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Das untere Bild zeigt die Himmelsgegend der Supernova SN 2006aj vor
der Explosion. Die Lichtquelle innerhalb des Kreises ist die Galaxie,
in der der Stern explodierte. Sie ist rund 430 Millionen Lichtjahre
von der Erde entfernt. Das obere Bild ist eine Aufnahme der Supernova
(Pfeil) mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte.
Beide Bilder haben einen Durchmesser von etwa einer Bogenminute.
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Sterne leuchten, weil in ihren Innern Kernreaktionen stattfinden,
die leichte chemische Elemente in schwerere umwandeln. Dadurch wird
Energie freigesetzt, die den Stern strahlen lässt und ihn gegen die
eigene Schwerkraft stabilisiert. Wenn ein Stern seinen nuklearen
Brennstoff aufgebraucht hat, gewinnt die Gravitation die Oberhand, und
der Kern des Sterns kollabiert in weniger als einer Sekunde. Dies löst eine
gewaltige Explosion aus. Ein Teil des Stern wird dabei mit sehr hoher
Geschwindigkeit auseinandergesprengt, während der Rest einen kompakten
Überrest bildet. Normalerweise ist das ein Neutronenstern, für
hinreichend massereiche Sterne aber vermutlich ein Schwarzes Loch.
Kernreaktionen und die Energie des Explosionswelle, die das Sterngas
stark erhitzt, lassen den zerberstenden Stern hell aufleuchten. Für
viele Tage kann eine solche Supernova so hell strahlen wie eine ganze
Galaxie.
Eine besondere Art extrem energiereicher Supernovae erzeugt
sogenannte Gammastrahlenblitze. Dies sind kurze Ausbrüche von
hochenergetischer Gamma- und Röntgenstrahlung, typischerweise mit
einer Dauer von 10 bis 100 Sekunden, die in fernen Galaxien beobachtet
werden. Astronomen haben gefunden, dass solche langen Gammablitze bei
Supernova-Explosionen von Sternen mit mehr als etwa vierzigfacher
Sonnenmasse auftreten. Diese Sterne verlieren während ihrer Entwicklung
ihre äußeren Hüllen aus Wasserstoff und Helium, während
ihr Inneres so dicht wird, dass es zu einem Schwarzen Loch kollabiert.
Die Bildung eines Schwarzen Lochs im Zentrum des Sterns galt bisher als
Voraussetzung für die Erzeugung eines Gammablitzes.
Röntgenstrahlenblitze sind eine schwächere Abart von Gammablitzen.
Sie sind weniger hell als Gammablitze und ihre Strahlung ist nicht
so energiereich, zeigen aber sonst ähnliche Eigenschaften wie
Gammablitze. "Es wurde bereits vermutet, dass Röntgenblitze auch
von kollabierenden Sternen stammen. Sie sind aber deutlich
lichtschwächer und daher schwer zu lokalisieren. Das ist der Grund,
warum sie weniger gut untersucht sind als Gammabitze", sagt Elena Pian
vom Italienischen Nationalen Institut für Astrophysik.
Am 18. Februar 2006 jedoch hatte das internationale Astronomenteam,
an dem Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in
Garching, des Italienischen Nationalen Instituts für Astrophysik und
der Universitäten von Tokyo und Kalifornien in Berkeley beteiligt
sind, unerwartetes Glück. Der Gammablitz-Satellit der NASA entdeckte
einen Röntgenblitz, XRF 060218, in einem Abstand von nur 430 Millionen
Lichtjahren. Dies ist so nahe, dass die Wissenschaftler mit den
Achtmeterspiegeln des Very Large Teleskope der Europäischen
Südsternwarte in Chile nach einer Supernova Ausschau halten konnten,
die vielleicht am Ort des schwachen Gammablitzes aufleuchtete. Und in der
Tat war die Suche erfolgreich! Die Spektren, die die Astronomen einige
Tage nach dem Blitz aufzeichnen konnten, stammten eindeutig von einer
Supernova. Diese erhielt die Bezeichnung SN 2006aj und wurde fast so
hell wie Supernovae, welche Gammablitze erzeugen. Auch ihre Spektren
waren sehr ähnlich.
Die Forscher am Max-Planck-Institut für Astrophysik entwickelten
theoretische Modelle für die Entwicklung von Lichtabstrahlung und
Spektren, um die Eigenschaften der Supernova 2006aj genau
zu verstehen. "Wir fanden, dass sowohl die Explosionsenergie als auch
die Menge an ausgeschleuderter Materie bei dieser Supernova zwischen
den Werten lagen, die wir von Supernovae kennen, welche Gammablitze
produzieren und denen, die keine solchen Blitze erzeugen", sagt
Paolo Mazzali vom MPI für Astrophysik.
Dies ist in Einklang mit der relativen Schwäche des Röntgenblitzes
im Vergleich zu einem Gammablitz. "Wir schließen daraus, dass dies
die Supernova-Explosion eines Sterns war, der bei seiner Entstehung
nur rund die zwanzigfache Masse der Sonne hatte. Ein solcher Stern
sollte beim Kollaps im Zentrum einen Neutronenstern bilden und kein
Schwarzes Loch", erklärt Mazzali. "Da weniger massereiche Sterne
sehr viel zahlreicher sind als schwerere Sterne, könnten Ereignisse
dieser Art tatsächlich recht häufig sein, aber durch ihre relative
Lichtschwäche sind sie sehr schwer zu beobachten", fügt Elena Pian
hinzu.
Diese neue Entdeckung bedeutet, dass Gammablitze in Verbindung mit
Supernova-Explosionen von einer wesentlich größeren Klasse von
Sternen erzeugt werden als bisher gedacht. Es ist möglich, dass
unterschiedliche physikalische Mechanismen dafür verantwortlich sind.
"Während die massereicheren Sterne vermutlich zu einem rotierenden
Schwarzen Loch zusammenstürzen, könnte beim Kollaps weniger
massereicher Sterne eine Phase magnetischer Aktivität des entstehenden
Neutronensterns für den Röntgenblitz verantwortlich sein", vermutet
Mazzali. Die Wahrheit werden aber erst mehr gute Beobachtungen
an den Tag bringen. Im Moment ist es ein ungelöstes Rätsel, warum
manche Sterne explodieren und dabei einen Röntgenblitz aussenden,
während andere lediglich als Supernova ihr Leben beenden.
Originalveröffentlichung:
Paolo Mazzali, Jinsong Deng, Ken'ichi Nomoto, Daniel N. Sauer,
Elena Pian, Nozomu Tominaga, Masomi Tanaka, Keiichi Maeda, &
Alexei V. Filippenko:
A neutron-star-driven X-ray flash associated with supernova SN 2006aj,
Nature, Vol. 442, Band 7106 (31. August 2006)
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Dr. Paolo Mazzali
Max Planck Institute for Astrophysics
Karl-Schwarzschild-Str. 1
D-85741 Garching
Tel.: +49 89 30000-2221
Fax: +49 89 30000-2235
E-mail: mazzali@mpa-garching.mpg.de
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