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Auf großen Skalen ist das Modell der kalten dunklen Materie bisher sehr
erfolgreich, die beobachteten Eigenschaften des Universums zu beschreiben. Mit
N-Körper-Simulationen konnten detaillierte Vorhersagen über die Entstehung und
Entwicklung der Verteilung der dunklen Materie auf unterschiedlichen Skalen
gemacht werden. Insbesondere erwartet man, dass die kalten Dunkle-Materie-Halos
über einen weiten Massenbereich selbstähnlich sind und eine gut definierte
Verteilung der Massendichte haben.
Der Gravitationslinseneffekt ist ein leistungsfähiges Werkzeug, um genau diese
Verteilung der Gesamtmasse zu messen, und zwar vom Zentrum des Galaxienhaufens
bis hin zu relativ großen Entfernungen. In Kombination mit anderen Messungen
erlaubt es uns dieser Effekt daher, die Interaktion zwischen der dunklen Materie
und den Baryonen im Galaxienhaufen zu untersuchen. Bei unserer Arbeit
konzentrierten wir uns auf den Galaxienhaufen MACS J1149.5+2223, um ein robustes
Modell für die Gesamtmasse über einen großen Bereich von Entfernungen hinweg zu
erhalten.
Der Galaxienhaufen MACS J1149.5+2223 (bei einer Rotverschiebung von 0,544) wurde
zunächst durch die "Massive Cluster"-Studie entdeckt und wirkt als starke
Gravitationslinse für mindestens fünf Galaxien (mit Rotverschiebungen zwischen
1,4 und 3,0), die auf mehr als 15 verschiedene Bilder abgebildet werden. Eine
der gelinsten Galaxien ist eine eindrucksvolle, dreifach abgebildete
Spiralgalaxie, die zusätzlich von zwei Haufengalaxien in zwei Einstein-Ringe
abgebildet wird (siehe Abbildung 1).
Bisherige Gravitationslinsenmodelle dieses Galaxienhaufens basierten auf der
Rekonstruktion einer relativ begrenzten Anzahl der Bildpositionen einiger
mehrfach abgebildeter heller Klumpen und auf einfachen Skalierungsrelationen für
den Beitrag einzelner Haufengalaxien zum Linsensignal. Aufgrund dieser
Einschränkungen wurden viele Details dieses Linsensystems nur ungenau
reproduziert.
In unserer Arbeit verwenden wir stattdessen eine differenziertere
Vorgehensweise. Wir modellieren alle fünf Haufengalaxien im Haufenzentrum, die
nahe an gelinsten Bildern liegen, und verwenden hierfür individuelle
Massenprofile. Bei den gelinsten Hintergrundgalaxien identifizieren wir doppelt
so viele wichtige Punkte die das Modell einschränken wie bei früheren Modellen.
Unsere fortschrittliche Technik zur Linsenmodellierung nutzt nicht nur
Informationen über die Position der Mehrfachbilder, sondern auch deren gesamte
Oberflächenhelligkeitsverteilung.
Die einzigartige Konfiguration dieses Linsensystem erlaubt es uns, insbesondere
die Oberflächenhelligkeitsverteilung der großen zentralen Spiralgalaxie im
Detail zu rekonstruieren. Darüber hinaus waren wir in der Lage, die
Massenprofile für mehrere einzelne Haufengalaxien zu messen und das gesamte
Massenprofil des Galaxienhaufens von seinem Zentrum bis hin zu einer Entfernung
von 33 Bogensekunden von der hellsten Haufengalaxie (von 8 bis 80 kiloparsec) zu
bestimmen.
Unser Modell zeigt einen ausgedehnten Kern (ca. 12 Bogensekunden) bei der
Verteilung der dunklen Materie im Galaxienhaufen. Es zeigt außerdem, dass das
gesamte Massenprofil im Zentrum von der hellsten Haufengalaxie dominiert wird.
Die daraus ermittelte Steigung des dunklen-Materie-Profils von MACS J1149.5+2223
ist daher flacher als das Profil, das aufgrund von Simulationen mit rein kalter
dunkler Materie (das Navarro, Frenk and White-Profil) erwartet wird. Dies deutet
darauf hin, dass die Baryonen im Haufenzentrum die Verteilung der Dunklen
Materie beeinflusst haben.
Stefan Rau, Simona Vegetti und Simon White.
References:
Lensing model of MACS J1149.5+2223, I. Cluster mass reconstruction
Rau S., Vegetti S., White S. D. M.
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 2014; 443:957-968, July 17,
2014
paper at arxiv
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