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Neutronensterne sind die Überreste gewaltiger Supernovaexplosionen
(Abb. 1) und die kompaktesten Sterne im Universum. Ihre Masse von ein
bis drei Sonnenmassen verdichtet sich unter dem Einfluss ihrer
eigenen Gravitation zu einer fast perfekten Kugel von ca. 10 km
Radius. Die Dichte im Inneren eines Neutronensterns übersteigt sogar
die eines Atomkerns. Diese Bedingungen können auf der Erde nicht
erzeugt werden. Um unsere Kenntnisse über die Materie und die
Wechselwirkungen zwischen den kleinsten Materiebestandteilen wie
Neutronen, Protonen, Elektronen aber auch Myonen, Hyperonen und Quarks
verbessern zu können, müssen wir den Aufbau von Neutronensternen
verstehen (Abb.2). Dabei spielt eine spezielle Klasse von
Neutronensternen, die sogenannten Magnetare, eine besondere Rolle.
Magnetare sind die stärksten Magnete im Universum. Man schätzt, dass
die Magnetfelder an ihrer Oberfläche Werte von bis zu einigen 1015
Gauss erreichen, womit sie etwa 100 Milliarden mal stärker wären als
die stärksten Magnetfelder auf der Sonnenoberfläche (von denen auf der
Erde ganz zu schweigen). Von Zeit zu Zeit zeigen Magnetare gigantische
Gammastrahlenausbrüche, die auf eine katastrophale Reorganisation
ihres Magnetfeldes zurückgeführt werden. Während dieser Ausbrüche
beobachteten Astronomen im Röntgenspektrum der Magnetare eine Anzahl
von diskreten Frequenzen, die nach dem gängigen Modell von
Schwingungen des Sterns selbst stammen. Diese Beobachtungen wären
demnach der erste Nachweis von Schwingungen in Neutronensternen. Damit
könnte man, analog zur Seismologie auf der Erde oder Helioseismologie
auf der Sonne, den Aufbau von Neutronensternen mittels
Asteroseismologie untersuchen.
Die beobachteten Frequenzen passen in ihren Größenordnungen sehr gut
zu torsionalen, elastischen Scherschwingungen der Kruste von
Neutronensternen. Da die genauen Schwingungsfrequenzen direkt von den
Eigenschaften der Materie in der Kruste abhängen, kann man durch diese
Frequenzen etwas über die Materie der Kruste erfahren. Aber nicht alle
Schwingungen lassen sich als Scherschwingungen erklären. Auch die
Frequenzen der vom Magnetfeld verursachten Alfvénschwingungen liegen
für Magnetfelder von 1014 bis einige 1015 Gauss im beobachteten
Frequenzbereich. Diese Alfvénschwingungen sind nicht nur auf die feste
Kruste beschränkt, sondern liefern auch Informationen über die
Zusammensetzung des flüssigen Kerns des Neutronensterns.
In seiner Promotionsarbeit am Max-Planck-Institut für Astrophysik
entwickelte Michael Gabler zusammen mit Kollegen an anderen Instituten
ein Modell, das diese beiden Schwingungsarten miteinander koppelt. Die
Eigenschaften des gekoppelten Systems können so mittels
relativistischer magneto-hydrodynamischer Computersimulationen
untersucht werden. Dabei stellte sich heraus, dass die Stärke der
Kopplung und die resultierenden magneto-elastischen Schwingungen von
der Magnetfeldstärke abhängen: Für schwache Magnetfelder dominieren
die Scherschwingungen in der Kruste und für starke Felder die
Alfvénschwingungen. Für die interessanten Magnetfelder von ca. 1015
Gauss werden die rein elastischen Krustenschwingungen sehr effektiv
von den Alfvénschwingungen des Kerns absorbiert . Daher kommen zur
Erklärung der Beobachtungen nur gekoppelte (d.h. magneto-elastische)
Schwingungen in Betracht, deren Frequenzen gut mit den beobachteten
Werten übereinstimmen.
Um die Schwingungen beobachten zu können, müssen sie die Intensität
der vom Neutronenstern emittierten elektromagnetischen Strahlung
modulieren. Ein Modell (Abb.3) beschreibt hierbei die Kopplung des
Magnetfeldes im Sterninneren an das Feld der Magnetosphäre in der
Umgebung des Sterns. Infolge der Kopplung schwingt auch das externe
Magnetfeld, wodurch sehr starke elektrische Ströme in der
Magnetosphäre induziert werden. Vom Stern oder Gammablitz ausgehende
Photonen werden an den elektrischen Ladungsträgern (Elektronen und
Positronen) dieser Ströme gestreut. Diese resonante Zyklotronstreuung
ist sehr effektiv und kann die beobachtete Modulation der harten
Röntgenstrahlung erklären, wie Monte-Carlo Rechnungen zeigten. Die
Röntgen- bzw. Gammaspektren, die mit dem
Kern-Kruste-Magnetosphären-Modell berechnet wurden, können sich für
die Planung neuer Röntgenobservatorien als sehr nützlich erweisen.
Anmerkung
Für seine Doktorarbeit „Coupled core-crust-magnetosphere
oscillations of magnetars“ erhielt Michael Gabler den PhD-Preis 2012
des Exzellenzclusters Universums in der Kategorie „Theorie“.
Michael Gabler und Ewald Müller
Referenzen
Doktorarbeit, Michael Gabler, TU München, Nov. 2011
Gabler, M., Cerdá-Durán, P., Font, J.A., Müller, E., Stergioulas, N;
akzeptiert von MNRAS ,
arXiv:1208.6443
Gabler, M., Cerdá-Durán, P., ,Stergioulas, N, Font, J.A., Müller, E.;
MNRAS 2012, 411,
arXiv:1109.6233
Gabler, M., Cerdá-Durán, P., Font, J.A., Müller, E., Stergioulas, N.;
MNRAS 2011, 410L,
arXiv:1007.0856
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