Ungewöhnlich helle Supernovae von asymmetrischen Sternexplosionen

Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) haben ein neues Modell vorgeschlagen, mit dem außergewöhnlich helle Supernovae, die in letzter Zeit beobachtet wurden, erklärt werden können.

Abb. 1: Schnitt durch die asymmetrischen Komposition einer drei-dimensionalen Supernovasimulation. Gelb/weiße Regionen bezeichnen Material mit hohem Nickel-Anteil während unverbranntes Material blau eingezeichnet ist.

Abb. 2: Vereinfachte asymmetrische Komposition des von der Supernova ausgeworfenen Materials und die Entwicklung der beobachteten Helligkeit (im Vergleich zur Helligkeit der Sonne) dieses Modells (unten). Die rote Kurve zeigt die Beobachtung aus der mit dem Pfeil gekennzeichneten Richtung. Zum Vergleich zeigt die schwarze Kurve den Verlauf der über alle Richtungen gemittelten Helligkeit.

Seit Jahrhunderten haben Supernovae die Entwicklung der Astronomie vorangetrieben und die Menschheit fasziniert, da sie eindrucksvoll die begrenzte Lebenszeit von Sternen offenbaren. Tatsächlich gehören Supernovae vom Typ Ia, von denen man annimmt, dass sie durch die thermonukleare Explosion von Sternen am Ende ihres Lebens entstehen, zu den hellsten Objekten, die wir im heutigen Universum beobachten können. Eine solche Supernova is so hell wie Milliarden von Sonnen. Was diese Objekte jedoch besonders wertvoll für die Astronomie macht, ist, dass sie nicht nur sehr hell sind, sondern dass ihre Helligkeiten zudem immer sehr ähnlich sind. Damit können sie als kosmische Leuchttürme zur Vermessung des Universums eingesetzt werden. Diese Tatsache führte zu einer Reihe von Kampagnen mit dem Ziel, eine große Zahl Typ Ia Supernova zu beobachten. In jüngster Zeit haben diese Beobachtungen jedoch gezeigt, dass, obwohl die Helligkeit der meisten Ereignisse ziemlich gleichförmig ist, einige seltene Objekte existieren, die mehr als doppelt so hell sind wie gewöhnlich (siehe z.B. Howell et al 2006, Hicken et al, 2007).

Die Erklärung dieser außerordentlich hellen Typ Ia Supernovae stellt eine Herausforderung an die Theorie dieser Objekte dar. Im astrophysikalischen Standardbild entsteht eine Typ Ia Supernova bei der thermonuklearen Explosion eines Weißen Zwergsternes (dem Endzustand der Entwicklung von leichten bis mittelschweren Sternen). Dieser sammelt Materie von einem normalen Begleitstern an, bis er etwa 1.4 Sonnenmassen erreicht. Diese sogenannte Chandrasekhar-Masse stellt die Grenze der Stabilität von Weißen Zwergsternen dar. Die Klasse von Modellen, die von einer Explosion beim Erreichen dieser Grenzmasse ausgehen, bezeichnet man als Chandrasekhar-Masse-Modelle für Typ Ia Supernovae. Aus der Festlegung der Masse des Materials, das für die thermonukleare Explosion zur Verfügung steht, ergibt sich eine elegante Erklärung für die Gleichförmigkeit der Ereignisse. Doch dieses attraktive theoretische Bild wird durch die neuen Beobachtungen von den Objekten in Frage gestellt, deren Helligkeit als Hinweis auf die Explosion eines Sterns mit einer größeren Masse als der Chandrasekhar-Masse gesehen werden kann. Im Prinzip ist dies möglich, wenn der Weiße Zwerg schnell rotiert oder das explodierende Objekt durch das Verschmelzen zweier Weißer Zwerge entsteht. Eine solche Vielfalt an Vorgängersystemen für Typ Ia Supernova gefährdet allerdings unter Umständen die kosmologische Anwendung dieser Ereignisse. Aber ist dieser Schluss wirklich unausweichlich? Kürzlich haben Wissenschaftler am MPA ein Szenario vorgeschlagen, das eine Erklärung für die ungewöhnliche Helligkeit innerhalb der herkömmlichen Chandrasekhar-Masse Modelle liefert (Hillebrandt et al 2007).

Die Explosion wird durch eine thermonukleare Flamme ausgelöst, die in der Nähe des Zentrums des Sternes zündet, sich zur Oberfläche des Sterns hin ausbreitet und dabei die Sternmaterie aus Kohlenstoff und Sauerstoff in Elemente wie Eisen, Nickel und Silizium umwandelt. Insbesondere werden große Mengen an radioaktivem Nickel produziert, das durch seinen Zerfall das Licht der Supernova erzeugt. Konventionelle Modelle (linkPfeil.gifAktuelle Forschung Oktober 2004) nehmen an, dass die Flamme gleichmäßig um das Zentrum des Weißen Zwerges herum gezündet wird. Dies führt dann zu einer symmetrischen Ausbreitung der Flamme über den Stern und einer isotropen Verteilung des radioaktiven Nickels in dem von der Explosion ausgeworfenen Material. Derartige Modelle sind nicht in der Lage, die Helligkeit der ungewöhnlichen Objekte zu erklären. Wenn die Flamme jedoch abseits des Zentrums gezündet wird, breitet sie sich asymmetrisch aus (z.B. Röpke et al. 2007). Dann kann es vorkommen, dass ein großer Klumpen radioaktiven Nickels zur Oberfläche aufsteigt und zu einer stark anisotropen Komposition der ausgeworfenen Materie führt (Abb. 1 zeigt das Ergebnis einer drei-dimensionalen Simulation einer solchen Explosion.)

Je nach Blickrichtung des Beobachters kann eine solche Explosion deutlich unterschiedliche Helligkeiten aufweisen. Aus Richtung des Nickel-Klumpens betrachtet erscheint sie wesentlich heller als aus senkrechter oder entgegengesetzter Richtung. Führt eine solche Anordnung zu einer für die Erklärung der Beobachtungen ausreichenden Helligkeit? Dies kann mit vereinfachten Modellen möglicher Materialanordungen untersucht werden. Ein Beispiel dafür ist in Abb. 2 oben gezeigt. Hier enthält das Material einen Klumpen radioaktiven Nickels (gelb), der vom Zentrum aus nach oben verschoben und von einer Schicht stabilen Materials umgeben ist (blau). Was würde ein Astronom von einem solchen Ereignis beobachten? Üblicherweise nimmt die Helligkeit der Supernova innerhalb weniger Tage zu, um dann nach dem Maximum während der folgenden Monate wieder abzunehmen. Das untere Diagramm in Abb. 2 zeigt das Ergebnis der Berechnung der beobachteten Helligkeit für das asymmetrische Modell aus verschiedenen Richtungen. Wie man in der Animation sehen kann, hängen sowohl die maximale Helligkeit als auch die Entwicklung der Helligkeit von der Blickrichtung ab (Sim et al 2007). Die Supernova ist am hellsten in der Richtung des Nickelklumpens und erreicht tatsächlich eine mit kürzlich beobachteten extremen Ereignissen vergleichbare Helligkeit. Damit können selbst die hellsten Typ Ia Supernovae im Rahmen des Chandrasekhar-Masse-Modells erklärt werden.


Stuart Sim, Friedrich Roepke, Wolfgang Hillebrandt, Daniel Sauer


Reference:

Hicken et al., 2007, ApJ, 669, L17 linkPfeilExtern.gifADS

Hillebrandt W., Sim S. A., Roepke F. K., 2007, A&A, 465, L17 linkPfeilExtern.gifADS

Howell et al., 2006, Nature, 443, 308 linkPfeilExtern.gifADS

Roepke F. K., Woosley S. E., Hillebrandt W., 2007, ApJ, 660, 1344 linkPfeilExtern.gifADS

Sim S. A., Sauer D. N., Roepke F. K., Hillebrandt W., 2007, MNRAS, 378, 2 linkPfeilExtern.gifADS