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Dreht sich das schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie im Uhrzeigersinn?


Eine neuere Arbeit am Max-Planck-Institut für Astrophysik schlägt einen Zusammenhang zwischen den Drehrichtungen der Akkretionsscheibe eines schwarzen Lochs einerseits und der von ihm ausgesandten Radiostrahlung andererseits vor.  Dem Modell nach rotieren sie in einander  entgegengesetzten Richtungen. Da die Zirkularpolarisiation der Radiostrahlung messbar ist, wäre die Drehrichtung von schwarzen Löchern damit erstmals bestimmbar. Das Modell wird durch Beobachtungen von SgrA*, dem  schwarzen Loch im Zentrum unserer Galaxie, gestützt.


Abbildung 1: Die linear polarisierte Radiostrahlung, die von energetischen Elektronen innerhalb der hintenliegenden Magnetfeldlinien ausgesandt wird (grüner Pfeil gibt die Ebene der Linearpolarisation an), wandelt sich während ihres Fluges durch die vorderen Magnetfeldlinien teilweise in Zirkularpolarisation um. Diese Umwandlung geschieht, weil Radiostrahlung, deren Linearpolarisation parallel zu den Magnetfeldlinien liegt, sich langsamer ausbreitet als Radiostrahlung mit dazu senkrechter Polarisation. Unsere linear polarisierte Radiostrahlung hat senkrechte und paralelle Anteile, die miteinander im Takt schwingen. Durch deren unterschiedliche Geschwindigkeiten kommen diese beiden Komponenten quasi aus dem Takt, sie schwingen versetzt. Im Zusammenspiel ergeben die versetzt schwingenden Komponenten eine zirkulare Schwingung des elektrischen Feldes, wie skizziert.


Seit 20 Jahren beobachten Astronomen, dass sich die Radiostrahlung des 2,6 Millionen Sonnenmassen schweren SgrA* entgegen dem Uhrzeigersinn dreht. Dies ist durchaus erstaunlich, denn diese Drehrichtung ist nahezu die einzige Konstante in den Beobachtungsdaten von dem rasenden Geschehen rund um das schwarze Loch. Die Akkretionsscheibe, eine um das schwarze Loch rotierende Gasscheibe, dreht sich innerhalb von rund einer Stunde um die eigene Achse und stösst dabei radioleuchtende Jets aus. Die Leuchstärke der Jets sowie ihre Anteile an Zirkular- und Linearpolarisation variieren dabei beträchtlich.

Auf Grund dieser Beobachtungen geht das Modell von zwei Voraussetzungen aus. Erstens: Es gibt einen konstanten Mechanismus, der die gleichbleibende Drehrichtung der Radiostrahlung erklärt. Zweitens: Dieser Mechanismus erfolgt innerhalb sich rasant ändernder Grössen. Denn anders als bisherige Modelle geht die neue Arbeit nicht davon aus, dass die Magnetfelder innerhalb des Jets eine weitgehend konstante Richtung haben (Im Falle von SgrA* müsste die Richtung 20 Jahre lang gleich geblieben sein, was angesichts der schnellen Grössenänderungen innerhalb von Stunden unwahrscheinlich erscheint).  Der neue Mechanismus funktioniert dagegen auch dann, wenn die Magnetfelder ihre Richtung ändern. Er basiert auf der Annahme, dass - auf Grund der Rotation der Akkretionsscheibe - die Magnetfelder im Jet verdrillt sind.

Die Strahlung des Jets wird an diesen Magnetfeldverzwirbelungen so modifiziert, dass sich die Schwingungen ihres elektrischen Feldes teilweise verändern: Aus einem Teil der Linarpolarisation wird Zirkularpolarisation. Abbildung 1 zeigt, dass sich die Zirkularpolarisation entgegengesetzt zur Akkretionsscheibe dreht.

Das bedeutet im Fall von SgrA*, dass seine Akkretionsscheibe im Uhrzeigersinn rotieren sollte. Mit diesem Modell lässt sich die  über 20 Jahre konstante Drehrichtung der Zirkularpolarisation erklären, denn sie hängt allein von der Drehung der Akkretionsscheibe ab, die sich nur äusserst selten verändern sollte.  Ihre Rotation wird vermutlich von Winden verursacht, die eine Gruppe junger, heisser Sterne auswirft, die  SgrA* umkreisen. Beobachtungen zeigen, dass diese Sterne ebenfalls im Uhrzeigersinn um das schwarze Loch fliegen (siehe Abbildung 2).

Sollten sich weitere Bestätigungen für den vorgeschlagenen Mechanismus finden lassen, könnte die bisher unbeobachtbare Drehrichtung der Akkretionsscheiben um schwaze Löcher mit Hilfe von Zirkularpolarisationsmessungen bestimmt werden.

Torsten Enßlin

Literatur/Links:

Sternhaufen um SgrA*

Abbildung 2: Sternenhaufen, in dessen Zentrum SgrA* sitzt (Abbildung aus Gentzel 2000). Die Pfeile zeigen die Bewegungsrichtung einzelner Sterne an. Die blau markierten Sterne sind junge, heisse Sterne, deren Winde vermutlich SgrA* mit Gas versorgen. Da sich diese Sterne vorzugsweise im Uhrzeigersinn um SgrA* bewegen, sollte die aus dem Gas dieser Winde gebildete Akkretionsscheibe in gleicher Richtung rotieren - im Uhrzeigersinn, wie es das Model vorschlägt.


Gaswolke um SgrA*

Abbildung 3: Gaswolke im Zentrum der Galaxie, in deren Mitte SgrA* und der zentrale Sternenhaufen liegen(blau: Radiostrahlung gemessen von Yusef-Zadek & Morris. rot: FIR von Phillip, Zykla, & Mezger). Die Rotationsrichtung der Wolke ist  - genauso wie die der Milchstrasse - entgegengesetzt zu der Richtung der jungen heissen Sterne und der für SgrA* aus der Zirkularpolaristaion abgeleiteten Rotationsrichtung.




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  Last modified: Mon Feb 3 11:50:58 CET 2003     •     Comments to: info@mpa-garching.mpg.de