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Sterne mit mehr als der zehnfachen Masse der Sonne beenden ihr Leben
in einer spektakulären Supernova-Explosion. Während der
größte Teil des Sterngases dabei mit gewaltiger Wucht
ausgeschleudert wird, stürzt der Kern im Zentrum des Sterns unter
seiner eigenen Schwerkraft in sich zusammen und bildet einen
Neutronenstern. Dieser hat etwa eineinhalb mal die Masse der Sonne,
sein Durchmesser beträgt aber lediglich 20 Kilometer. In seinem
Innern übersteigt die Dichte daher die von Atomkernen.
Einige der bekannten Neutronensterne befinden sich innerhalb des
gasförmigen Überrests, der von der vergangenen
Sternexplosion zeugt. Das berühmteste Beispiel ist der "Pulsar"
im Krebsnebel (Abb.1). Da er sich rund 33 mal pro Sekunde um seine
eigene Achse dreht, empfangen wir auf der Erde regelmäßige,
pulsartige Signale. Solche rotierenden Neutronensterne heißen
deshalb Pulsare. Andere Neutronensterne fliegen jedoch mit sehr hoher
Geschwindigkeit vom Ort ihrer Entstehung weg (Abb.2). Sie bewegen sich
dabei typischerweise mit mehreren hundert Kilometern pro Sekunde,
einige Pulsare sausen gar mit über 1000 Kilometern pro Sekunde
durch den interstellaren Raum (Abb.3). Dies ist deutlich schneller
als die normale Bewegung der Sterne in der Milchstraße, so dass
viele Neutronensterne der Gravitationsanziehung unserer Galaxie
entkommen.
Über die Ursache der Pulsargeschwindigkeiten wurde lange Zeit
gerätselt. Dabei mangelt es nicht an Erklärungsversuchen,
teilweise unter Zuhilfenahme spekulativer oder sehr exotischer
physikalischer Phänomene. Der vermutete Zusammenhang mit
beobachteten Asymmetrien der Sternexplosionen konnte bislang jedoch
nicht schlüssig begründet werden.
Ein Forscherteam vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in
Garching und vom ASCI Flash Center in Chicago hat nun eine einfache
und geradezu natürliche Möglichkeit für einen solchen
Zusammenhang aufgezeigt. In Computersimulationen fand das Team, dass
bei der Explosion zufällige, kleine Schwankungen im Stern durch
Strömungsinstabilitäten rasch anwachsen und sich zu extrem
großen Abweichungen von der Kugelgestalt aufschaukeln
können (Abb.4, Filme). Die Explosionswelle breitet sich
infolgedessen in verschiedene Richtungen unterschiedlich schnell
aus. Der zurück bleibende Neutronenstern erhält dadurch
einen starken Rückstoß und wird so in Sekunden auf riesige
Geschwindigkeiten von vielen hundert Kilometern pro Sekunde
beschleunigt (Abb.5).
Die Computermodelle erlauben es erstmals, die gemessenen
Pulsargeschwindigkeiten zu verstehen, ohne dass dazu zusätzliche
Annahmen notwendig sind. Interessanterweise scheinen die Ergebnisse
eine Theorie zu stützen, die seit langem zur Erklärung der
Sternexplosion dient
(siehe "Wie explodieren massereiche Sterne?"),
die jedoch bisher
in detaillierten Rechnungen nicht überzeugend bestätigt
werden konnte
(siehe "Supernova-Problem noch immer ungelöst" ):
Die Explosion wird von
Neutrinos ausgelöst. Diese ungeladenen, schwach wechselwirkenden
Elementarteilchen werden vom heißen Neutronenstern in riesigen
Mengen abgestrahlt. Sie heizen das Gas im Innern des Sterns und
erzeugen so den Druck, der die Explosion treibt. Dabei bringen sie das
Sterngas in heftigste Wallung (wie in den Filmen sichtbar), bis es schließlich
ungleichförmig auseinander rast. Der Mechanismus der Explosion,
die beobachteten Asymmetrien von Supernovae und die Pulsarbewegungen
haben damit eine gemeinsame Ursache.
(Hans-Thomas Janka, Konstantinos Kifonidis,
Ewald Müller, Leonhard Scheck, Tomek Plewa)
Publikation:
L. Scheck, T. Plewa, H.-Th. Janka, K. Kifonidis, und E. Müller:
"Pulsar Recoil by Large-Scale Anisotropies in Supernova Explosions",
astro-ph/0307352, Phys. Rev. Lett., eingereicht
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