Bilder vom Sternentod: Überraschender Fund eröffnet neue Einsichten in die Explosionsmechanismen von Supernovae

Ein Stern beendet sein Leben als Kernkollaps-Supernova. Ein Team von Wissenschaftlern unter Leitung von Paolo Mazzali vom Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) hat jetzt bei einer 100 Millionen Lichtjahre entfernten Supernova eine außergewöhnliche Variation dieses Vorgangs entdeckt, bei der die Explosion von einem gerichteten Gasstrom - einem so genannten Jet - begleitet wurde (Science, 23. Juli 2008).

Abb. 1: Kombination aus mehreren Aufnahmen der Galaxie NGC2770 zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Im ersten Bild ist die Supernova SN2007uy als heller Punkt zu sehen. Diese Supernova wurde gerade mit dem Satelliten Swift beobachtet, als die Supernova SN2008D explodierte. Das zweite Bild zeigt die beiden Supernovae SN2007uy und SN2008D (der helle Punkt im nördlichen Bereich der Galaxie) zwei Tage nach der Entdeckung von SN2008D. Im dritten Bild sind beide Supernovae noch sichtbar, aber ihre Leuchtkraft lässt bereits merklich nach.

Abb. 2: Der Videoclip basiert auf einem Bild von Galaxie und Supernovae. Die Helligkeit der beiden Supernovae wurde verändert, damit die tatsächliche zeitliche Entwicklung der Leuchtkraft beider Supernovae nachvollzogen werden kann.

Die gewaltigen Explosionen, die das Lebensende massereicher Sterne bedeuten, gehören zu den spektakulärsten Ereignissen im gesamten Universum. Wenn ein Stern mit einer Masse von mehr als dem Achtfachen der Sonnenmasse seinen nuklearen Brennstoff aufgebraucht hat, stürzt sein Kern in sich selbst zusammen und der Stern explodiert durch die freigesetzte Gravitationsenergie als Supernova. Das neu entdeckte Ereignis liefert Hinweise auf einen begleitenden Jet, was einer früheren, in Nature publizierten Interpretation, in der die Erscheinung als normale Supernova aufgefasst worden war, widerspricht. Die neuen Erkenntnisse tragen dazu bei, die genauen Vorgänge beim Tod der Sterne noch besser zu verstehen.

Die Supernova mit dem Namen 2008D war im Bild des NASA-Forschungssatelliten Swift sofort sichtbar, wohingegen es normalerweise einige Tage dauert, bis Supernova-Explosionen entdeckt werden. Sie fiel den Wissenschaftlern durch ihr besonderes Röntgensignal auf. Die Strahlung im Röntgenlicht war ungewöhnlich schwach und weich, weshalb schnell klar war, dass es sich um keinen Gammablitz handeln kann: Ein Gammablitz setzt nicht nur kurzfristig gewaltige Mengen an Gammastrahlen frei, sondern hat außerdem ein "Nachglühen" im optischen Spektrum sowie im Röntgenlicht.

Aufgrund nachfolgender Beobachtungen mit dem optischen Teleskop des Asiago-Observatoriums legten die Forscher fest, dass es sich um eine Supernova vom Typ Ic handelt: "Diese Supernovae stammen von Sternen, die ihre äußeren Wasserstoff- und Heliumhüllen verloren haben, bevor sie explodierten", erklärt Mazzali. "Immer wenn wir bisher einen Gammablitz im Zusammenhang mit einer Supernova gesehen haben, war es eine Supernova vom Typ Ic. Nur sehr wenige Supernovae treten zusammen mit Gammablitzen auf, was die Sache für uns besonders spannend machte." Die Wissenschaftler bezeichnen diesen Typ als GRB-Supernova (Gamma Ray Burst Supernova). Supernovae vom Typ Ic stammen meist von einem Stern, der von einem Begleiter in einem Doppelsternsystem beeinflusst wurde.

Um die Supernova noch besser zu verstehen, wurde eine große Menge an Daten gesammelt. Anfangs deuteten die Beobachtungen auf die Freisetzung großer Energien hin, so dass sich die Einordnung als Typ Ic, der immer mit einer Explosion einhergeht, zu bestätigen schien. Nach einigen Tagen begann sich das Spektrum der Supernova jedoch überraschend zu verändern: Plötzlich auftauchende Heliumkurven belegten, dass der Vorgängerstern nicht so vollständig seiner äußeren Hüllen beraubt gewesen war, wie es bei GRB-Supernovae der Fall ist. Nun deutete auf einmal alles in die Richtung einer Supernova vom Typ Ib. Bei Supernovae vom Typ Ib ist vor der Explosion lediglich die Wasserstoff-, aber nicht die Heliumhülle abgestoßen worden.

Die Anwendung theoretischer Modelle, mit denen die Forscher die Eigenschaften und das Verhalten von Supernovae simulieren, auf die Supernova 2008D ergab, dass der Vorläuferstern ursprünglich einmal 30 Sonnenmassen schwer gewesen war, zur Zeit der Explosion aber nur noch eine Masse von acht bis zehn Sonnenmassen besaß. Der Rest war über Sternenwinde und Interaktion mit einem Partnerstern verloren gegangen. Das wahrscheinliche Ergebnis des Zusammenbruchs eines so massiven Sterns ist ein Schwarzes Loch. "Da die Massen und Energien, von denen wir hier reden, geringer sind als in jeder bekannten GRB-Supernova, denken wir, dass der Einsturz des Kerns einen schwachen Jet erzeugte", so Mazzali.

Alles spricht nun dafür, dass es sich bei dieser Supernova um ein außergewöhnliches Ereignis handelt, bei dem die Explosion von einem Jet angetrieben wurde. Das Objekt ist somit eine Art Zwischenprodukt zwischen einer normalen Supernova und einer GRB-Supernova.

"Entdeckungen wie diese ermöglichen es uns, ein immer detailreicheres Bild zu zeichnen, das zeigt, wie massereiche Sterne ihr Leben beenden und dabei kompakte Überreste zurücklassen, und wie sich aus kollabierenden Gaswolken wieder neue Sterne bilden", sagt Mazzali. "Mit immer moderneren Röntgen- und Gammainstrumenten können wir allmählich die vielfältigen Varianten von Sternexplosionen entdecken."


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Dr. Paolo Mazzali
Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA)
Garching
Tel.: +49 89 30000-2221
email: pmazzalimpa-garching.mpg.de