|
|
Sternhalos um Galaxien
Neben ihren spektakulären Spiralarmen und ihren hellen Kernen im
Zentrum, sind Spiralgalaxien in extrem lichtschwache stellare Halos
eingebettet, die äußerst interessante Hinweise darauf geben können,
wie sich die Galaxien gebildet haben. Diese schwer faßbare Komponente
hat lange den Anstrengungen der Astronomen getrotzt, sie näher zu
charakterisieren, aber Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für
Astrophysik haben kürzlich neue Techniken entwickelt, welche die Fülle
an Daten im Sloan Digital Sky Survey dazu heranzieht, die
Eigenschaften der leuchtenden Halos um Spiralgalaxien mit bisher nicht
gekannter Genauigkeit zu bestimmen. Ihre Ergebnisse wurden nun von
Daten aus dem Hubble Ultra Deep Field bestätigt, dem gegenwärtig am
weitesten hinausreichenden Blick ins Universum.
Im derzeit favorisierten kosmologischen Modell geschieht
Galaxienentstehung hierarchisch. Zuerst bilden sich kleine
Protogalaxien, die anschließend verschmelzen, wobei sie Materie
ansammeln und Sterne erzeugen, bis irgendwann der Zustand einer
"erwachsenen" Galaxie, wie wir sie in unserer Nachbarschaft
im lokalen Universum sehen, erreicht ist. Erwachsene Galaxien können
alle möglichen verschiedenen Formen annehmen, von elliptischen
Sternansammlungen bis zu den scheibenartigen Spiralgalaxien und
irregulären, fast chaotischen Systemen. Als Nebenprodukt ihrer
bewegten Geschichte von Kollision und Verschmelzung, wird erwartet,
daß Galaxien einen bedeutenden Teil ihrer Sterne in große Entfernungen
hinausschleudern, wo diese Sterne einen Halo bilden. Die Bestimmung
der Eigenschaften dieser Halosterne kann enthüllen, wann und wie sich
die Galaxie zusammengefügt hat und Aufklärung über die physikalischen
Mechanismen bringen, welche für die Galaxienbildung wichtig sind.
Der stellare Halo um unsere eigene Galaxie, der Milchstraße, wird seit
den fünfziger Jahren untersucht, und der Fortschritt in den
Beobachtungstechniken über die letzten Jahre hat uns ein detailliertes
und ziemlich überraschendes Bild seiner Struktur geliefert. Anstatt
glatt und regelmäßig liegen viele Sterne entlang von streifenförmigen
Strömen, die die Überbleibsel von Zwergbegleitgalaxien zu sein
scheinen. Diese Struktur hat stark die derzeitige Vorstellung geprägt,
wie sich die Michstraße gebildet hat. Aber inwieweit können wir solche
Modelle verallgemeinern und auf andere Galaxien als die Milchstraße
anwenden? Haben alle Spiralgalaxien einen Halo aus Sternen? Wenn ja,
haben alle stellaren Halos ähnliche Eigenschaften? Aufgrund der
extremen Lichtschwäche des Halos (seine Flächenhelligkeit, d.h. das
abgestrahlte Licht pro Fläche, ist einige hundertmal schwächer als in
den zentrumsnahen Bereichen der Galaxie) sind die Beobachtungen sehr
schwierig und bisher nur für einige wenige nahe Galaxien verfügbar.
Unter Verwendung der Fülle an Daten, die der Sloan Digital Sky Survey
(SDSS) liefert, haben wir eine
neue Technik entwickelt, die die Bilder vieler einzelner Galaxien
übereinanderlegt, um die Empfindlichkeit für das schwache Licht von
den Außenbezirken zu erhöhen. Unser Datensatz besteht aus 1054 von der
Kante gesehenen Spiralgalaxien. In diesem Fall wird das schwache
Leuchten der Halos nicht vom Licht der hellen Galaxienscheibe
überlagert. Wir beobachten eindeutig einen gemittelten stellaren Halo
in den übereinandergelegten Bildern, und seine Struktureigenschaften
sind jenen der wenigen bekannten individuellen stellaren Halos um
Spiralgalaxien sehr ähnlich. Die statistische Natur unserer Methode
ermöglicht es uns, Ergebnisse für "typische" Galaxien anzugeben und
die Verbreitung von Halos aus Sternen um Spiralgalaxien zu beurteilen.
|
|
Abb. 1:
Das "mittlere" Bild, welches aus der Überlagerung der
Aufnahmen von 1054 individuellen Galaxien im SDSS resultiert. Das
linke Bild ist aus Aufnahmen in drei verschiedenen Farbfiltern
zusammengesetzt, die in etwa dem Farbempfinden des menschlichen Auges
entsprechen. Die dünne Scheibe, die man hier von der Kante her sieht,
dominiert die Lichtemission der Galaxie. Im rechten Bild wurde der
Kontrast erhöht und Falschfarben verwendet, um die schwache
Haloemission, die die Scheibe umgibt besser herauszuarbeiten.
|
Sind unsere Ergebnisse konsistent mit dem hierarchischen
Galaxienentstehungsszenario? Sorgfältige theoretische Berechnungen der
erwarteten Struktur sind notwendig, um eine definitive Antwort zu
bekommen. Unsere Ergebnisse beinhalten einige Überraschungen. So ist
es nicht einfach, die Farbe der ausgedehnten Haloemission mit den
herkömmlichen Sternpopulationsmodellen zu erklären. Dieser Umstand
könnte im Prinzip zwar auch auf ein Problem mit unserer, auf der
Überlagerung von Bildern basierenden, Analyse hindeuten, allerdings
hat eine kürzliche Studie einer von der Kante gesehenen
Scheibengalaxie im sog.
Hubble Ultra Deep Field, dem am weitesten hinausreichenden
Blick ins Universum, der jemals getan wurde, ähnliche Farben des
Sternenhalos dieses individuellen Systems ergeben.
|
|
Abb. 2:
Wie in Abb. 1, links die Falschfarbenaufnahme einer von der Kante
gesehenen Galaxie (Rotverschiebung z=0.32) im Hubble Ultra Deep
Field. Das meiste Licht kommt von der hellen, dünnen Scheibe, die
Spiralarme und Staubbahnen aufweist. Rechts wurde der Kontrast erhöht,
um auch das schwächste Leuchten zu zeigen (man beachte, daß andere
Lichtquellen als die zur Galaxie gehörenden ausgeblendet
wurden). Obwohl dieses Bild im Vergleich ca. fünfmal lichtschwächer
ist, als die SDSS Überlagerung, ist die Haloemission augenscheinlich,
und die Ähnlichkeit zwischen den beiden Beobachtungen ist frappierend.
|
Stefano Zibetti, Simon D. M. White, and Annette M. N. Ferguson
Weiterführende Literatur:
S. Zibetti, S. D. M. White, J. Brinkmann
"Haloes around edge-on disc galaxies in the Sloan Digital Sky Survey",
2004, MNRAS, 347, 556
S. Zibetti and A. M. N. Ferguson
"A faint stellar halo around an edge-on disc galaxy in the Hubble Ultra Deep Field",
MNRAS accepted (astro-ph/0406207)
|
|
|