|
Abb. 1: Der Gammablitz vom 9. Mai 2005, GRB050509b, gehört
zu den erst jüngst entdeckten Ereignissen, bei denen eine genaue
Positionsbestimmung am Himmel möglich war. Der Swift Satellit
zeichnete den Blitz und sein Nachglühen im Röntgenlicht
(XRT) im Gebiet des weissen Kreises auf. Der Gammablitz ereignete sich
damit in den Außenbereichen einer elliptischen Galaxie, die auf
dem Bild als großer heller Fleck westlich des Blitzes zu sehen ist.
|
|
|
Abb. 2: Bilder aus einer Computersimulation von zwei
kollidierenden Neutronensternen mit 1,2- und 1,6-facher Masse der
Sonne. Der leichtere der beiden Partner wird zerrissen und die
Verschmelzung führt zu einem ultrakompakten, extrem schnell
rotierenden Kern mit Temperaturen von mehreren hundert Milliarden Grad
(rot und gelbe Regionen). Dieser Kern wird innerhalb von
Sekundenbruchteilen zu einem Schwarzen Loch kollabieren und einen um
des Loch wirbelnden Gasring zurücklassen, der auf den Bildern als
kühlere, ausgedehnte Gaswolke sichtbar ist (violette und blaue
Bereiche). Zur besseren Darstellung wurde der vordere
Oktant auf den Bildern herausgeschnitten.
Film der Simulation (DivX,6MB).
|
|
|
Abb. 3: Die Masse Mdisc des Gasringes nach der Entstehung
des Schwarzen Lochs hängt vom Verhältnis q und von der Summe
Msum der Massen der beiden kollidierenden Neutronensterne ab. In
den Computersimulationen wurden Ringmassen zwischen einigen
Hundertstel und mehr als einem Zehntel der Masse der Sonne gefunden.
|
| |
Gammastrahlenblitze sind sehr intensive und energiereiche Ausbrüche
hochenergetischer Gammastrahlung,
die einige Tausendstel einer Sekunde bis zu einigen Minuten dauern
können. Sie werden in zwei Klassen eingeteilt, kurze Blitze mit
weniger als zwei Sekunden Dauer und lange Blitze.
Die langen Blitze sind mittlerweile ziemlich gut erforscht. Einige
Fälle konnten eindeutig mit Explosionen sehr massereicher, sterbender
Sterne in Verbindung gebracht werden. Der Ursprung der kurzen Blitze
dagegen ist bis heute rätselhaft. Ihre kurze Dauer erschwert die
Beobachtung der Gammastrahlung und die gleichzeitige genaue Bestimmung
der Position am Himmel. Deshalb war es bis vor kurzem nicht möglich,
den "Afterglow" - das Nachglühen - in
Form von Röntgenstrahlung oder sichtbarem Licht zu beobachten und damit
die kosmische Rotverschiebung und die Entfernung von der Erde zu
bestimmen. Erst jüngst gelang dies in einigen Fällen mit Hilfe des
HETE Satelliten und des
Swift
Gamma-Ray Burst Explorer. Die beobachteten Blitze befinden
sich in elliptischen Galaxien und sind zwischen zwei und sechs
Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt. Sie gehören einer
alten Sternpopulation an, was die Hypothese stützt, dass die
kurzen Blitze von Neutronensternkollisionen stammen könnten
(Abb. 1).
Neutronensterne sind extrem dichte Objekte, die entstehen, wenn
massereiche Sterne am Ende ihres Lebens als Supernova explodieren. Ein
Neutronenstern enthält mehr Materie als die Sonne, besitzt
dabei aber nur einen Durchmesser von rund 20 Kilometern.
Deshalb ist Neutronensternmaterie dichter als ein Atomkern. In
einigen Fällen explodieren in Doppelsternsystemen beide Partner als
Supernova und hinterlassen zwei Neutronensterne. In einem solchen
Doppelneutronensternsystem können sich die beiden kompakten Sterne,
die bisweilen als Pulsare in Erscheinung treten,
gegenseitig mit einer Periode von weniger als einem
Tag umkreisen. Der Binärpulsar PSR 1913+16 ist das berühmteste Beispiel; für
seine Entdeckung erhielten 1993 Russell A. Hulse und Joseph H. Taylor den
Nobelpreis. Solche Systeme sind deshalb so spektakulär, weil
sie eine zentrale Vorhersage von Einsteins
Relativitätstheorie, die Existenz von Gravitationswellen, indirekt
bestätigen. Die Lebensdauer eines Doppelpulsars ist begrenzt, weil
sich durch die Abstrahlung solcher Gravitationswellen der gegenseitige
Abstand der Neutronensterne fortwährend verkleinert und die beiden
Partner schließlich aufeinanderprallen und sich gegenseitig
zerstören. Was dabei genau abläuft, wird intensiv mit
aufwändigen Computersimulationen erforscht, die u.a. die
Einsteingleichungen der Relativitätstheorie lösen müssen.
Forscher am Max-Planck-Institut für Astrophysik arbeiten an derartigen
Computermodellen, um die Ereignisse genauer und realistischer zu
simulieren als bislang möglich.
Die Simulationen berücksichtigen neben der allgemeinen
Relativitätstheorie auch eine detaillierte Beschreibung der dichten
und heißen Neutronensternmaterie. Die Modelle zeigen, dass die
beiden kollidierenden Sterne zu einem ultrakompakten, extrem schnell
rotierenden Objekt verschmelzen, in dem Temperaturen von mehreren hundert
Milliarden Grad erreicht werden (Abb. 2). Der Kern dieses Objektes wird in
Bruchteilen einer Sekunde unter der eigenen Schwerkraft
in sich zusammenstürzen und ein Schwarzes Loch bilden. Ein
kleiner Teil der Neutronensternmaterie bleibt vom Kollaps verschont und
formt eine rotierende, ringförmige Gaswolke um das Schwarze Loch.
Zentrifugalkräfte, wie sie auch auf einem Karussell wirken,
stabilisieren den Gasring und verhindern, dass er sofort vom
Schwarzen Loch verschlungen wird. Innere Reibung jedoch bremst die
Rotation des Gases und treibt
es immer näher zum Schwarzen Loch, bis es schliesslich
hineingesaugt wird. Bei der Annäherung an das Schwarze Loch
heizt sich das Gas durch die Reibung
stark auf und riesige Mengen Energie werden frei. Die freigesetzte
Energiemenge variiert mit der Masse des Gasrings, je größer
diese Masse ist, desto mehr Energie wird erzeugt.
Eines der Hauptziele der durchgeführten Computersimulationen war es,
die um das Schwarze Loch verbleibende Gasmenge zu bestimmen.
Die berechneten Modelle zeigen,
dass der Gasring um das Schwarze Loch anfangs zwischen einem
Hundertstel und mehr als einem Zehntel der Sonnenmasse enthält. Der genaue
Wert hängt von
Massenverhältnis der kollidierenden Sterne ab und von der
Gesamtmasse des Doppelsternsystems (Abb. 3).
Dies ist mehr als genug, um die abgestrahlte Energie der Gammablitze
zu erklären, deren Entfernung kürzlich bestimmt werden konnte.
Die Simulationen der Astrophysiker stützen deshalb
die Vermutung, dass diese Gammablitze das letzte Aufflackern
kollidierender Neutronensterne sind. Allerdings sind viele
weitere, genaue Messungen solcher kurzen Gammablitze und
weiter verbesserte theoretische Modelle nötig, um diesen
Zusammenhang wirklich zweifelsfrei zu belegen.
R. Oechslin, H.-Th. Janka
Literature:
R. Oechslin, H.-Th. Janka, Torus Formation in Neutron Star Mergers,
submitted to MNRAS, astro-ph/0507099
|