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Weniger als 1 % aller entstehender Sterne erreichen eine Masse von
mehr als 8 Sonnenmassen, bevor die Kernfusion in ihrem Inneren beginnt
und sie anfangen zu leuchten. Leben und Tod eines solchen massereichen
Sterns ist deutlich aufregender als bei massearmen Sternen, wie zum
Beispiel der Sonne. Zu Lebzeiten verändert der massereiche Stern durch
intensive UV Strahlung und einen schnellen, stellaren Windes das
umgebende interstellare Medium, welches aus kaltem (10 Kelvin),
molekularen Gas besteht. Die emittierte UV Strahlung ionisiert die
umgebende Molekülwolke und heizt sie dadurch auf 10,000 Kelvin wodurch
eine sogenannte HII Region entsteht. Die heiße, ionisierte Blase dehnt
sich immer weiter in die kalte Umgebung aus wobei mehr und mehr kaltes
Gas aufgesammelt wird aus dem sich neue Sterne bilden können. Nach nur
wenigen Millionen Jahren explodiert ein massereicher Stern als
Supernova Typ II. Bei dieser Explosion wird enorm viel Energie
freigesetzt wodurch das umgebende Gas auf bis zu 100 Millionen Kelvin
geheizt und teilweise stark beschleunigt wird. Obwohl massereiche
Sterne selten sind, beeinflussen sie die Entstehung und Entwicklung
einer Galaxie maßgeblich. Sie sind die Hauptquelle stellarer Feedback
Energie und somit in der Lage Molekülwolken von innen heraus zu
zerstören. Dadurch regulieren sie die Sternentstehung in einer Galaxie
und können sogar Gas in großskaligen, galaktischen Winden aus der
Galaxie blasen.
Mittels hochaufgelöster, drei-dimensionaler Computersimulationen
untersuchen Wissenschaftler am MPA die Zerstörung von Molekülwolken
durch ionisierende UV Strahlung (siehe Abb. 1) sowie durch Supernova
Explosionen massereicher Sterne (siehe Abb. 2). Sie zeigen, dass
relativ leichte Molekülwolken mit einer Masse von 10,000 Sonnenmassen
schon durch die ionisierende Strahlung auseinandergeblasen werden
können. Dies geschieht bevor der Stern als Supernova
explodiert. Schwerere Wolken erfordern jedoch drastischere Ma\ss
nahmen. Obwohl die ionisierende Strahlung auch hier eine wichtige
Rolle spielt, können Wolken mit 100,000 bis 1 Million Sonnenmassen nur
durch Supernova Explosionen zerstört werden. Um das stellare Feedback
korrekt zu modellieren, müssen komplexe, nicht-lineare Kühlprozesse im
interstellaren Medium berücksichtigt werden. Diese sorgen dafür, dass
die Supernova viel effizienter auf das umgebende Medium einwirkt, wenn
die Explosion in einer vor-ionisierten HII Region mit niedriger Dichte
stattfindet. Die Wissenschaftler quantifizieren diesen Effekt, indem
sie Simulationen von Supernovae in Wolken mit und ohne vorherige
Ionisation stattfinden lassen. Dabei stellt sich heraus, dass Modelle
welche die intrinsische Ionisation und die Kühlung des interstellaren
Gases in Betracht ziehen, Ergebnisse liefern, welche der ausführlich
behandelten Sedov Lösung erstaunlich nahe kommen. Die Sedov Lösung
beschreibt den idealisierten Fall ohne Strahlungskühlung des
interstellaren Gases. Dieses Ergebnis ist essentiell um den Einfluss
von Feedback im interstellaren Medium korrekt abschätzen zu können.
Zu verstehen wie sich dieses Feedback über mehr als 6 Größenordnungen
- von der milli-Parsec Skala auf welcher massereiche Sterne entstehen
bis hin zu galaktischen Skalen von mehreren kilo-Parsec - fortpflanzt
ist ein sehr anspruchsvolles numerisches Unterfangen. Durch den
Zuspruch von mehr als 40 Millionen CPU Stunden auf dem neuen 3
Petaflop Supercomputer SuperMuc, welcher kürzlich vom
Leibniz-Rechenzentrum Garching eingeweiht wurde, ist das Team nun
bereit die Berechnung extrem hochaufgelöster Simulationen des gesamten
Lebenszyklus von Molekülwolken (SILCC Projekt) durchzuführen und damit
einen neuen Meilenstein zu setzen.
SuperMUC
ist momentan Europas
schnellster Supercomputer und derzeit Nummer 4 im uns bekannten
Universum. Das SILCC Projekt (Abb. 3) untersucht den Einfluss
massereicher Sterne, von der Entstehung von Molekülwolken, über
Kollaps, Sternentstehung und Feedback, bis hin zum Ausstoß des Gases
aus der galaktischen Scheibe.
Die komplexen, dreidimensionalen Simulationen beinhalten eine solche
Vielzahl an wichtigen physikalischen Prozessen, wie sie bis heute noch
nie in ein und derselben Computersimulation berücksichtigt wurden. Aus
diesem Grund kann das Team jetzt herausfinden wie das Feedback von
massereichen Sternen die Sternentstehungseffizienz in Galaxien
reguliert.
Stefanie Walch, Thorsten Naab
Originalveröffentlichung:
Walch, S.K.; Whitworth, A.P.; Bisbas, T.; Wünsch, R., Hubber, D.,
"Dispersal of molecular clouds by ionising radiation",
accepted for publication in MNRAS (2012);
arXiv1206.6492
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