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  NIFTY: Numerische Informationsfeldtheorie für jedermann

NIFTY: Numerische Informationsfeldtheorie für jedermann –

Wissenschaftler präsentieren eine Software für alle Arten der Bildgebung

Algorithmen zur Rekonstruktion von Signalen können nun eleganter entwickelt werden: Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astrophysik veröffentlichen NIFTY, eine neue Software zur Datenanalyse und Bildgebung. Sie dient zur Kartierung von Räumen mit beliebig vielen Dimensionen oder von Kugeloberflächen. Der Vorteil: einmal mit NIFTY programmiert kann eine spezielle Methode zur Bildrekonstruktion einfach in all diesen Räumen eingesetzt werden. Entwickelt wurde NIFTY ursprünglich zur Vermessung des Himmels, die Software kann aber auch in anderen Bereichen wie der medizinischen Bildgebung eingesetzt werden.

Abb. 1: Signalrekonstruktion mit NIFTY in einer, zwei und sphärischen Dimensionen (jeweils obere, mittlere und untere Zeile). Links jeweils das Orginalsignal, mittig verrauschte Daten der Signale und rechts die Signalrekonstruktionen aus den Daten. Der selbe NIFTY-Code hat alle drei Beispiele erzeugt.

Abb. 2: NIFTY-Rekonstruktion einer stark gestörten Fotografie der Mondoberfläche. Obere Zeile von links nach rechts: Originalbild (Quelle: linkPfeilExtern.gifUSC-SIPI Datenbank) Daten und Rekonstruktion. Untere Zeile zeigt Störeinflüsse in den Daten, von links nach rechts: Korngröße der Glättung, strukturierte Maske und inhomogene Struktur der Rauschverteilung.

Hinter den beeindruckenden Teleskopaufnahmen aus den Tiefen des Kosmos steckt viel Arbeit und Rechenleistung. Die Rohdaten vieler Instrumente sind so unanschaulich, dass selbst Experten ohne hoch-komplexe, bildgebende Algorithmen kaum eine Chance haben, daraus Erkenntnisse abzuleiten. So tasten einfache Radioteleskope beispielsweise den Himmel ab und liefern lange Zahlenreihen. Komplexere Radiointerferometer messen die Himmelshelligkeit zerlegt in ihre räumlichen Schwingungsmoden. Gammastrahlungsteleskope identifizieren Himmelsquellen durch das Muster, das durch den Schattenwurf einer komplexen Maske vor den Detektoren erzeugt wird. Es sind ausgefeilte Algorithmen nötig, um aus all diesen Rohdaten aussagekräftige Bilder zu generieren. Gleiches gilt auch für medizinische Bildgebungsgeräte, wie Computer- und Kernspintomographen.

Bisher brauchte jedes dieser Bildgebungsprobleme ein spezielles Computerprogramm, welches an die Besonderheiten und Geometrie des darzustellenden Messgebietes angepasst ist. Doch viele der benutzten Konzepte sind allgemeingültiger Natur und müssten eigentlich nur einmal programmiert werden, sofern sich der Computer selbstständig um die geometrischen Details kümmern könnte.

Das von den Forschern in Garching entwickelte und nun veröffentlichte Softwarepaket NIFTY macht genau dies möglich. Durch NIFTY kann ein Algorithmus für Probleme in einer Dimension durch minimale Anpassungen auch in zwei oder mehr Dimensionen und auch auf Kugeloberflächen eingesetzt werden. NIFTY kümmert sich eigenständig um die korrekte Buchhaltung aller geometrischen Größen. Damit kann Bildgebungssoftware wiederverwertet oder auch wesentlich effizienter neu entwickelt werden. Insbesondere dreidimensionale Anwendungen werden somit vereinfacht, da sich viele Kinderkrankheiten eines Programms in eindimensionalen Tests wesentlich leichter kurieren lassen als in allen drei Dimensionen.

NIFTY (engl. für raffiniert oder elegant) steht für “Numerical Information Field Theory”, zu Deutsch “Numerische Informationsfeldtheorie”, und ist ein Werkzeug der Informationsfeldtheorie. Mit diesem relativ jungen Gebiet lassen sich optimale Formeln zur Kartographie herleiten, die die in Daten und Vorwissen enthaltene Information komplett ausnutzten. NIFTY vereinfacht nun die Programmierung von solchen Formeln zur Bildgebung und Datenanalyse, egal ob sie aus der Informationsfeldtheorie oder von woanders her stammen.

Die NIFTY-Softwareveröffentlichung wird von einer Fachpublikation begleitet, in der die mathematischen Grundlagen anhand von Beispielen illustriert werden (siehe Abbildungen 1 & 2). Des Weiteren stellen die Forscher auch eine umfangreiche Internetdokumentation zur Verfügung. Die vielseitige Anwendbarkeit von NIFTY wurde bereits in einer früheren wissenschaftlichen Publikation über nichtlineare Signalrekonstruktion demonstriert und wird sicherlich bei der Entwicklung besserer und genauerer bildgebender Methoden in Astronomie, Medizintechnik oder Erderkundung hilfreich sein.



Hintergrundinformationen:

NIFTY wurde von Marco Selig, Michael Bell, Henrik Junklewitz, Niels Oppermann, Martin Reinecke, Carlos Pachajoa, Maksim Greiner und Torsten Enßlin am Max-Planck-Institut für Astrophysik entwickelt. Hauptentwickler ist Marco Selig, der momentan unter Anleitung von Torsten Enßlin über Informationsfeldtheorie-basierte Bildgebung für hochenergetische Photonen promoviert. NIFTY ist eine objektorientierte Python-Bibliothek, die für numerisch aufwendige Operationen auf extrem leistungsstarke externe Routinen in C, C++ und Cython zurückgreift. Der Code ist unter einer GPL Open-Source-Lizenz kostenlos und frei verfügbar. Informationsfeldtheorie ist ein Schwerpunkt der Forschungsgruppe von Torsten Enßlin.

Referenzen:

Marco Selig, Michael R. Bell, Henrik Junklewitz, Niels Oppermann, Martin Reinecke, Maksim Greiner, Carlos Pachajoa, Torsten A. Enßlin:
NIFTY - Numerical Information Field Theory - a versatile Python library for signal inference
eingereicht bei IEEE Transactions on Signal Processing
linkPfeilExtern.gifarXiv:1301.4499

Weitere Informationen zur Informationsfeldtheorie:

linkPfeil.gifhttp://www.mpa-garching.mpg.de/ift/
linkPfeil.gifNIFTY Dokumentation


Kontakt:

Marco Selig
Tel. 089 30000-2298
E-mail: mseligmpa-garching.mpg.de

Torsten Enßlin
Tel. 089 30000-2243
E-mail: tensslinmpa-garching.mpg.de

Hannelore Hämmerle
Tel. 089 30000-3980
E-mail: prmpa-garching.mpg.de


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© 2003, Max-Planck-Gesellschaft, München
Letzte Änderung: 22.1.2013