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Abb:
Diese Visualisierung zeigt einen Querschnitt durch die
simulierte Materieverteilung, zehn Sekunden nachdem die
Supernova-Explosion außerhalb des Zentrums gezündet
wurde. Aus verschiedenen Blickwinkeln, angedeutet durch die
weißen Linien, würde ein hypothetischer Beobachter
unterschiedliche Gasdichten und -zusammensetzungen sehen, was der
beobachteten Vielfalt bei Supernovae entspricht.
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Supernova-Explosionen werden unter anderem im Rahmen der
Sternentwicklung untersucht; sie sind wichtige Produktionsstätten
für schwere chemische Elemente. Aber auch in der modernen
Kosmologie spielen sie eine wichtige Rolle: Supernovae des Typs Ia
gehören zu den präzisesten Entfernungsmessern im
Universum. In systematischen Studien kartierten Astronomen im Verlauf
der letzten Jahre mithilfe von Supernovae, wie sich die Ausdehnung
unseres Universums entwickelte, und fanden überraschenderweise,
dass sich das Universum beschleunigt ausdehnt. Eine mögliche
Erklärung hierfür ist die “Dunkle Energie”, die
etwa 75 Prozent der Energiedichte im Universum ausmacht.
Das Prinzip hinter derartigen Entfernungsmessungen mit Supernovae ist
einfach: Es gibt einen vielfach überprüften Zusammenhang
zwischen ihrer größten Helligkeit und der Rate, mit der
ihre Leuchtkraft abnimmt, womit die intrinsische Helligkeit von SN Ia
direkt aus der Form ihrer Lichtkurve abgeleitet werden
kann. Vergleicht man nun die scheinbare Helligkeit mit der berechneten
intrinsischen Leuchtkraft, so kann man die Entfernung bestimmen, aus
der die Supernova beobachtet wird.
Offensichtlich hängt der Erfolg dieser Methode von der Relation
ab, mit der die maximale Helligkeit der Supernovae bestimmt wird, und
damit von der Annahme, dass alle SNe Ia mit der gleichen Leuchtkraft
das gleiche Verhalten zeigen. Diese These wurde allerdings infrage
gestellt, als immer mehr Supernovae im Detail beobachtet wurden. Schon
in den späten 1980er Jahren zeigten sich erste Anzeichen für
Unterschiede, die 2005 zweifelsfrei gemessen wurden. Es stellte sich
heraus, dass SNe Ia mit der gleichen Leuchtkraft unterschiedliche
Spektren haben und diese insbesondere eine andere zeitliche
Entwicklung durchlaufen. Die Ursache dieser Unterschiede war bisher
unklar, was Anlass zu mehreren Bedenken gab: Gibt es nur eine einzige
Klasse von Vorläufersystemen? Sind SNe Ia wirklich gute
Entfernungsindikatoren?
Unterschiede zeigen sich vor allem in den Spektren der Supernovae, die
die chemische Zusammensetzung der in den Explosionen ausgeschleuderten
Materie abbilden. Verschiedene Elemente prägen den beobachteten
Spektren charakteristische Absorptions- oder Emissionslinien auf. Mit
der Zeit dehnt sich die Explosionswolke aus und wird immer
durchsichtiger, so dass immer tiefere Schichten der abgestoßenen
Materie untersucht werden. Unterschiede in der spektralen Entwicklung
verschiedener SNe Ia deuten deshalb auf eine andere chemische
Zusammensetzung der abgestoßenen Materie, wechselnde
Ionisations- oder Anregungsbedingungen oder verschiedene
Geschwindigkeiten des abgestoßenen Materials.
Als Vorläufer für Typ Ia Supernovae werden Weiße
Zwerge angenommen — alte, ausgebrannte Sterne, die
hauptsächlich aus Kohlenstoff und Sauerstoff
bestehen. Hydrodynamische Simulationen zeigen, dass explodierende
Weiße Zwerge tatsächlich SNe Ia hervorbringen können,
auch wenn es schwierig ist, die beobachtete Vielfalt zu reproduzieren,
da Weiße Zwerge recht klar begrenzte Eigenschaften haben. Eine
Möglichkeit die Folgen der Explosion zu beeinflussen besteht
darin, die Art der Zündung zu verändern — an einzelnen
oder mehrfachen Stellen, in der Mitte oder außerhalb des
Zentrums. Letzteres könnte zu asymmetrischen Explosionen
führen; das Aussehen der Supernova würde dann davon
abhängen, aus welcher Richtung die Explosion beobachtet
wird. Theoretisch ist dies einleuchtend, es war aber lange Zeit
unklar, ob Asymmetrien in realen Supernovae tatsächlich eine
Rolle spielen.
Die neuen Ergebnisse der internationalen Forschergruppe um Keiichi
Maeda vom IPMU an der Universität Tokyo bringen das einheitliche
Bild der SN Ia-Explosionen nun einen wichtigen Schritt voran. Die
Wissenschaftler fanden heraus, dass verschiedene spektrale
Eigenschaften, die bisher in Supernovae nur unabhängig beobachtet
und untersucht wurden, in der Tat eng korreliert sind. All diese
Eigenschaften können außerdem einfach erklärt werden,
falls man eine asymmetrische Explosion voraussetzt. Die beobachtete
Vielfalt ist dann lediglich eine Folge der zufälligen Richtungen,
aus denen die Supernovae gesehen werden.
Mit diesen Ergebnissen können gleich drei Fliegen mit einer
Klappe geschlagen werden: Sie erklären nicht nur die spektrale
Vielfalt sondern räumen auch große Bedenken aus, SNe Ia als
Entfernungsindikatoren in der Kosmologie einzusetzen, indem sie die
Idee eines einzigen Vorläufersystems für die Mehrzahl der
Ereignisse retten. Zuletzt gibt es damit zum ersten Mal solide
Hinweise aus Beobachtungen für die Art und Weise der Zündung
von Supernovae: asymmetrische Explosionen, die außerhalb des
Zentrums gezündet werden.
“Supernovae vom Typ Ia mit fast identischen photometrischen
Eigenschaften können sehr große Unterschiede in ihrer
spektralen Entwicklung zeigen,” sagt Keiichi
Maeda. “Unsere Studie deutet stark darauf hin, dass diese
Supernovae nicht intrinsisch unterschiedlich sind, sondern dass diese
Vielfalt allein durch unterschiedliche Blickwinkel zustande kommt. Das
Modell vereint neueste Fortschritte in theoretischen und beobachtenden
Untersuchungen von Typ Ia Supernovae und unterstützt die Idee,
dass asymmetrische Explosionen generell auftreten.”
Originalveröffentlichung
K. Maeda, S. Benetti, M. Stritzinger, F. K. Röpke, G. Folatelli,
J. Sollerman, S. Taubenberger, K. Nomoto, G. Leloudas, M. Hamuy,
M. Tanaka, P. A. Mazzali and N. Elias-Rosa,
"An asymmetric explosion as the origin of spectral evolution
diversity in type Ia supernovae",
Nature, Vol 466, p82; doi:10.1038/nature09122
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