Prozess
sollte beginnen, wenn das Universum ungefähr 6 - 8 Gyr alt
ist (oder, gleichwertig, bei Rotverschiebungen im Bereich z ~ 0,6 -
1).
Die MPA-Wissenschaftler Carlos Hernandez-Monteagudo und Rashid Sunyaev
untersuchten, wie Galaxienhaufen, die sich in unterschiedlichen
Entfernungen befinden, die CMB-Anisotropien zu unterschiedlichen
Epochen spiegeln und führten auf diese Weise eine Tomographie des
späten ISW-Effekts durch. Galaxienhaufen sind die
größten Strukturen im Universum und enthalten
Elektronenplasma, das mit der CMB-Strahlung auf unterschiedliche Weise
interagiert. Insbesondere verwischen die Elektronen die
CMB-Anisotropien an der Position des Galaxienhaufens, indem sie die
CMB-Photonen von der Sichtlinie streuen. Dieses Verwischen ist in der
Tat empfindlich auf das CMB-Anisotropiefeld am Ort der Streuung und
spiegelt gewissermaßen das CMB-Anisotropiemuster der jeweiligen
kosmologischen Epoche wider. Wenn dieses Verwischen in Galaxienhaufen
gemessen werden kann, die sich in unterschiedlichen
Rotverschiebungsbereichen befinden (zwischen 0,1 und 1,3), dann sollte
es beschreiben, wie der ISW in letzter Zeit aufgetreten ist (siehe
Abbildung 1). Der ISW führt große Winkelanisotropien ein,
also sollte ein typischer kalter oder heißer ISW-Punkt durch
eine relativ große Anzahl von Galaxienhaufen geprüft werden
(wobei jeder davon unabhängige Fehler im geschätzten
"gespiegelten" CMB hat).
Abbildung 2 zeigt die theoretischen Erwartungen für das
Anisotropiemuster des CMB gegen inverse Winkelskalen ("l" ~ inverser
Winkel ~ 1/Winkel). Dieser Verlauf zeigt die Menge der
CMB-Intensitäts-Anisotropie für jedes inverse
Winkelmaß "l". Gegenwärtig (durchgezogene Linien) gibt es
einen Überschuss an Energie bei hohen Winkelskalen aufgrund des
ISW-Effekts. Dieser Effekt verschwindet bei früheren Epochen
(vgl. die beiden gestrichelten Linien). Das obere Bild zeigt das
Anisotropiemuster, gesehen von nahen (durchgezogene und gepunktete
Linie) und fernen (zwei gestrichelte Linien) Galaxienhaufen,
während das untere Bild die Projektion der Signale zeigt, die von
Galaxienhaufen auf einen lokalen Beobachter gespiegelt werden. Wir
sehen, dass der CMB, wenn er von Haufen gespiegelt wird, die sich in
zunehmenden Rotverschiebungsbereichen befinden, geringere Anzeichen
des ISW-Effekts haben sollte.
Elektronen in Haufen interagieren mit der CMB-Strahlung jedoch
über zwei weitere Wege. Es gibt einen thermischen Weg, der den
Energietransfer von heißen Elektronen zur CMB-Strahlung
darstellt, aber dieser Wert wird Null für eine bestimmte
Beobachtungsfrequenz. Es gibt auch einen kinetischen Weg, der aufgrund
der Eigenbewegung von Haufen hinsichtlich der CMB-Strahlung
entsteht. Der Beitrag dieser Quelle kann mit minimaler Kenntnis der
Eigenbewegung des Haufens herausgenommen werden. Abbildung 3 zeigt die
Abweichungen, die erforderlich sind, um die Eigenbewegungen einzelner
Haufen zu bekommen und den Beginn des ISW-Effekts messen zu
können.
Diese Untersuchung liefert einen weiteren Grund, CMB-Anisotropien
entlang der Richtung von Galaxienhaufen genau zu vermessen, ein Weg,
der von der Forschung derzeit intensiv begangen wird.
Carlos Hernandez-Monteagudo, Rashid A. Sunyaev; Übersetzung: Mona Clerico
Veröffentlichung:
Carlos Hernandez-Monteagudo & Rashid A. Sunyaev,
"Galaxy Clusters as Distant Probes of Gravitational Potential Decay",
2009, eingereicht bei Astronomy & Astrophysics
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