|
Abb. 1:
Massive Galaxien besitzen eine Anzahl von Eigenschaften, die
Rückschlüsse auf ihre Entstehung und Evolution zulassen. Die Abbildung
zeigt einige der untersuchten SDSS-Galaxien. In der obersten Reihe
sind elliptische Galaxien zu sehen, gefolgt von Spiralgalaxien mit
klassischen Zentralbereichen, Spiralgalaxien mit
Pseudo-Zentralbereichen und schließlich Spiralgalaxien ohne
Zentralbereich.
|
|
|
Abb. 2:
Beispiel für ein Ergebnis der Software BUDDA, die am MPA
mitentwickelt wurde und zur Bestimmung der unterschiedlichen
Komponenten von Galaxien zum Einsatz kam. Oben links ist das
ursprüngliche SDSS-Bild zu sehen, die durchgezogene horizontale Linie
deutet hier den Maßstab von 5 Kiloparsec an. Die Abbildung oben rechts
zeigt das errechnete Modell für die einzelnen Komponenten. Unten links
ist die Differenz zwischen ursprünglichem Bild und Modell dargestellt,
wobei feinere Strukturen wie Spiralarme hervortreten. Die Kurven unten
rechts zeigen Profile der Oberflächenhelligkeit der realen Galaxie
(gestrichelte Linie), des Gesamtmodells (schwarze durchgezogene
Linie), sowie der einzelnen Komponenten des Modells (Zentralbereich in
rot, Balken in grün und Scheibe in blau). Die gute Übereinstimmung des
Modells mit dem Original belegt, dass die Aufteilung der Galaxie in
ihre einzelnen Komponenten erfolgreich war.
|
|
|
Abb. 3:
Verhältnis zwischen Oberflächenhelligkeit und Radius der
Zentralbereiche. Klassische Zentralbereiche folgen dem Verhältnis
elliptischer Galaxien (im Bereich zwischen beiden gestrichelten Linien
dargestellt), wohingegen Pseudo-Zentralbereiche von dieser Relation
abweichen und in der Abbildung unterhalb dieses Bereiches liegen.
|
|
|
Abb. 4:
Verhältnis zwischen Ausdehnung und stellarer Masse von
elliptischen Galaxien und der verschiedenen Komponenten von
Spiralgalaxien. Die Steigung der Relation von Pseudo-Zentralbereichen
gleicht der von Balken, aber sie unterscheidet sich mit mehr als
99,9-prozentiger Signifikanz von der klassischer Zentralbereiche. Dies
belegt einerseits die enge Verknüpfung zwischen
Pseudo-Zentralbereichen und Balken, und weist gleichzeitig auf
unterschiedliche Entstehungsmechanismen von Pseudo-Zentralbereichen
und klassischen Zentralbereichen hin. Darüber hinaus erscheinen die
Relationen elliptischer Galaxien und klassischer Zentralbereiche
versetzt, was die Vermutung widerlegt, nach der klassische
Zentralbereiche nichts als elliptische Galaxien sind, die eine
Sternenscheibe umgibt.
|
| |
Massereiche Galaxien sind Sternensysteme mit einer Vielzahl
struktureller Eigenschaften, die Aufschlüsse über ihre Entstehung und
Entwicklung geben können. Elliptische Galaxien weisen hauptsächlich
eine charakteristische, kugelförmige Komponente auf, welche zumeist
aus alten Sternen besteht, die sich auf ungeordneten Bahnen
bewegen. Im Gegensatz dazu besitzen Spiralgalaxien eine Reihe
unterschiedlicher Elemente: Gewöhnlich einen dichten Zentralbereich
(engl. "Bulge") im Zentrum, um den eine ausgedehnte Scheibe aus
Sternen unterschiedlichen Alters rotiert, sowie darüber hinaus häufig
weitere Elemente wie Balken, Spiralarme oder Ringe. Wie diese
Komponenten entstehen und sich entwickeln, ist eine der offenen Fragen
der modernen Astrophysik. Vergangene Arbeiten scheinen auf die
Existenz zweier unterschiedlicher Arten von Zentralbereichen
hinzudeuten: Sogenannte klassische Zentralbereiche ähneln elliptischen
Galaxien, was dafür zu sprechen schien, dass sie einer ähnlichen
Entwicklung unterliegen. Sind klassische Zentralbereiche in
Spiralgalaxien womöglich nichts anderes als elliptische Galaxien, die
zufällig von einer Sternenscheibe umgeben sind? Später wurden
allerdings sogenannte Pseudo-Zentralbereiche entdeckt, deren Sterne
selbst eher denen in Sternenscheiben entsprechen, was für einen
anderen Ursprung spricht.
Die nun vorliegenden Arbeit stellt die erste Anwendung neuer,
fortgeschrittener Methoden der Galaktischen Strukturanalyse auf eine
gleichmäßige und statistisch bedeutende Auswahl von Aufnahmen von
Galaxien in verschiedenen Wellenlängenbereichen des Sloan Digital Sky
Survey (SDSS) dar. Sie ermöglicht die exakte Bestimmung der
strukturellen Parameter wie Masse und Größe der Zentralbereiche. Eine
weitere Neuerung besteht in der eindeutigen Unterscheidung von
klassischen Zentralbereichen und Pseudo-Zentralbereichen, für die
jeweils unterschiedliche Verhältnisse von Größe und Helligkeit oder
Masse ermittelt wurden.
Die Methode gibt Hinweise darauf, dass klassische und
Pseudo-Zentralbereiche in der Tat verschiedene Entstehungsgeschichten
besitzen und dass letztere eng mit der Entwicklung von dynamischen
Instabilitäten der Scheibe, wie etwa Balken, in Verbindung
stehen. Außerdem zeigt sich, dass die Ähnlichkeiten zwischen
klassischen Zentralbereichen und elliptischen Galaxien beschränkt
sind. Eine Möglichkeit, beides zu belegen, besteht in der Analyse der
Entstehungsprozesse der jeweiligen Sternensysteme mithilfe der
SDSS-Daten. Dabei stellt sich heraus, dass alle untersuchten
Sternensysteme (elliptische Galaxien, klassische Zentralbereiche und
Pseudo-Zentralbereiche, Scheiben und Balken) umso ausgedehnter sind,
je höher ihre jeweilige Masse ist. Der genaue Zusammenhang zwischen
Größe und Masse unterscheidet sich jedoch zwischen klassischen und
Pseudo-Zentralbereichen, was darauf hindeutet, dass sie auf
unterschiedliche Art wachsen. Die einzigen Systeme, deren Wachstum mit
denen von Pseudo-Zentralbereichen vergleichbar scheint, sind die
sogenannten Balken, was auf einen engen Zusammenhang schließen
lässt. Die Verhältnisse von Masse und Größe elliptischer Galaxien und
klassischer Zentralbereiche sind dagegen versetzt; bei gleicher Masse
sind elliptische Galaxien deutlich größer. Durch einfaches Hinzufügen
einer Sternenscheibe zu einer elliptischen Galaxie erhält man somit
keine realistische Spiralgalaxie. Mit anderen Worten: Die
vorgeschlagene Betrachtung klassischer Zentralbereiche als elliptische
Galaxien mit zusätzlicher Sternenscheibe greift zu kurz.
Überraschenderweise finden sich in den Daten aber auch Zentralbereiche
mit gemischten Eigenschaften. Diese besitzen die strukturellen
Parameter von klassischen Zentralbereichen, die Sterne aus welchen sie
bestehen ähneln jedoch eher denen von Pseudo-Zentralbereichen. Das
heißt, sie zeigen Anzeichen für Sternentstehung in jüngster
Vergangenheit. Dies führt zu einem neuen Konzept, demzufolge die
Mechanismen, die für die Entstehung beider Zentralbereiche
verantwortlich sind, auch nebeneinander wirken können.
Ein letztes interessantes Ergebnis dieser Arbeit betrifft die gesamte
stellare Masse des lokalen Universums und ihre Verteilung innerhalb
der verschiedenen untersuchten Systeme. Bereinigt man die Daten um
Auswahleffekte, die dazu führen, dass elliptische Galaxien statistisch
etwas häufiger in den Daten vertreten sind als Spiralgalaxien, kommt
man zu dem Ergebnis, dass 32% der gesamten stellaren Masse massiver
Galaxien in elliptischen Galaxien enthalten ist, 36% in Scheiben, 25%
in klassischen Zentralbereichen, 3% in Pseudo-Zentralbereichen und 4%
in Balken. Diese Werte sind von großer Bedeutung Wert für theoretische
Arbeiten zur Evolution von Galaxien, deren Ziel darin besteht,
Beobachtungen mithilfe eines grundlegenden Verständnisses der Natur zu
erklären.
Dimitri Gadotti
LITERATUR
Dimitri Alexei Gadotti,
"Structural properties of pseudo-bulges, classical
bulges and elliptical galaxies: a Sloan Digital Sky Survey perspective",
2009, Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, Volume 393, Issue 4, pp.
1531-1552
ads-2009MNRAS.393.1531G
|