Die chemische Entwicklung von Galaxienhaufen |
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Galaxienhaufen enthalten Millionen Grad heisses diffuses Gas. Bei diesen Temperaturen strahlt es nicht mehr im optischen sondern im viel kurzwelligeren Röntgenbereich des Spektrums. Dieses Gas hat gewöhnlich einen viel höheren Anteil an der Gesamtmasse als die in den Sternen enthaltene Materie ausmacht und wird im allgemeinen "Intra-Cluster Medium" oder "Intra-Cluster Gas" genannt, nach dem englischen Wort "cluster" für Haufen. Beobachtungen im Röntgenlicht weisen darauf hin, dass dieses Gas ebenfalls eine bedeutende Menge an schweren Elementen enthält, wie etwa Eisen, Sauerstoff usw. (in der Astronomie werden für gewöhnlich alle Elemente schwerer als Helium in der Bezeichnung "Metalle" zusammengefasst). Da die einzige Möglichkeit, solche Metalle zu erzeugen, die Fusionsreaktion im Inneren von Sternen ist, bedeutet ihr Auftreten, dass ein Großteil des Gases zwischen den Galaxien aus diesen in das Intra-Cluster Medium ausgestoßen worden sein muss. Einige der ungelösten Fragen dazu sind: Wie erfolgte dieser Transport? Wann ist das geschehen? Und welche Galaxien sind haupsächlich verantwortlich für den hohen Gehalt an schweren Elementen im Intra-Cluster Gas? Die Astronomen glauben, dass ein effizienter Mechanismus zum Transport von Metallen aus den Galaxien in den Raum dazwischen sogenannte "Galaktische Winde" sind. Diese werden von Supernovae (Sternexplosionen) erzeugt, welche das Gas in den Galaxien auf solch hohe Temperaturen erhitzt, dass die Wärmeenergie die Bindungsenergie übersteigt, mit der das Gas von der Galaxie gehalten wird, und es dieser somit quasi entkommen kann. Abbildung 1 zeigt ein schönes Beispiel für einen derartigen Wind. Die Forscher am Max-Planck Institut für Astrophysik nähern sich den erwähnten Fragestellungen indem sie hochauflösende numerische Simulationen und sog. "semi-analytische" Techniken kombinieren. Die grundlegende Annahme dieser Modelle ist, dass sich Galaxien im Zentrum von Halos aus Dunkler Materie bilden, deren zeitliche Entwicklung mittels der numerischen Simulationen berechnet wird. Das Verhalten der Baryonen, also der normalen uns bekannten Materie, innerhalb dieser Halos wird dann durch vereinfachte, physikalisch motivierte Regeln beschrieben, die die Beobachtungen wiedergeben müssen. Diese Art der Modellierung ist recht kompliziert, da man vielen Mischungs- und Austauschprozessen zwischen den verschiedenen Phasen, die das Gas durchläuft, folgen muss. Abbildung 2 zeigt eine schematische Darstellung der physikalischen Prozesse, die Eingang in unser Modell gefunden haben. Die Ergebnisse der Modellrechnungen werden mit bestimmten Beobachtungen verglichen, um die freien Parameter des Modells einzuschränken. Dieses kann dann wiederum verwendet werden, um umgekehrt Vorhersagen zu treffen, die an komplett unabhängigen Beobachtungen getestet werden. Mit dieser Art von Werkzeug ist es z.B. möglich, vorherzusagen welche Menge an Gas sich jeweils in welcher Phase befindet und wie sich diese Anteile zeitlich entwickeln, wie in Abbildung 3 für eines der Modelle dargestellt. Indem sie auf diese Weise an das Problem herangingen, haben die Forscher am Max-Planck Institut für Astrophysik gezeigt, dass die schweren Elemente bereits zu einem frühen Zeitpunkt in der Entwicklung des Universums in das Intra-Cluster Medium ausgestoßen wurden und dass "massive" Galaxien einen wichtigen Beitrag zur chemischen Anreicherung des Intra-Cluster Gases leisten. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Galaxien ihr Gas und die darin enthaltenen Metalle äußerst effizient aus den Halos dunkler Materie, in denen sie sitzen, heraus katapultieren. Einmal aus dem Halo entwichenes Gas verbleibt sehr lange im diffusen intergalaktischen Medium, nämlich für eine Zeitspanne, die ungefähr dem derzeitigen Alter unseres Universums entspricht.
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