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Gammablitze gehören zu den energiereichsten und hellsten Explosionen
im Universum. Sie ereignen sich im Schnitt einmal am Tag, sind
zwischen einer tausendstel Sekunde und mehrere hundert Sekunden lang,
und werden in allen Himmelsrichtungen beobachtet. Ihre Gammastrahlung
ist energiereicher als sichtbares Licht und kann von Satelliten im
Weltraum gemessen werden. Gammablitze setzen in einer Sekunde eine
Energiemenge frei, wie sie die Sonne in ihrer 10 Milliarden Jahre
dauernden Entwicklung produziert.
Die mehr als 2700 aufgezeichneten Gammablitze können in zwei
Gruppen eingeteilt werden. Die sog. langen Blitze emittieren
Gammastrahlung für mehr als zwei Sekunden, während die kurzen
Blitze unter zwei Sekunden strahlen.
Bislang konnten nur die langen Blitze genau beobachtet werden. Das bei
ihnen gefundene "Nachglühen" in Röntgenstrahlung, sichtbarem
Licht und Radiostrahlung hat es erlaubt, ihre Entfernung zu bestimmen.
Es hat sich bestätigt, dass sie meist aus Milliarden von
Lichtjahren entfernten Galaxien stammen. Bis vor kurzem waren die
Quellen dieser Strahlung vollkommen unbekannt. Durch die genauere
Beobachtung häuften sich allerdings Hinweise, dass sie bei
gewaltigen Explosionen sehr schwerer Sterne erzeugt werden. Eine
endgültige Bestätigung dieser Vermutung gelang mit dem
Gammablitz vom 29. März 2003,
GRB030329,
der vom High-Energy Transient Explorer Satelliten HETE
aufgezeichnet wurde. Erstmals konnte dieser Blitz zweifelsfrei mit der
außergewöhnlichen Supernova SN 2003dh in zwei Milliarden
Lichtjahre Entfernung in Verbindung
gebracht werden.
Wo aber kommt die gewaltige Energie her, die in den Gammablitzen frei
wird? Die am weitesten verbreitete Theorie besagt, dass die "Maschine"
ein rotierendes schwarzes Loch ist, das sich bildet, wenn der zentrale
Kern eines sterbenden Sterns instabil wird und unter seiner eigenen
Schwerkraft in sich zusammenstürzt. Dieses neu entstandene
schwarze Loch verschlingt nun den größten Teil der
kollabierenden Sternmaterie und setzt andererseits riesige
Energiemengen in Form zweier "Jets" frei. Diese Gasströme
expandieren mit nahezu Lichtgeschwindigkeit in Richtung der
Rotationsachse des Sterns. Bevor sie aus der Sternoberfläche
ausbrechen, müssen sie sich ihren Weg durch dicke Schichten von
Sternmaterie bahnen und werden dabei in sehr enge Strahlen
gebündelt (siehe Aktuelle Forschung -- März 2000).
Tatsächlich bestätigen Beobachtungen nicht nur den Ursprung
langer Gammablitze von explodierenden Sternen, sondern liefern auch
Hinweise darauf, dass die Gammastrahlung von eng gebündelten,
hochrelativistischen Jets (mit Geschwindigkeiten von über 99,995
Prozent der Lichtgeschwindigkeit) stammt.
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Abb. 3:
Ausgeschleudertes Gas um das schwarze Loch-Torus System
mehr als eine halbe Sekunde nach Beginn der Energiefreisetzung
am schwarzen Loch. Die axialen Jets (helle, weisse Gebiete)
haben Geschwindigkeiten von über 99.995 Prozent der
Lichtgeschwindigkeit und erstrecken sich weiter als 150000 km.
Diese hochrelativistischen Gasströme erzeugen bei noch
größeren Abständen vom schwarzen Loch einen Gammablitz.
Das seitlich abströmende Gas ist wesentlich energieärmer und
langsamer, es erreicht nur Geschwindigkeiten
von maximal 98 Prozent der Lichtgeschwindigkeit (rote
Gebiete). Das rechte Bild zeigt eine Vergrößerung der
unmittelbaren Umgebung des zentralen schwarzen Lochs bis
zu einem Radius von rund 400 km. Man sieht die Jetentstehung
und den ausgedehnten Akkretionstorus, in dessen weisslichen
Gebieten eine Gasdichte von mehr als 1000 Kilogramm
pro Kubikzentimeter herrscht.
FILME: Diese Filme zeigen die Zeitentwicklung der
hochrelativistischen Jets und des Akkretionstorus um das
schwarze Loch, wobei in Fall A die Energiefreisetzung
nach einer zehntel Sekunde aufhört und in Fall B
die Energie am schwarzen Loch kontinuierlich, aber in stark
abnehmender Stärke freigesetzt wird.
Die Filme sind im AVI/Xvid-Format und können
beispielsweise mit mplayer abgespielt werden.
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Rotierende, stellare schwarze Löcher entstehen aber auch
bei anderen kosmischen Ereignissen, z.B. bei der Verschmelzung
zweier Neutronensterne (Abb. 1) oder eines Neutronensterns
mit einem schwarzen Loch. Solche kompakten Objekte umkreisen
sich in Doppelsternsystemen Hunderte Millionen Jahre,
wobei ihr Bahnabstand durch Gravitationswellen-Abstrahlung
fortwährend schrumpft. Nach der unausweichlichen, finalen
Katastrophe bleibt für Sekundenbruchteile ein dicker Ring
heißer Materie um das schwarze Loch (Abb. 2). Schon
seit langem argumentieren Theoretiker, dass Gammablitze ausgelöst
werden könnten, wenn diese Materie im schwarzen Loch verschwindet.
Verschmelzende kompakte Sterne gelten als heiße
Kandidaten für die Herkunft der immer noch mysteriösen kurzen
Gammablitze.
Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Astrophysik haben nun
mit genaueren Modellen untersucht, wie die hochrelativistischen polaren
Jets durch Energiefreisetzung (z.B. durch Elementarteilchenprozesse)
in unmittelbarer Nähe eines
schwarzen Lochs entstehen. Die Computersimulationen berücksichtigen
die Effekte von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Sie
bestätigen, dass kurze Blitze Eigenschaften besitzen sollten, die
sich charakteristisch von denen langer Blitze unterscheiden. Weil
das schwarze Loch nicht im Zentrum eines Sterns entsteht, müssen
die Jets nicht ihren Weg durch dichte Sternschichten nach
außen bahnen. Sie erreichen daher sehr schnell extrem hohe
Geschwindigkeiten und werden dabei durch die dicke
Gasscheibe um das Schwarze Loch in enge Strahlen gebündelt (Abb. 3).
Sie besitzen Öffnungswinkel zwischen 5 und 10 Grad und sind nur
wenig weiter als die Gammajets aus sterbenden Sternen. Die Modelle
sagen vorher, dass außerhalb dieser polaren Kegel nur sehr schwache
Gammastrahlung emittiert wird (Abb. 4). Von rund 100
Doppelsternverschmelzungen sollte deshalb nur einer einen beobachtbaren
Gammablitz verursachen, wenn einer der Jets genau auf die Erde gerichtet
ist. Kurze Gammablitze können fast genauso hell sein wie lange Blitze,
obwohl ihre Energie 100 mal geringer ist.
Bislang war es nicht möglich, mit Satelliten detaillierte Messungen
an kurzen Gammablitzen vorzunehmen. Es besteht aber Hoffnung, dass
die Modellvorhersagen bald überprüft werden können. Im Herbst
2004 wird ein neues Instrument in den Erdorbit geschossen, der
Swift Gamma-Ray Burst Explorer, den die NASA mit internationaler
Beteiligung betreiben wird. Eines seiner Hauptziele ist es, endlich
die Geheimnisse der kurzen Gammablitze zu lüften.
H.-Thomas Janka, M.A. Aloy, E. Müller
Literatur:
S. Setiawan. M. Ruffert und H.-Th. Janka, Monthly Not. R.
Astron. Soc., 352, 753--758 (2004)
M.A. Aloy, H.-Th. Janka und E. Müller (2004),
Astron. Astrophys., eingereicht (astro-ph/0408291).
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