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Abb. 1:
Diese Abbildung zeigt drei Bahnen um das supermassereiche Schwarze
Loch im Zentrum unserer Milchstraße (markiert durch das schwarze
Kreuz). Die rote Kurve zeigt die Bahn des hellen Hauptteils der
Gaswolke, die aus den Beobachtungen bestimmt wurde. Hier wird diese
Komponente als Teil einer Nova-Explosion interpretiert, der quer zu
unserer Blickrichtung ausgeworfen wurde und für uns in Projektion auf
den Himmel am hellsten erscheint. Blau ist die Bahn des zweithellsten
sichtbaren Teils, der in entgegengesetzter Richtung ausgeworfen wurde,
und damit den „Schwanz“ der Gaswolke bildet. Schwarz ist die Bahn des
Novasystems selbst, das etwa im Jahr 2000 ausbrach. Die gestrichelte
Linie zeigt die Schnittlinie zwischen der Ebene der drei Bahnen und
der Himmelsebene, die nahezu senkrecht zur Bahnebene steht. Dieser
große Winkel ist die Ursache für das bemerkenswerte Erscheinungsbild
der Gaswolke.
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Abb. 2:
Diese Aufnahme mit dem Hubble-Weltraumteleskop zeigt die Hülle der
Nova Cygni 1992, der hellsten Nova in der jüngeren Geschichte. Man
erkennt eine ringförmige, klumpige Struktur, die durch die Projektion
leicht elliptisch erscheint.
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Es war eine große Überraschung, als kürzlich Astronomen des
Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik eine Aufsehen
erregende Entdeckung machten: Die Beobachter fanden im fern-infraroten
Licht eine Gaswolke, die nahezu geradlinig auf das supermassereiche
Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße zufällt. In den nächsten
Jahren wird diese Wolke durch die Gezeitenkräfte zerrissen werden und
schließlich vom Schwarzen Loch verschluckt werden, was zu stark
erhöhter Röntgenstrahlung führen wird.
Doch woher kommt diese Wolke und was kann man daraus in Bezug auf die
unmittelbare Umgebung des supermassereichen Schwarzen Loches lernen?
Eine Reihe von Ideen wurde gleich diskutiert. Wissenschaftler am
Max-Planck-Institut für Astrophysik machen nun einen neuen
interessanten Vorschlag: Es könnte sich um die Explosion einer Nova
vor etwa 12 Jahren nahe dem Zentrum der Milchstraße handeln.
Novaausbrüche ereignen sich in engen Doppelsternsystemen, bei denen
ein sehr kompakter Weißer-Zwerg-Stern Masse von einem normalen
massearmen Begleitstern aufsammelt. Erreicht die Menge des stark
komprimierten und erhitzten Materials an der Oberfläche des Weißen
Zwerges eine kritische Grenze, setzt eine thermonukleare Explosion
ein, deren Energie einen wesentlichen Teil des angesammelten
Materials in Form einer expandierenden Hülle mit hoher Geschwindigkeit
auswirft. Die Form der expandierenden Hülle ist von Nova zu Nova
unterschiedlich, einige sind kugelförmig, andere zeigen eine deutliche
Ringstruktur, wie etwa Nova Cygni 1992 (Abb. 2).
Den Wissenschaftlern fiel auf, dass die Masse derartiger Novaausbrüche
(etwa 1/100000 Sonnenmasse), ihre Geschwindigkeit (in der
Größenordnung von 1000km/s) und das Vorhandensein von Staub
überraschenderweise gut zu den Eigenschaften der beobachteten Gaswolke
passen. Auf den langwelligen Infrarotbildern der Wolke kann man neben
der diffusen Strahlung ein besonders helles Areal sehen, sowie ein
zweites nicht ganz so helles und etwas ausgedehnteres Gebiet. Diese
beiden Bereichen wurden von den Beobachtern als "Hauptteil" und
"Schwanz" bezeichnet.
Nun hat eine ringförmige Nova-Hülle aus durchsichtigem, leuchtendem
Gas eine bemerkenswerte Eigenschaft: Unter einem großen Winkel
gesehen, erscheint sie quasi wie eine stark in einer Richtung
zusammengepresste Ellipse; damit sind die zwei Endpunkte des Rings
sehr hell, da dort in der Sichtlinie des Beobachters besonders viel
Material liegt. Diese Struktur passt ausgezeichnet zu den
Beobachtungen, die bei hoher Auflösung eben genau diese beiden hellen
Bereiche zeigen.
Die Wissenschaftler am MPA haben deshalb Umlaufbahnen für die in einer
Nova-Explosion hinausgeschleuderten Teile der Gashülle berechnet. Damit
konnten sie simulieren, wie sich die hellsten Wolkenteile scheinbar
für einen Beobachters bewegen. Sie nahmen an, dass die Explosion
ungefähr im Jahr 2000 stattfand und dass die Expansionsgeschwindigkeit
etwa 500km/s betrug, da dies der momentanen Entfernung der beiden
hellen Gebiete voneinander entspricht. Die Explosion wirft die
verschiedenen Teile der Gashülle auf unterschiedliche Bahnen um das
Schwarze Loch. Abb. 1 zeigt, wie die Wolkenteile sich um das
galaktische Zentrum bewegen.
Die erstaunlich hohe Exzentrizität der beobachteten Bahn des
Hauptteils ergibt sich im Nova-Modell ganz natürlich aus der
Überlagerung zweier etwa gleich großer aber verschieden gerichteter
Geschwindigkeiten, die der Bahnbewegung der Nova und die des uns am
hellsten erscheinenden Teils der Hülle.
Die Tatsache, dass unterschiedlichste Eigenschaften einer Nova sehr
gut mit den Beobachtungen übereinstimmen, ist ein starker Hinweis
darauf, dass das Nova-Modell zutrifft. Dies wirft interessante Fragen
zur Sternentwicklung nahe dem galaktischen Zentrum auf, zeigt es doch
das Vorhandensein einer Population von Sternen, die masseärmer und
viel älter sind, als die dort beobachteten hellen, jungen Sterne.
F. Meyer, E. Meyer-Hofmeister
Originalveröffentlichung:
Meyer, F., Meyer-Hofmeister, E.,
"A nova origin of the gas cloud at the Galactic Center?",
A&A 546, L2, 2012
Link:
Galactic Black Hole disrupts Gas Cloud,
MPE Press release December 14, 2011
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