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  Aktuelle Forschung :: August 2013 Zur Übersicht

Auf der Suche nach Typ Ia Supernovae-Vorläufern mit Material aus der Sternumgebung

Merkmale des Materials aus der unmittelbaren Sternumgebung in den Spektren von Typ Ia-Supernova könnten neues Licht auf die Vorläufer dieser kosmischen Explosionen werfen. Wissenschaftler am MPA haben nun hoch aufgelöste Spektren mehrerer Epochen von etwa einem Dutzend Supernova-Explosion vom Typ Ia untersucht und kommen zu dem vorläufigen Schluss, dass nur ein kleiner Anteil klare Hinweise darauf enthält, dass derartiges Material vorhanden ist - dies würde zu einem Vorläufersystem mit einem einzelnen weißen Zwerg passen.

Abb. 1: Künstlerische Darstellung von zwei allgemein akzeptierten Vorläufern für SN Ia:
Ein weißer Zwerg akkretiert Material von einem nicht entarteten Begleiter (oben).
© David A. Hardy / AstroArt.org.
Zwei weiße Zwerge bewegen sich spiralförmig aufeinander zu bis sie verschmelzen und emittieren dabei Gravitationswellen (unten).
© GSFC / D. Berry.

Abb. 2: Die Spektren von SN 2006X aus mehreren Epochen zeigen das zeitabhängige Verhalten, das als Signatur für CSM in der Nähe der explodierenden Weißen Zwergs interpretiert wird. Grafik von Patat et al. 2007 (doi: 10.1126/science.1143005).

Abb. 3: Spektren mehrerer Epochen von der Supernova SN 2008dt. Die beobachtete geringe Variabilität ist innerhalb des Rauschniveaus. Diese Beobachtungen stimmen mit einer Nicht-Detektion von zeitabhängigen Effekten überein und damit gibt es kein Anzeichen für CSM entlang der Sichtlinie zu diesem Ereignis. (Adaptiert von Sternberg et al. 2013)

Typ Ia Supernovae (SN Ia) sind sehr helle Explosionen, die als Standardkerzen verwendet werden, um Entfernungen auf kosmischen Skalen zu messen. Diese Messungen können dann unter anderem dazu verwendet werden, um die Geschichte der Expansion des Universums zu rekonstruieren. Würde man die genaue Natur der Vorläufer dieser Ereignisse besser kennen, so könnte man sie besser standardisieren und so eine genauere Rekonstruktion erhalten. Darüber hinaus gehen die Astronomen davon aus, dass SN Ia das Endprodukt von Binärsystemen sind. Ein besseres Verständnis ihrer Vorläufer wird uns helfen, die Entwicklung und das Ende von bestimmten binären Sternen besser zu verstehen. Daher ist die Natur der SN Ia-Vorläufer eine wichtige offene Frage, die noch auf eine Antwort wartet.

Die meisten Astronomen stimmen darin überein, dass eine SN Ia auf die Explosion eines Weißen Zwergsterns mit einem Kohlenstoff-Sauerstoff-Gemisch im Innern zurückgeht. Damit ein weißer Zwerg explodiert, muss er zusätzliches Material ansammeln, wodurch Kohlenstoff-Brennen ausgelöst wird. Aufgrund des entarteten Materiezustands im Weißen Zwerg führt dies zu einer Kettenreaktion, die genug Energie erzeugt, um den Weißen Zwerg total zu zerstören. Bei den beiden führenden Modellen für den Vorläufern dieser Explosionen gibt es entweder einen entarteten Stern, bei dem Material von einem nicht-entarteten Begleiter auf den Weißen Zwerg übertragen wird (einfach entartetes Modell, Abb. 1 oben), oder zwei weiße Zwerge, die miteinander verschmelzen (doppelt entartetes Modell, Abb. 1 unten).

Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden Szenarien ist die Umgebung, in der der Weiße Zwerg explodiert. Beim einfach entarteten Modell ist der Weiße Zwerg von Material umgeben (CSM von engl. circumstellar material), das durch bestimmte Prozesse aus dem System ausgestoßen wurde. Dieses Material sollte mit relativ niedrigen Geschwindigkeiten ausströmen. Beim doppelt entarteten Szenario explodiert der Weiße Zwerg in einer saubereren Umgebung. Allerdings schlagen einige neuere Arbeiten vor, dass auch bei bestimmten doppelt entarteten Modellen CSM vorhanden sein könnte, dann aber mit deutlich höheren Geschwindigkeiten.

Der Nachweis von CSM in Typ Ia-Spektren kann damit dazu beitragen, die verschiedenen Vorläufer-Szenarien zu unterscheiden und macht es möglich, den Weg oder die Wege zu bestimmen, die zur binären Explosion führen. Somit stellt sich die Frage, wie sich das CSM manifestiert. Material in der unmittelbaren Umgebung des explodierenden weißen Zwergs sollte durch die bei der Explosion emittierte UV-Strahlung ionisiert werden. Im Laufe der Zeit sollte dieses Material wieder kombinieren und zurück in seinen vorherigen neutralen bzw. ionisierten Zustand übergehen. Daher erwarten wir bei Spektren kurz nach der Explosion wenig oder keine Merkmale von neutralen oder wenig ionisierten Niveaus; bei späteren Spektren erwarten wir dagegen, dass derartige Merkmale auftauchen bzw. sich intensivieren. Material, das zum Zeitpunkt der Explosion weiter entfernt ist, sollte nicht ionisiert werden; aufgrund der relativ geringen Geschwindigkeit, mit der es ausströmt, sollte es sich aber durch blau-verschobene Absorptionsmerkmale manifestieren. Für diese Suche ist neutrales Natrium ein ideales Element, da es eine starke Linie aufweist, auch wenn nur geringe Mengen an Natrium vorhanden sind.

Der erste weithin akzeptierte Nachweis von CSM in einer SN Ia gelang einer Gruppe um Ferdinando Patat von der ESO (Abb. 2) bei SN 2006X. Im Anschluss wurden zwei weitere Fälle mit Anzeichen von CSM gemeldet - SN 2007le und PTF11kx - und drei Ereignisse, bei denen derartiges Material nicht nachgewiesen werden konnte - SN 2000cx, SN 2007af und SN 20011fe. Dieses uneindeutige Resultat könnte (a) auf einen Blickwinkel-Effekt zurückzuführen sein, der dafür sorgt, dass das CSM nur in einem Teil der SN Ia sichbar ist, oder (b) zwei Klassen von Vorläufern - eine mit und eine ohne CSM; oder am wahrscheinlichsten eine Mischung aus beidem. Aufgrund der geringen Anzahl der bisherigen Messungen können keine belastbaren Aussagen getroffen werden. Um eindeutig zu sagen, wie häufig Fälle wie SN 2006X, SN 2007le und PTF11kx auftreten, ist eine größere Probe nötig. Mit einer größeren Stichprobe können darüber hinaus auch die Eigenschaften des CSM untersucht werden. Ein Nicht-Nachweis von CSM kann dazu verwendet werden, Obergrenzen für die CSM-Masse abzuschätzen. Damit können wir unwahrscheinliche Modelle ausschließen und die wahrscheinlichen Modelle besser eingrenzen.

Eine von Assaf Sternberg angeführte Gruppe hat nun gezeigt, dass SN Ia übermäßig viele Merkmale zeigen, die auf ausströmendes Material hinweisen. Es konnte gezeigt werden, dass dieser Überschuß mit CSM konsistent ist. Da diese Analyse allerdings auf Daten einer einzelnen Epoche beruhen, können damit keine Eigenschaften des CSM untersucht werden, da es unmöglich ist zu unterscheiden, welche Merkmale aus der unmittelbaren Sternumgebung stammen und welche aus dem interstellaren

In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern weltweit unternimmt die MPA-Gruppe nun den Versuch, hochaufgelöste spektroskopische Daten aus mehreren Epochen von SN Ia zu erhalten, um damit ein neues Licht auf die Vorläufer der SN Ia zu werfen. Bisher haben wir bereits hochaufgelöste Multi-Epochen-Spektren von 13 Supernovae Ia (Abb. 3) erhalten, und somit mehr als das Dreifache der bisherigen veröffentlichten Datensätze. Diese erweiterte Stichprobe zeigt, dass nur ca. 17% der SN Ia zeitlich veränderliche Absorptionsmerkmale aufweisen, die mit CSM verknüpft werden können. Doch auch wenn dies mit unseren anderen bereits veröffentlichten Arbeiten übereinstimmt, könnte sich das Ergebnis aufgrund der limitierten Größe unserer Stichprobe noch ändern. Darüber hinaus werden wir in einer zukünftigen Analyse Obergrenzen für die CSM-Masse abschätzen und versuchen bestimmte binäre Wege als Vorläufer für die Ereignisse in unserer Probe auszuschließen. Diese Resultate sind immer noch in Arbeit. Wir hoffen innerhalb der nächsten Jahre eine Stichprobengröße zu erreichen, die mit den Arbeiten von Sternberg et al aus einer einzelnen Epoche vergleichbar ist, und dass diese Analyse dabei hilft, eine Antwort auf die langjährige Frage nach Typ Ia Vorläufern zu finden.


Assaf Sternberg und Wolfgang Hillebrandt


Referenzen

Patat, F., Chandra, P., Chevalier, R., et al. 2007 Science, 317, 924

Simon, J. D., Gal-Yam, A., Gnat, O., et al. 2009, ApJ, 702, 1157

Dilday, B., Howell, D. A., Cenko, S. B., et al. 2012, Science, 337, 942

Sternberg, A., Gal-Yam, A., Simon, J. D., et al. 2011, Science, 333, 856

Sternberg, A., Patat, F., Hillebrandt, W., et al, 2013, in preperation



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Letzte Änderung: 2.8.2013