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Die Geschichte kosmischer Sternentstehung |
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astrophysik und Kollegen in den USA haben neue Techniken zur Simulation von Sternentstehung und der dabei entstehenden galaktischen Winde entwickelt. Durch Berechnung sehr großer Simulationen zur Galaxiententstehung wurde es ihnen hierdurch möglich, detaillierte Voraussagen für die Geschichte der Sternenstehung im Universum zu machen. |
Die gegenwärtig erfolgreichste Theorie für die Entstehung der Galaxien basiert auf dem sogenannten LCDM-Modell. Hierbei wird angenommen, daß der dominierende Massenanteil des Universum als sogenannte kalte dunkle Materie vorliegt (engl. CDM), welche wohl aus Elementarteilchen besteht, die sich bisher einem direkten Nachweis entzogen haben. Gewöhnliche Baryonen stellen nur etwa 13% aller Masse. Zusätzlich geht man davon aus, daß es auch eine nichtverschwindende kosmologische Konstante gibt, was sich etwa aus den Beobachtungen weit entfernter Supernovae ergibt. Interessanterweise dominiert zur heutigen Zeit diese Vakuumenergiedichte bereits über die Summe der Energiedichten von dunkler Materie und gewöhnlicher baryonischer Materie. |
Computersimulationen des gravitativen Wachstums von Strukturen im Rahmen des LCDM Modells haben in den letzten beiden Jahrzehnten entscheidend dazu beigetragen, den Entstehungsprozeß und die Eigenschaften galaktischer Halos aufzuklären, und ihre Verteilung und Bewegung im Raum zu verstehen. Diese Aspekte der Strukturentstehung sind nun verhältnismäßig gut verstanden. Versucht man allerdings, in kosmologischen Simulationen auch Sternentstehung zu behandeln, um direkt mit den beobachteten Eigenschaften leuchtender Galaxien vergleichen zu können, stößt man unweigerlich auf größere Schwierigkeiten. Aus diesem Grund sind diese Simulationen auch noch mit sehr viel größerer theoretischer Unsicherheit behaftet. |
Eines der grundlegenden Probleme dieser Studien ist, daß die Strahlungskühlung des Gases schlicht zu effizient zu sein scheint, so daß es in der Folge zu einem erheblichen Helligkeitsüberschuß der simulierten Galaxien gegenüber denen des wirklichen Universums kommt. Man glaubt, daß dieses Scheitern, die Beobachtungsdaten erklären zu können, durch eine inkorrekte, beziehungsweise ungenaue Beschreibung der Physik der Sternentstehung und ihrer Rückwirkungsprozesse verursacht wird. Falls man die Rückwirkungsprozesse, etwa in der Form von Supernova-Explosionen und Sternwinden, dagegen korrekt in die Beschreibung einbeziehen könnte, sollte sich das Überkühlungsproblem lösen lassen. Unglücklicherweise ist die physikalische Natur dieser Rückwirkungsprozesse aber nur sehr schlecht verstanden, und darüberhinaus gibt es große numerische Schwierigkeiten, diese in realistischer Weise in Simulationen der Galaxienentstehung einzubeziehen. |
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In einer neuen Arbeit von Springel & Hernquist wurde nun eine
vielversprechende Methode zur Behandlung der Regelung der
Sternentstehung durch Supernovae im dichten interstellaren Medium
vorgeschlagen. Mit dieser Methode, welche auf einem analytischen
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Der Einfluß galaktischer Winde auf die Sternentstehungsrate ist für kleine Galaxien besonders groß, da hier das Gas dem Gravitationsfeld der Galaxie entkommen kann. In massereichen Galaxien bleiben die Winde dagegen gravitativ gebunden, so daß sie hier die Sternentstehung nicht wirksam dämpfen können. Rückwirkungsprozesse durch galaktische Winde reduzieren also in erster Linie die Sternentstehungsaktivität in kleinen Galaxien, was genau der benötigte Effekt zu sein scheint, um die Übereinstimmung zwischen der LCDM Theorie und den Beobachtungsdaten zu verbessern. Dies ist einer der Gründe, warum galaktische Winde derzeit ein intensives theoretisches Interesse erfahren. Ein anderer interessanter Effekt von Winden besteht darin, daß sie Metalle in das intergalaktische Medium transportieren. Dies könnte erklären, warum man in Absorptionsspektren entfernter Quasare schwere Elemente in dem Gas niederer Dichte, das sich im intergalaktischen Raum befindet, beobachten kann. |
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Galaxienentstehung vollzieht sich als ein hierarchischer Prozeß im LCDM Modell. Dabei bilden sich zunächst kleine Objekte, die dann allmählich durch Verschmelzungsprozesse zu immer massereicheren Galaxien anwachsen. Numerische Voraussagen für die gesamte Sternentstehungsrate im Universum sind außerordentlich schwierig in diesem Modell, da eine vollständige Erfassung aller sternbildender Galaxien die gleichzeitige Auflösung sowohl großer als auch sehr kleiner Galaxien erfordert. Der benötigte dynamische Bereich der Simulationen ist daher sehr hoch. Die Rückwirkungsprozesse der galaktischen Winde tragen zusätzlich dazu bei, die Schwierigkeit dieser Berechnungen zu erhöhen, da Winde besonders in kleinen Galaxien wichtig sind, aber diese Galaxien typischerweise nahe an der Auflösungsgrenze liegen. Auf der anderen Seite ist eine gut aufgelöste Berechnung der Winde Voraussetzung für genaue Ergebnisse. Es ist derzeit nicht möglich, die hierfür benötigte Massenauflösung in Volumina zu erreichen, die groß genug sind, um einen repräsentativen Ausschnitt des Universums darzustellen. Dies wird sich auch in den nächsten Jahren wohl nicht ändern, trotz der zu erwartenden weiteren Fortschritte der Computertechnologie. Allerdings ist es Springel & Hernquist in ihrer Arbeit gelungen, dieses Problem mit einer speziellen Simulationsstrategie zu umgehen. Abbildung 3 zeigt ein schematisches Diagramm der hierbei benutzten Simulationen, welche alle auf einem Linux-Cluster am Center for Parallel Astrophysical Computing in Harvard berechnet worden sind. Durch die Verknüpfung einer Sequenz von Simulationsvolumina mit einer speziellen Auswertetechnik gelang es, den dynmischen Bereich, über den das Modell zur Galaxienentstehung untersucht werden konnte, drastisch zu erhöhen, wobei insgesamt fast 18 Dekaden in Massenauflösung überbrückt worden sind. Zusätzlich wurden für jedes Simulationsvolumen umfangreiche Auflösungsstudien durchgeführt, so daß die numerische Konvergenz der Ergebnisse sehr genau getestet werden konnte. |
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Die ersten sternbildenden Galaxien, die sich bei hoher Rotverschiebung bilden, treiben starke galaktische Ausflüsse in das intergalaktische Medium (IGM), wie in Abbildung 4 gezeigt ist. Wenn die galaktischen Winde durch Schocks gestoppt werden, erzeugen sie Blasen im IGM, die mit heißem, mit Metallen angereichertem Gas gefüllt sind. Galaktische Winde könnten also von entscheidender Bedeutung sein, um die beobachtete Anreicherung des intergalaktischen Gases mit Metallen zu verstehen. Für die Eigenschaften der leuchtenden Galaxien sind Winde aber wohl noch wichtiger, da sie zu einer starken Abschwächung ihrer Sternentstehungsrate führen können. Ohne galaktische Winde wären die Galaxien, die beispielsweise in Abbildung 5 gezeigt sind, aufgrund des Überkühlungsproblems erheblich zu hell. |
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In Abbildung 6 zeigen wir die von den Simulationen vorausgesagte Entwicklung der kosmischen Sternentstehungsdichte als Funktion der Rotverschiebung und in integrierter Form als Funktion der Zeit. Die Sternentstehungsrate erreicht bereits zu einem recht frühen Zeitpunkt ihr Maximum, in etwa bei Rotverschiebung z=5.5. Etwa die Hälfte aller Sterne zum heutigen Zeitpunkt sind bereits älter als 10 Milliarden Jahre. Insgesamt werden allerdings nur etwa 10% aller Baryonen in langlebigen Sternen gebunden, was in Übereinstimmung mit Beobachtungsdaten ist. Dieser Bruchteil würde ohne die Einbeziehung galaktischer Winde erheblich größer ausffallen und sich dann im Konflikt mit Beobachtungsschranken befinden. |
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Die hier vorgestellte numerische Studie ist wohl die erste, die eine numerisch zuverlässige Voraussage für die Geschichte der globalen Sternentstehungrate von sehr hoher Rotverschiebung bis zur Gegenwart machen konnte. Dies wurde durch Kombination der Rechenleistung moderner paralleler Superrechner mit hochentwickelten physikalischen Modellen zur Beschreibung der Strahlungskühlung des Gases, der Sternentstehung und den Rückwirkungsprozessen von Supernova-Explosionen und galaktischen Winden möglich. Die Untersuchung der Entwicklung der Sternentstehungsrate in diesen Simulationen stellt aber nur einen ersten Analyseschritt dar. Die Simulationen enthalten nämlich ausgesprochen reichhaltige Informationen über den Prozeß der Galaxienentstehung und über die Eigenschaften des Gases in Galaxien und im Raum zwischen ihnen. Der detaillierte Vergleich dieser Informationen mit Beobachtungsdaten sollte weitere Fortschritte in unserem Verständnis kosmologischer Galaxienentstehung ermöglichen. |
Weiterführende Literatur:
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