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Abb. 1:
Oberflächenmuster für verschiedene Verwindungsoszillationen,
die möglicherweise durch den Hyperflare angeregt wurden. Die
Farbcodierung und Länge der Pfeile kennzeichnen die Stärke der
Schwingungen.
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Abb. 2:
Die Röntgenmessung für den Hyperflare, der den Hauptausbruch
beim Zeitnullpunkt zeigt, gefolgt von einer allmählichen Abnahme des
Signals. Die regelmäßigen Pulse stammen von einem Feuerball heißen
Plasmas, das nahe an der Oberfläche des Neutronensterns eingeschlossen
ist und sich durch die Sternrotation periodisch in und aus unserer
Beobachtungsrichtung dreht. Die viel schnelleren seismischen
Oszillationen sind viel zu schnell, um auf diesem Bild sichtbar zu
sein. Sie beginnen etwa 50 Sekunden nach dem ersten Ausbruch.
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Diese Messung ist die erste ihrer Art und wurde durch eine starke
Explosion auf einem Neutronenstern im Dezember 2004 ermöglicht. Von
dieser Explosion ausgelöste Vibrationen enthüllten bisher unbekannte
Details über den Aufbau von Neutronensternen. Das dabei verwendete
Verfahren ähnelt der Seismologie, die den Aufbau der Erdkruste und des
Erdinneren mit Hilfe seismischer Wellen erforscht, die von Erdbeben
und Explosionen ausgelöst werden.
Das neuartige Verfahren erlaubt es nun, das Innere eines
Neutronensterns - eines bisher unerforschten und verborgenen Gebiets -
zu untersuchen. Dort sind Druck und Dichte so hoch, dass im Zentrum
des Neutronensterns möglicherweise exotische Teilchen zu finden sind,
die sonst nur zum Zeitpunkt des Urknalls existiert haben.
Dr. Anna Watts vom Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) in
Garching hat dieses Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit Dr. Tod
Strohmayer vom NASA Goddard Space Flight Center in Greenbelt,
Maryland, USA, durchgeführt.
"Diese Explosion war die stärkste jemals beobachtete ihrer Art. Wir
vermuten, dass sie den Stern durchgeschüttelt und ihn praktisch wie
eine Glocke zum Klingen gebracht hat", so Strohmeyer. "Obwohl die
durch die Explosion erzeugten Vibrationen schwach sind, geben sie ganz
genaue Hinweise darauf, woraus diese merkwürdigen Sterne bestehen. Wie
bei einer Glocke hängen die Schwingungen im Neutronenstern davon ab,
wie die Wellen durch Schichten verschiedener Dichte laufen, die
elastisch oder fest sein können."
Ein Neutronenstern ist der Überrest aus dem Kernbereich eines Sterns,
dessen Gesamtmasse einst ein Vielfaches der Masse unserer Sonne
betrug. Er enthält ungefähr die 1,4-fache Masse der Sonne, die
allerdings in einer Kugel von lediglich 20 Kilometern Durchmesser
zusammengepresst ist. Die beiden Wissenschaftler haben einen
Neutronenstern namens SGR 1806-20 untersucht, der etwa 40.000
Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Schütze liegt. Dieses
Objekt gehört zu einer bestimmten Art von stark magnetisierten
Neutronensternen, die Magnetare genannt werden.
Am 27. Dezember 2004 ereignete sich auf der Oberfläche von SGR 1806-20
eine Explosion mit noch nie da gewesener Stärke (s. Abb. 2). Sie war
die hellste jemals außerhalb unseres Sonnensystems beobachtete
Explosion. Die Explosion, auch "Hyperflare" genannt, wurde durch eine
plötzliche Veränderung im gewaltigen Magnetfeld des Sterns verursacht,
wodurch die Kruste aufgesprengt und wahrscheinlich ein gewaltiges
Sternbeben ausgelöst wurde. Dieses Ereignis wurde von einer Vielzahl
von Weltraum-Observatorien beobachtet, unter anderem auch vom "Rossi
Explorer" der NASA, der das dabei abgestrahlte Röntgenlicht
aufzeichnete.
Strohmayer und Watts glauben, dass die Oszillationen auf
Verwindungsschwingungen der gesamten Sternkruste zurückzuführen
sind. Solche Vibrationen sind den bei Beben auf der Erde gemessenen
S-Wellen ähnlich, die wie eine Welle entlang eines Seiles laufen
(s. Abb. 1). Die beiden Wissenschaftler, die für ihre Studien
Messdaten von Dr. Gian Luca Israel vom italienischen Nationalen
Institut für Astrophysik benutzten, konnten mehrere neue
Vibrationsfrequenzen in dem Hyperflare identifizieren.
Watts und Strohmayer bestätigten anschließend ihre Messungen mit Hilfe
des "NASA Ramaty High Energy Solar Spectroscopic Imager", einem
Satelliten zur Sonnenbeobachtung, der auch den Hyperflare
aufgezeichnet hatte. Sie entdeckten dabei erstmals Hinweise auf eine
hochfrequente Oszillation von 625 Hertz, die von Wellen stammen
könnte, welche sich senkrecht in die Kruste hinein ausbreiten.
Die große Zahl von Frequenzen, die mehr einem Akkord als einem
einzelnen Ton gleichen, ermöglichte es den Wissenschaftlern, die Tiefe
der Neutronensternkruste abzuschätzen. Dies ist möglich durch den
Vergleich der Frequenzen von Wellen, die sich entlang der Sternkruste
bewegen, mit jenen, die sich radial durch die Kruste hindurch
ausbreiten. Der Durchmesser eines Neutronensterns ist nicht genau
bekannt. Wenn man aber den geschätzten Wert von etwa 20 Kilometern
annimmt, wäre seine Kruste ungefähr eineinhalb Kilometer dick. Diese
aus den gemessenen Frequenzen abgeleitete Zahl stimmt wiederum gut mit
theoretischen Modellen überein.
Mit der Sternbeben-Seismologie dürften sich viele weitere
Eigenschaften von Neutronensternen bestimmen lassen. Strohmayer und
Watts analysierten auch die Daten von "Rossi" zu einem schwächeren
Hyperflare eines anderen Magnetars (SGR 1900+14) aus dem Jahr
1998. Sie fanden auch dort die verräterischen
Oszillationen. Allerdings waren diese nicht stark genug, um die
Krustendicke zu bestimmen.
Mit der Messung der Röntgenstrahlung bei anderen starken
Neutronenstern-Explosionen könnten künftig noch weitere Geheimnisse
dieser Objekte gelüftet werden, zum Beispiel die Frage nach dem
Zustand der Materie in ihrem Innern. Möglicherweise existieren dort
nämlich freie Quarks. Solche Quarks sind die elementarsten Bausteine
von Protonen und Neutronen und unter normalen Umständen immer eng
aneinander gebunden. Ein Nachweis von ungebundenen Quarks würde
helfen, die wahre Natur von Materie und Energie zu verstehen. Denn bei
Experimenten auf der Erde kann man die zur Entdeckung von ungebundenen
Quarks notwendigen hohen Energien nicht erzeugen, auch nicht mit den
größten Teilchenbeschleunigern,.
"Neutronensterne sind fantastische Laboratorien, um Physik unter
Extrembedingungen zu untersuchen.", so Watts. "Wir würden gerne einmal
einen solchen Stern aufbrechen, doch da dies wohl leider nicht möglich
sein wird, sind Magnetar-Hyperflares vermutlich die beste Möglichkeit,
die uns für solche Beobachtungen bleibt."
T. E. Strohmayer und A. L. Watts
Originalveröffentlichung:
A.L.Watts & T.E.Strohmayer
Detection with RHESSI of high frequency X-ray oscillations in the tail of the 2004 hyperflare from SGR 1806-20
The Astrophysical Journal, 637, L117, (2006)
T.E.Strohmayer & A.L.Watts
Discovery of fast X-ray oscillations during the 1998 giant flare from SGR 1900+14
The Astrophysical Journal, 632, L111, (2005)
Kontakt
Dr. Tod Strohmayer
NASA Goddard Space Flight Center, Greenbelt, MD, USA
Tod.E.Strohmayer nasa.gov
Tel: +1-301-286-1256
Dr. Anna Watts
Max Planck Institute for Astrophysics, Garching, Germany
anna mpa-garching.mpg.de
Tel: +49-(0)89-30000-2015
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