Ein neues Maß für den Ursprung von Typ Ia-Supernovae: Die Suche nach He II Rekombinationslinien in elliptischen Galaxien

Supernovae vom Typ Ia (SN Ia) haben sich als unschätzbare kosmische Wegweiser erwiesen, da sie die beschleunigte Ausdehnung des Universums aufzeigen. Diese enorm energiereichen Ereignisse treten auf, wenn ein Weißer Zwerg durch eine thermonukleare Explosion zerstört wird. Aber wie kommt es dazu? Diese Frage bleibt trotz großer Anstrengungen und Diskussionen weiter offen. Vor kurzem haben Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik nun einen neuen Test vorgeschlagen, der möglicherweise bald Licht auf dieses Rätsel werfen kann. Er sagt Strahlung mit eindeutigen Merkmalen voraus, die die wahrscheinlichen Vorläufersterne bereits lange vor der Supernova-Explosion aussenden.

Abb. 1: Künstlerische Darstellung eines akkretierenden Weißen Zwergsterns.
Copyright: David A. Hardy & PPARC

Abb. 2: Vorhersage für die gesamte Leuchtkraft der He II-Rekombinationslinie (bei 4686 Angstrom) für eine Starburst-Galaxie. Die Strahlung, die von der normalen Sternpopulation stammt, ist rot dargestellt; die Strahlung, die man durch Ionisation von einfach entarteten Supernova-Vorläufern erwartet, ist blau dargestellt. Die gesamte Strahlung aus beiden Quellen, die deutlich von den einfach entarteten Supernova-Vorläufern dominiert wird, ist schwarz eingezeichnet.

Derzeit gibt es zwei "Standard"-Modelle für die Vorläufer von SN Ia. Beim „einfach entarteten“ Szenario akkretiert ein Weißer Zwerg Materie von einem umkreisenden Begleitstern, bis sich genügend Masse angesammelt hat, so dass eine Explosion ausgelöst wird. Im „zweifach entarteten“ Szenario, gibt ein Doppelsternsystem aus zwei Weißen Zwergen aufgrund von Gravitationsstrahlung Drehimpuls ab, wodurch die beiden Sterne schließlich verschmelzen und eine Supernova-Explosion ausgelöst wird. Von der Beobachterseite aus gesehen besteht der deutlichste Unterschied zwischen den beiden Szenarien darin, dass beim einfach entarteten Szenario der akkretierende Weiße Zwerg eine beträchtliche Menge an Material durch stetiges nukleares Brennen verarbeiten muss. Dadurch wird das System zu einer sehr hellen Quelle von Röntgen-und extremer UV-Emission und zwar bis zu eine Million Jahre vor der Explosion.

Die naheliegende Möglichkeit zwischen den beiden Szenarien zu unterscheiden, besteht also darin, Beweise für die Existenz derart heißer Lichtquellen zu suchen, die dann die Tragfähigkeit des einfach entarteten Szenarios testen würde. In der Vergangenheit waren die Astronomen vor allem auf der Suche nach Röntgenemissionen, z.B. bei der integrierten Röntgenleuchtkraft naher Galaxien. Allerdings sagen einige Vorläufermodelle für SN Ia voraus, dass ein Großteil der Emission von akkretierenden Weißen Zwergen im extremen Ultraviolett ausgesandt werden könnte, wo es völlig von interstellarer Materie absorbiert wird. Ein idealer Test für die Anwesenheit einer signifikanten einfach entarteten Vorläuferpopulation müsste dieses Problem umgehen.

Statt diese möglichen Vorläufer direkt zu suchen, können wir stattdessen nach Hinweisen auf ihre Auswirkungen auf das interstellare Medium suchen. So könnte man beispielsweise nach der Signatur von Gas suchen, das durch solche Quellen ionisiert wird. In frühen Galaxien, bei denen sich keine neuen Sterne bilden, erwarten wir, dass nur Sterne aus dem nach-asymptotischen Riesenast eine bedeutende Quelle von ionisierender Strahlung sind - zumindest außerhalb des inneren galaktischen Kerns. Diese Sterne stecken wahrscheinlich hinter den nebelartigen Emissionslinienregionen, die jetzt in vielen elliptischen Galaxien gefunden wurden. Allerdings haben Tyrone Woods und Marat Gilfanov am MPA in einer aktuellen Arbeit nun gezeigt, dass - wenn das einfach entartete Szenario zutrifft - akkretierende weiße Zwerge den überwiegenden Anteil zu dem ionisierenden Hintergrund in solchen Galaxien betragen sollten, insbesondere für relativ junge Sternpopulationen. Dies gilt insbesondere für das ionisierende Kontinuum jenseits der zweiten Ionisationskante von Helium.

In einem gegebenen, strahlungsionisierten Nebel ist die gesamte Leuchtkraft, die in irgendeiner Rekombinationslinie emittiert wird, proportional zum Fluss der ionisierenden Photonen. Dies weist darauf hin, dass man das Vorhandensein eines signifikanten Beitrags von einfach entarteten Supernova-Vorläufern bestätigen oder stark einschränken kann, wenn man nach Rekombinationslinien von ionisiertem Helium in den Spektren von frühen Galaxien sucht.

Mit Hilfe von numerischen Simulationen, die mit der Photo-Ionisierung-Software MAPPINGS III gemacht wurden, kann die erwartete Leuchtkraft der He II 4686-Angstrom-Linie (der stärksten He II-Linie im Optischen) kann mit sinnvollen Annahmen über die Zusammensetzung und Verteilung des ionisierten Gases berechnet werden. Für eine 1 Milliarden Jahre alte Starburst-Galaxie erhöht sich die Leuchtkraft dieser Heliumlinie um fast 2 Größenordnungen (siehe Abb. 2), wenn man eine Population von akkretierenden Weißen Zwergen aus dem wahrscheinlichen einfach entarteten Szenario mit einbezieht.

Derzeit konnte noch keine solche Linie bei 4686 Angstrom in den ausgedehnten Emissionslinienregionen früher Galaxien nachgewiesen werden. Zum Teil liegt dies in der intrinsischen Schwäche dieser Linie begründet. Allerdings sollte eine derartige Linie durch die laufenden Himmelsdurchmusterungen mit Integral-Field-Spektroskopen wie CALIFA oder durch eine Stack-Analyse der verfügbaren SDSS-Galaxienspektren nachweisbar sein, sofern es eine große Population von akkretierenden weißen Zwergen in frühen Galaxien gibt, die eine Phase des nuklearen Brennens durchlaufen - im Einklang mit dem einfach entarteten Szenario.

Für solch junge Galaxien nach der Starburst-Phase könnte eine obere Grenze für die Leuchtkraft der 4686-Angstrom-Linie die Anwesenheit einer Sternpopulation mit hohen Temperaturen, die mit dem einfach entarteten Szenario konsistent sind, ausschließen. Daher hoffen die Wissenschaftler am MPA, dass die Supernova-Forscher in naher Zukunft die He II-Rekombinationslinien in frühen Galaxien sicher nachweisen oder zumindest belastbare Obergrenzen dafür angeben können.


Tyrone Woods und Marat Gilfanov


Referenzen

Gilfanov M., Bogdan. A., 2010, Nature, 463, 924

Sarzi M., Shields J. C., Schawinski K. e. a., 2010, Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 402, 2187

Woods, T. E., & Gilfanov, M. 2013, Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 1254

Groves, B. A., Dopita, M. A., & Sutherland, R. S. 2004, Astrophysical Journal Supplements, 153, 9

Groves, B. A., Dopita, M. A., & Sutherland, R. S. 2004, Astrophysical Journal Supplements, 153, 9