Supernovae sind nicht kugelförmig!

Spektroskopische Untersuchungen mit dem Subaru-Teleskop und dem VLT (Very Large Telescope)

Eine internationale Forschergruppe, an der unter anderem das Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) in Garching beteiligt ist, hat die räumliche Form von Supernovae untersucht, die aus dem Gravitationskollaps massereicher Sterne hervorgehen. Die Gruppe, geleitet von Keiichi Maeda (ehemaliger Postdoktorand am MPA und jetzt Assistenzprofessor am Institute for the Physics and Mathematics of the Universe, IPMU, Chiba, Japan) und Paolo A. Mazzali (MPA und Instituto Nazionale Di Astrofisica, INAF, Rom), benutzte dazu Beobachtungen mit dem Subaru-Teleskop und dem Very Large Telescope (VLT) und wies nach, dass Supernovae nicht kugelförmig sind. Das Ergebnis hat große Bedeutung für theoretische Modelle des bislang nicht gut verstandenen Explosionsmechanismus von Supernovae und Gammablitzen (Science Express, 31. Januar 2008).

Abb.1,2: Wenn die Explosion im Wesentlichen sphärisch ist, wird der sauerstoffreiche Kern eines Supernova-Vorgängersterns als expandierende Gasschale ausgestoßen, die unabhängig von der Blickrichtung eine Sauerstoff-Emissionslinie mit nur einem Scheitelpunkt abstrahlt.
Wenn die Explosion hingegen asphärisch und zigarrenförmig ist, werden die sauerstoffreichen Gase größtenteils in der äquatorialen Ebene in einer ringartigen Struktur abgestoßen (Abb.1). Das Profil der Sauerstoff-Emissionslinie hat dann für einen Beobachter entlang der Polachse ein einziges Maximum (Abb. 2, links), für einen Betrachter nahe der Äquatorebene jedoch ein Doppelmaximum (Abb.2, rechts). Dies stammt von verschiedenen Dopplerverschiebungen zu längeren bzw. kürzeren Wellenlängen, je nachdem, ob sich Quelle und Beobachter einander nähern oder voneinander entfernen.

Abb. 3: Bilder von Supernovae in späten Entwicklungsstadien. Die meisten Beobachtungen wurden mit dem Subaru-Teleskop gemacht, einige auch mit dem VLT. Die Analyse der Spektrallinien wurde für die gezeigten Objekte und einige weitere durchgeführt.

Massereiche Sterne von mehr als zehn Sonnenmassen beenden ihr Leben mit einem Knall. Wenn ihr innerer Kern unter seiner eigenen Schwerkraft einstürzt, wird Energie freigesetzt, und der äußere Teil des Sterns explodiert als Supernova. Die Astrophysiker verstehen den Prozess, der dabei die Implosion in eine Explosion verwandelt, noch nicht hinreichend genau. Verschiedene Möglichkeiten sind vonseiten der Theorie (dem Hauptarbeitsgebiet des MPA) vorgeschlagen worden: Wesentlich scheint zu sein, dass die Kugelsymmetrie des Sterns zerstört wird, entweder durch hydrodynamische Instabilitäten oder durch schnelle Rotation der Sterne, durch welche möglicherweise ein starkes magnetisches Feld erzeugt wird. Solche Szenarien sollten bipolare Explosionen hervorrufen.

Supernovae werden üblicherweise in den äußeren Bereichen von Galaxien entdeckt und sind viel zu weit entfernt, als dass man ihre geometrische Form direkt abbilden könnte. Keiichi Maeda und Paolo Mazzali gingen von theoretischen Vorhersagen aus, nach denen die Form einer Supernova aus dem Profil einer Sauerstoff-Emissionslinie in den beobachteten Spektren erschlossen werden kann. Sie stellten fest, "dass sich die geometrischen Eigenschaften von Supernova-Explosionen ableiten lassen, indem man Supernovae zu einer späten Phase der Explosion spektroskopisch untersucht, typischerweise mehr als 200 Tage nach dem Beginn der Explosion" (Abb. 1,2). Maeda und seine Kollegen sammelten Daten von einer größeren Zahl von Ereignissen, um die allgemeinen Eigenschaften dieser Explosionen zu untersuchen. Insbesondere konzentrierten sie sich auf Supernovae des Typs Ibc. Bei solchen Supernovae zerstört die Explosion massereiche Sterne, die ihre äußere Wasserstoff- und Heliumhülle verloren haben, bevor ihr Kern zusammenstürzt. Dies ermöglicht eine bessere Sicht ins Zentrum der Explosion. Solche Supernovae sind auch deshalb besonders interessant, weil einige von ihnen, und zwar jene mit der höchsten Energie, manchmal mit Gammablitzen verknüpft sind.

Die Forscher sammelten Spektren von 15 Supernovae in einer späten Entwicklungsphase, wobei sie das Achtmeter-Subaru-Teleskop des National Astronomical Observatory of Japan sowie das Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) benutzten (Abb. 3). Ihre Bemühungen erwiesen sich bald als erfolgreich: Eines ihrer ersten Ergebnisse war, dass die Sauerstoff-Emissionslinie in der Tat unterschiedliche Profilkurven zeigen kann: Im Fall der Supernova SN2003jd beobachteten die Forscher ein Ereignis, das Ähnlichkeit mit der Supernova 1998bw hatte, die mit einem Gammablitz (Gamma Ray Burst, GBR) assoziiert war. Anders als dort wurde die Supernova SN2003jd aber nicht entlang der Achse gesehen, in der der Gammablitz abgestrahlt wurde.

Eine große Zahl von Ereignissen ist sehr wichtig für die Untersuchung. Weil je nach Beobachtungsrichtung unterschiedliche Linienprofile zu sehen sind, ist es nicht in jedem Einzelfall möglich, für ein Objekt klar zu identifizieren, ob es sich um eine kugelförmige (sphärische) oder eine nicht kugelförmige (asphärische) Explosion handelt, die ungünstigerweise von der Polrichtung aus gesehen wurde. Bei mehr als zehn Supernovae wird es jedoch möglich, die mittlere typische Form zu erschließen, da die zufällige Verteilung der Beobachtungswinkel die Ungenauigkeit statistisch beseitigt. Die Forschergruppe fand fünf Supernovae, bei denen das Ereignis offenbar so wie Supernova 2003dj aus äquatornaher Position gesichtet wurde und die Struktur der Sauerstofflinie daher eindeutige Hinweise auf eine asphärische Explosion lieferte. Vier weitere Fälle besitzen andeutungsweise diese Eigenschaft. Wenn man bedenkt, dass es natürlich auch Fälle von Supernovae geben muss, die aus polarer Richtung zu sehen waren, ist statistisch der Nachweis erbracht, dass "alle Supernovae von Vorläufersternen ohne Wasserstoff- und Heliumschalen asphärisch sind".

Dies ist der erste empirische Nachweis, dass Supernovae im Allgemeinen nicht kugelförmig sind, wenn es sich um Explosionen von Sternen handelt, die ihre äußeren Gasschichten vor dem finalen Gravitationskollaps verloren haben. Bei einer genauen Analyse der Beobachtungsdaten fand die Forschergruppe, dass "normale" Supernovae vom Typ Ibc nur mäßig asphärisch sind, während Supernovae, mit denen ein Gammablitz einhergeht, stärkere Deformation zeigen. Dies war erwartet worden, da Gammablitze gewaltige Energieausbrüche darstellen und theoretische Modelle dies auf stark asphärische stellare Kollapsereignisse zurückführen.

Das Ergebnis untermauert auch neuere Modellvorstellungen zum Supernovamechanismus, die darauf hindeuten, dass hydrodynamische Instabilitäten, schnelle Rotation des stellaren Kerns oder extrem starke Magnetfelder eine entscheidende Rolle beim Übergang vom Kollaps zur Explosion von Sternen spielen. "Weil aber die Abweichungen von der Kugelsymmetrie bei normalen Supernovae geringer sind als bei den extrem energetischen Ereignissen, die mit Gammablitzen einhergehen, wird andererseits die Schlussfolgerung nahegelegt, dass die Explosionsmechanismen der beiden Gruppen grundlegend verschieden sein können", erklärt Maeda. "Im nächsten Schritt werden wir im Detail die einzelnen theoretischen Explosionsszenarien betrachten und sie mit den Beobachtungen vergleichen", so Mazzali. "Das ist sowohl von Seiten der Theorie als auch der Beobachtung ein noch deutlich anspruchsvolleres Vorhaben als das bisherige, aber wir glauben, dass es zu schaffen ist."

Keiichi Maeda, Paolo A. Mazzali, Mona Clerico (Pressesprecherin Max-Planck-Institut für Astrophysik)



Originalveröffentlichung:

Keiichi Maeda, Koji Kawabata, Paolo A. Mazzali, et al.: Asphericity in Supernova Explosions from Late-Time Spectroscopy,
Science Express (online edition of Science), 31 January 2008