Ein rätselhafter Bestandteil von Galaxienhaufen englisch englisch


Magnetfelder in Galaxienhaufen - Neue Beobachtungen bestätigen Vorhersagen von Computersimulationen, die am Max Planck Institut für Astrophysik durchgefürt wurden.

Galaxienhaufen sind die größten, durch Gravitation gebundenen Objekte in unserem Universum. Beobachtet werden diese als Anhäufung von Galaxien am Himmel. Beobachtungen zeigen jedoch, daß die Sterne in diesen Galaxien nur etwa 1% der Masse des Galaxienhaufens ausmachen. Ungefähr 90% ihrer Masse besteht aus der so genannten dunklen Materie. Der Rest des Galaxienhaufens besteht aus heißem Gas, welches den Raum zwischen den Galaxien ausfüllt.

Es ist allgemein anerkannt, daß dieses heiße Gas auch magnetisiert ist. Dieses Magnetfeld kann nicht direkt beobachtet werden. Auf dessen Vorhandensein kann jedoch aufgrund von Faraday Rotation in Radiogalaxien -- beobachtet durch den Galaxienhaufen hindurch -- geschlossen werden. Ein weiterer, kleiner Bestandteil von Galaxienhaufen -- sehr heiße Teilchen, sogenannte cosmic rays -- leuchten in den Magnetfeldern und lassen somit den Galaxienhaufen als diffuses Objekt in Radioteleskopen erscheinen.

Abbildung 1: Faraday Rotation aufgrund des Magnetfeldes im Galaxienhaufen A119, beobachtet in der Radiogalaxie 0053-016.

flux
Faraday Rotation
colorbar



L. Feretti, F. Govoni, IRB
Die linke Abbildung zeigt ein Bild der Radiogalaxie 0053-016 bebachtet mit einem Radioteleskop bei einer Frequenz von 1.4GHz. Vergleicht man derartige Bilder, die bei verschiedenen Frequenzen beobachtet wurden, erhält man die so genannte Faraday Rotation wie im rechten Teil dargestellt. Die intensiven roten und weißen Flecken geben die Stärke des Magnetfeldes im Galaxienhaufen A119 wider, durch den hindurch die Radiogalaxie 0053-0016 beobachtet wurde.

Bis jetzt haben wir nur sehr eingeschränkte Erkentnisse über die Rolle von Magnetfeldern in Galaxienhaufen. Aus diesem Grund wurden von Wissenschaftlern am Max Planck Institut für Astrophysik Computersimulationen durchgeführt, um die Entwicklung und das Verhalten von Magnetfeldern in diesen kosmologischen Objekten zu studieren. Diese Simulationen zeigen, daß die Eigenschaften dieser Magnetfelder durch die Bildung der großräumigen Struktur in unserem Universum bestimmt werden. Unter anderem zeigen diese Simulationen, daß diese Magnetfelder in der gleichen Weise wie das Gas in Galaxienhaufen verteilt sein sollten.

Um besser von neu erschienenen Messungen Gebrauch machen zu können, entwickelten Wissenschaftler am Max Planck Institut für Astrophysik zusammen mit Radioastronomen vom Istituto di Radioastronomia CNR in Bologna und Röntgenastronomen an der John Moores University in Liverpool eine neue Methode zur Bestimmung der Magnetfelder in Galaxienhaufen. Dabei werden die Beobachtungen von Röntgenteleskopen mit den Beobachtungen von Faraday Rotation für eine Reihe von Galaxienhaufen kombiniert.

Abbildung 2: Röntgenbild des Galaxienhaufens A514 mit den Positionen, an denen Faraday Rotation von Radiogalaxien gemessen wurde.
A514
S. Schindler, JMU
Diese Abbildung zeigt eine Falschfarben-Darstellung des Galaxienhaufens A514, der mit einem Rüntgenteleskop beobachtet wurde. Diese Röntgenstrahlung wird von dem heißen Gas in dem Galaxienhaufen abgegeben. Die schwarzen Kreuze markieren die Posiotionen, an denen Faraday Rotation in Radiogalaxien beobachtet wurde.

Alle diese Datenpunkte wurden in Abbildung 3 eingetragen, in welcher der Röntgenfluss entlang der x-Achse und die Faraday Rotation entlang der y-Achse aufgetragen sind. Die Kombination dieser zwei Größen wurde ausgesucht, da sich daraus der Zusammenhang zwischen dem Magnetfeld und der Gasdichte berechnen läßt.

Diese Messungen zeigen, daß die Stärke des Magnetfeldes -- genau wie durch die Simulationen vorhergesagt -- proportional zur Gasdichte im Galaxienhaufen ist. Diese Simulationen lassen auch erwarten, daß sich dieser Zusammenhang aufgrund unterschiedlicher Temperaturen verschiedener Galaxienhaufen -- welche ein Maß für die Massen eines Galaxieenhaufens ist -- innerhalb von diesem Diagramm verschiebt. Auch diese Vorhersage wird durch die neuen Daten eindrucksvoll bestätigt.

Abbildung 3: Vergleich von Röntgenfluss und gemessener Faraday Rotation für eine Reihe von Galaxienhaufen.
A514
Diese Abbildung zeigt einen Vergleich von Röntgenfluss und gemessener Faraday Rotation für eine Reihe von Galaxienhaufen im Vergleich mit Simulationen. Die Datenpunkte wurden mit verschiedenen Farben aufgrund der Temperatur des jeweiligen Galxienhaufens dargestellt. Die Linien repräsentieren theoretische Vorhersagen für drei verschiedene Temperaturen. Die Messungen von verschiedenen Radiogalaxien für gleiche Galaxienhaufen liegen genau auf den vorhergesagten Linien. Auch die vorhergesagte Verschiebung dieser Linien für verschiedene Temperaturen der Galaxienhaufen wird durch diese Messungen bestätigt.

Eine schon lang andauernde Diskussion zwischen Wissenschaftlern beschäftigt sich mit der Frage, ob diese Magnetfelder die Dynamik dieser Galaxienhaufen beeinfusst oder nicht. Die Antwort auf diese Frage ist sehr wichtig, weil man aus der Beobachtungen von Galaxienhaufen etwas über die sogenannte dunkle Materie lernen will. Leider können nur die Sterne und das heiße Gas zwischen den Galaxien beobachtet werden. Deswegen ist ein korrektes Verständniss der physikalischen Vorgänge in Galaxienhaufen notwendig, wenn man aus den Beobachtungen auf diese unbeobachtbare dunkle Materie schließen will. Diese neuen Ergebnisse können keine entgültige Antwort auf diese Frage geben, stellen aber einen großen Schritt in die Richtung eines besseren Verständnisses dieses rätselhaften Bestandteils von Galxienhaufen dar. Sie zeigen auch, daß die theoretischen Modelle -- gewonnen aus Computersimulationen dieser Prozesse -- bereits fortgeschritten genug sind, um Details in den neuesten Beobachtungen vorherzusagen.

Desweiteren liefert diese Kombination von Simulationen und Beobachtungen eine ausgezeichnete Grundlage zum Verständniss von Details in den Röntgenkarten von Galaxienhaufen, die von der neuen Generation von Röntgensatelliten beobachtet wurden. Diese zeigen ganz eindeutig, daß zusätzliche Physik -- höchstwahrscheinlich Magnetfelder -- eine eintscheidende Rolle in manchen Phänomenen spielen, die in Galaxienhaufen beobachtet werden. Dazu gehören die so genannten cooling flows in den Zentren so mancher Galaxienhaufen, als auch die Beobachtung von steilen Kannten, so genannter sharp edges in manchen Galaxienhaufen, in denen vermutlich die thermische Leitfähigkeit durch Magnetfelder unterbrochen ist.


Klaus Dolag.
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