Planck-Karten der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung testen die fundamentale Symmetrie der Raum-Zeit während der kosmischen Inflationsphase

Mit Hilfe der Temperatur-Anisotropien, die man in Karten der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung (CMB) findet, können Astrophysiker die fundamentale Symmetrie der Raum-Zeit testen und zwar während einer kurzen Zeitspanne im sehr frühen Universum, die "kosmische Inflation" genannt wird. Wird die Rotationssymmetrie (statistische Isotropie) während dieser Zeit verletzt, prägt dies den Temperatur-Korrelationen von zwei Punkten im Weltall eine bestimmte Signatur auf. Mit den Temperatur-Daten der Planck-Mission, die im Jahr 2013 veröffentlicht wurden, können wir die engsten Einschränkungen für eine Verletzung der Rotationssymmetrie im frühen Universum bestimmen, die es je gab, wenn die bekannten Effekte des Planck-Sichtstrahls und der galaktischen Vordergrundstrahlung berücksichtigt wurden, die ebenfalls zu einer Asymmetrie führen.

Abb. 1: Diese Bilder zeigen, an welchen Orten eine bevorzugte Richtung am Himmel am wahrscheinlichsten ist, in Galaktischen Koordinaten ohne Korrektur für die Sichtstrahl-Asymmetrie (oben) und mit Korrektur (unten). Das obere Bild zeigt einen signifikanten Nachweis für eine bevorzugte Richtung zu den galaktischen Polen hin (rot eingezeichnet); das untere Bild zeigt keinen Hinweis auf eine bevorzugte Richtung.

Abb. 2: Die Wahrscheinlichkeit (Likelihood) für die Größe der Quadrupol- Modulation aus den Planck- CMB-Temperatur-Daten: ohne Sichtstrahl-Asymmetrie- Korrektur (schwarz) und mit Korrektur (rot).

Zu Beginn des Universums, kurz nach seiner Geburt aber vor dem Urknall, als das Universum heiß wurde, dehnte sich unser Kosmos während einer sehr kurzen Zeitspanne exponentiell aus – dies wird als kosmische Inflation bezeichnet. Dieser Prozess ist ein unverzichtbarer Baustein im Standardmodell des Universums, allerdings wissen wir noch nicht, welcher physikalische Mechanismus diese Inflation auslöste.

Das Standardszenario der Inflation wird nahezu von einer de-Sitter-Raumzeit beschrieben. In diesem Rahmen gibt es zehn isometrische Transformationen, d.h. Transformationen bei denen die Entfernung zweier Punkte erhalten bleibt: drei räumliche Verschiebungen; drei räumliche Drehungen; eine Zeitverschiebung, die durch eine räumliche Ausdehnung begleitet wird; und drei weitere Isometrien, die sich auf spezielle konforme Transformationen reduzieren, wenn die Zeit gegen unendlich geht.

Da sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit notwendigerweise ändert (weil die Inflation endet), bricht dies die Zeit-Symmetrie und damit die räumliche Ausdehnungssymmetrie. Hierdurch ergibt sich eine obere Grenze, wie stark das Universum von der Ausdehnungsinvarianz abweicht. In Bezug auf die Beobachtungen würde eine solche Ausdehnungsinvarianz exakt skaleninvariante Fluktuationen in der Frühzeit des Universums ergeben – allerdings wurde in den CMB-Daten von Planck eine geringe Abweichung davon mit mehr als 5-Sigma-Signifikanz nachgewiesen.

Im üblichen Inflationsmodell bleiben sechs der zehn Isometrien ungebrochen: Verschiebungen und Drehungen. Aber warum sind diese ungebrochen, während die anderen gebrochen werden? Tatsächlich entstehen geringe Abweichungen von der Rotationssymmetrie naturgemäß in "anisotropen Inflationsmodellen", bei denen ein skalares Feld an ein Vektorfeld gekoppelt ist. Eine Verletzung der Rotationssymmetrie tritt auch auf bei sehr langwelligen Störungen auf Skalen jenseits des Horizonts, die mit kurzwelligen Störungen gekoppelt sind. Außerdem war das vorinflationäre Universum wahrscheinlich sehr chaotisch und stark anisotrop; ein Überbleibsel dieser vorinflationären Anisotropie könnte noch nachweisbar sein. Diese Modelle führen zu einer Quadrupol-Modulation der ursprünglichen Zwei-Punkt-Korrelationsfunktion, deren Ausmaß durch g* parametrisiert wird. Ist g* von Null verschieden, so zeigt die Stärke der Zwei-Punkt-Korrelationsfunktion eine Abhängigkeit von dem Winkel zwischen der Linie zwischen zwei Punkten und einer bevorzugte Richtung im Raum.

Wir testeten die Rotationssymmetrie, indem wir nach einer solchen bevorzugten Richtung mit Hilfe der Zwei-Punkt-Korrelationsfunktion der primordialen Fluktuationen suchten. Genauer gesagt untersuchten wir die CMB-Anisotropie, die linear mit den primordialen Fluktuationen zusammenhängt. Für unsere Analyse untersuchten wir CMB-Temperaturdaten der Planck-Mission, die 2013 veröffentlicht wurden und im Planck-Legacy-Archiv öffentlich zugänglich sind. Als wichtigsten "CMB-Kanal" verwenden wir die Karte bei 143 GHz, weil bei dieser Frequenz die Kontamination von Synchrotronstrahlung, Bremsstrahlung und Staubemissionen unserer eigenen Galaxie schwächer ist als bei anderen, höheren Frequenz-Kanälen. Zur weiteren Reduktion der diffusen galaktischen Emission bestimmten wir Masken/Templates für die 143 GHz-Karte und entfernten diese anschließend von der Karte. Diese Vordergrundmasken werden erzeugt, indem eine Frequenzkarte von der Karte bei einer benachbarten Frequenz subtrahiert wird – ähnlich dem "SEVEM"-Verfahren der Planck-Kollaboration.

Bei dieser vorläufigen Analyse konnten wir deutlich eine quadrupolare Modulation des CMB-Leistungsspektrum nachweisen (g* = -0,116 +/- 0,014 mit 68 % Konfidenzniveau) mit einer Richtung nahe dem Ekliptik-Pol. Dies wird in Abb. 1a gezeigt.

Es gibt aber noch einen anderen Effekt, der eine Asymmetrie verursacht. Der Sichtstrahl von Planck ist bei 143 GHz nicht kreisförmig, sondern elliptisch, die Ausrichtung der großen Halbachse ist parallel zur Scan-Richtung von Planck und liegt ungefähr entlang der Ekliptik-Längengrade. Dies bedeutet, dass die Strahlen entlang der Ekliptik-Längengrade breiter sind; damit misst der Planck-Satellit entlang der Nord-Süd-Richtung der Ekliptik ein kleineres Leistungsspektrum als in Ost-West-Richtung. In den Daten ergibt sich daraus eine Quadrupolmodulation der Leistung (mit g* < 0).

Nachdem wir die Wirkung dieser Sichtstrahl-Asymmetrie quantifizierten und entfernten, verschwindet die Rotationsasymmetrie des CMB im Wesentlichen (g* = 0,002 +/- 0,016 mit 68 % Konfidenzniveau). In Abbildung 1b zeigen wir die wahrscheinlichen Positionen einer bevorzugten Richtung bei Berücksichtigung der Sichtstrahl-Asymmetrie und Abbildung 2 zeigt die Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Stärke der Quadrupol-Modulation ohne und mit Korrektur der Sichtstrahl- Asymmetrie. Nach Berücksichtigung der Sichtstrahl-Asymmetrie ist die Wahrscheinlichkeit bei Null am größten.

In einem letzten Schritt testeten wir die Wirkung der galaktischen Vordergrundemission auf unsere Messung von g*. Wenn wir die Rohdaten bei 143 GHz verwenden, also ohne Bereinigung des Vordergrundes, so finden wir eine signifikante Anisotropie sowohl vor als auch nach der Korrektur für die Sichtstrahl-Asymmetrie (g* = 0,305 bzw. 0,295 +/- 0,015). Die Richtung liegt in diesem Fall in der Nähe des galaktischen Pols. Damit spielt die Vordergrund-Reduktion eine wichtige Rolle dabei, die künstliche Anisotropie in den Daten verschwinden zu lassen.

Zusammengefasst können wir sagen, dass wir nach dem Entfernen der Effekte aufgrund des asymmetrischen Sichtstrahles von Planck und der galaktischen Vordergrundemission keinen Beweis für irgendeine Rotationsasymmetrie im frühen Universum finden, die durch anisotrope Inflationsmodelle vorhergesagt würde. Unsere Grenze (weniger als 2%) liefert den bislang besten Test für die Rotationssymmetrie während der Inflation.


Jaiseung Kim und Eiichiro Komatsu