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Astronomische Beobachtungen der chemischen Elemente schwerer als
Lithium (die in der Astrophysik einfach als "Metalle" bezeichnet
werden) können uns eine Menge darüber verraten, wie Galaxien
entstehen. So korreliert zum Beispiel die Gesamtmenge der Metalle im
interstellaren Gas einer Galaxie mit der Gesamtzahl der gebildeten
Sterne. Auch geht man davon aus, dass das Verhältnis von Sauerstoff zu
Eisen in den Sternen (bekannt als Sauerstoff-Anreicherung oder einfach
[O/Fe]) sich wie eine galaktische Uhr verhält und uns verrät, wie
schnell eine Galaxie gewachsen ist. Galaxien mit hoher
Sauerstoff-Anreicherung sollten ihre Sterne schnell gebildet haben,
bevor das Gas, aus dem neue Sterne entstehen, mit Eisen aus Supernovae
vom Typ Ia (SNe-Ia) verunreinigt wurde. Dagegen sollten Galaxien mit
niedriger Sauerstoff-Anreicherung ihre Sterne über einen längeren
Zeitraum gebildet haben, wobei die jüngsten Sterne eine große Menge an
SNe-Ia produziertem Eisen enthalten.
Doch trotz diesem einfachen theoretischen Bild ist es detaillierten
Modellen zur Galaxienentwicklung bisher nicht gelungen, die komplexen
chemischen Muster, die in verschiedenen Typen von Galaxien beobachtet
werden, in einem Aufwasch zu reproduzieren. Insbesondere können die
Metallhäufigkeiten aus den Photosphären der Sterne in der Milchstraße
und diejenigen aus integrierten Populationen alter Sterne in
elliptischen Galaxien nur dann gleichzeitig reproduziert werden, wenn
man bestimmte physikalische Prozesse einbezieht, die nicht Teil
unseres kanonischen Verständnisses der Galaxienentwicklung sind.
Seit 2010 arbeitet ein Team von Wissenschaftlern vom MPA und der
University of Sussex an einem Projekt, um die chemischen Eigenschaften
in diesen sehr unterschiedlichen Regionen des Kosmos in Einklang zu
bringen. Mit ihrem neuesten semi-analytischen Modell und einer
aktuellen Implementierung für die Metallanreicherung von Galaxien
durch Sterne konnte das Team sowohl die chemischen Eigenschaften des
Gases in nahen Galaxien mit aktiver Sternentstehung reproduzieren, als
auch von sonnenähnlichen Sternen in der Milchstraße und von alten
Sternen in elliptischen Galaxien. Entscheidend ist hierbei, dass dies
gleichzeitig möglich war und zwar ohne eine radikale Abkehr vom
Standardbild der Galaxienentwicklung, das in anderen Bereichen der
Astrophysik so viel Erfolg hat.
Unsere Galaxie, die Milchstraße, enthält etwa 300 Milliarden Sterne
mit verschiedenen chemischen Eigenschaften, angefangen von alten,
Metall-armen Sternen bis zu jungen, Metall-reichen Sternen (siehe
Abbildung 1). Simulationen vom Verhältnis zwischen Eisenhäufigkeit und
Sauerstoff-Anreicherung für sonnenähnliche Sterne in einer Probe von
simulierten Milchstraßen zeigen eine gute Übereinstimmung mit den
Werten, die in den Photosphären von realen Sternen in der Milchstraße
beobachtet werden (siehe Abbildung 2). Dies zeigt, dass das Modell die
chemische Entwicklung der Milchstraße in den letzten 13 Milliarden
Jahren richtig nachstellt.
Das gleiche Modell, mit den gleichen Annahmen über die physikalischen
Vorgänge in Galaxien, kann dann auch die chemischen Entwicklungen in
elliptischen Galaxien unterschiedlicher Massen reproduzieren. Im
realen Universum haben die meisten massereichen elliptischen Galaxien
(siehe zum Beispiel die Galaxie in der Mitte von Abbildung 3) einen
höheren Sauerstoffgehalt als masseärmere Ellipsen (siehe z. B. die
Galaxie in Abbildung 3 oben rechts). In unserem Modell finden wir die
gleiche Korrelation zwischen Masse und Sauerstoff-Anreicherung.
Und das exakt aus dem Grund, aus dem wir es auch erwarten: massereiche
Ellipsen haben ihre Sterne schnell gebildet (bevor Eisen in
beträchtlicher Menge hergestellt wird), während massearme elliptische
Galaxien ihre Sterne über eine längere Zeit bilden (und so mehr Eisen
enthalten). Dieses Ergebnis ist ein großer Erfolg an und für sich, da
die Beziehung zwischen Masse, Alter und Chemie der Ellipsen im Modell
ähnlich ist zu der, die tatsächlich beobachtet wird, ohne dass größere
Änderungen am Standardmodell der Galaxienbildung nötig wären.
Aber was ist jetzt anders an diesem neuen Modell, um diese Ergebnisse
erzielen zu können? Das Team geht davon aus, dass die springenden
Punkte hierbei sowohl die Annahmen über die verschiedenen Metalle
sind, die durch unterschiedliche Sterne ausgestoßen werden, als auch
die Lebensdauer der SN-Ia-Vorläufer. In dem neuen Modell wird die
Metallproduktion in Abhängigkeit von der Masse eines Sterns sowie
seiner Metallizität berechnet und außerdem auch der Massenverlust
durch stellare Winde vor der endgültigen Supernova-Explosion
berücksichtigt. Darüber hinaus sollten nicht mehr als die Hälfte der
SNe-Ia Vorläufersysteme innerhalb von 400 Millionen Jahren nach ihrer
Geburt explodieren, und nur etwa einer von tausend Sternen sollte als
SN-Ia enden. Keine dieser Bedingungen ist besonders umstritten und
wenn man sie mit den detaillierten semi-analytischen Modellen
kombiniert, erhält die Gruppe die oben beschriebenen Ergebnisse.
Doch dies ist noch nicht das Ende der Geschichte! Das Team arbeitet
nun daran, gleichzeitig die chemischen Eigenschaften von Objekten zu
reproduzieren, die sich an noch extremeren Enden des
Galaxien-Spektrums befinden. Diese Tests werden zeigen, ob ein und
dasselbe Modell sowohl die chemische Evolution von Zwerggalaxien mit
sehr geringer Masse als auch den Eisengehalt von heißem Gas rund um
die massereichsten Galaxienhaufen reproduzieren kann. Solche Tests
spielen auch eine wichtige Rolle bei der Überprüfung von neuen
Modellen für die Galaxienbildung und sollten uns noch mehr über die
wahre Natur der Galaxien in unserer kosmischen Nachbarschaft verraten.
Rob Yates und Guinevere Kauffmann
Referenzen:
Yates R. M., Henriques B., Thomas P. A., Kauffmann G., Johansson J., White S. D. M.,
2013, MNRAS, accepted
http://arxiv.org/pdf/1305.7231v1.pdf
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