|
Abb.:
Die Umgebung der Supernova SN
2005E. Das Bild links zeigt NGC 1032, die Heimatgalaxie der Supernova
vor der Explosion. Die erste Beobachtung der Supernova SN 2005E ist im
Bild rechts gezeigt. Der große Abstand der Supernova (angezeigt
durch den Pfeil) von der Heimatgalaxie ist deutlich zu sehen; sie
befindet sich etwa 750 000 Lichtjahre vom Zentrum der Galaxie
entfernt.
Bilder: SDSS, Lick Observatory
|
| |
Je nachdem, welche chemischen Elemente im Licht einer Supernova
nachgewiesen werden können, ordnen Astronomen diese Explosionen in
verschiedene Typen, Ia, Ib, Ic oder II. Da die Lichtkurven der Typ Ia-
Supernovae eindeutige Merkmale aufweisen und sehr einheitlich sind,
nutzen Astronomen sie als “Standardkerzen” um die Entfernung
zu deren jeweiligen Heimatgalaxien zu bestimmen. Diese Supernovae
entstehen, wenn ein Weißer Zwergstern, der ausgebrannte
Überrest eines normalen Sterns ähnlich unserer Sonne, die so
genannte Chandrasekhar-Grenze erreicht, indem er Material von einem
Begleitstern aufsammelt. Das nukleare Brennen im dichten Kern, der
größtenteils aus Kohlenstoff und Sauerstoff besteht,
zündet erneut und setzt enorme Mengen Energie frei, was dazu
führt, dass der Stern als Supernova explodiert.
Der zweite Prozess, der zu einer Supernova-Explosion führt, ist
der gravitative Kollaps des Kerns eines sehr massereichen, kurzlebigen
Sterns am Ende seiner Lebensdauer. Die Astronomen glauben, dass diese
Supernovae als Typ Ib/c oder Typ II beobachtet werden, die insbesondere
in Umgebungen mit vielen jungen Sternen stattfinden. Durch die
gewaltigen Energien, die bei diesen Explosionen freigesetzt werden,
wird der überwiegende Teil der Sternmaterie abgestoßen, es
bleibt ein Überrest, der nur einen Bruchteil der Ausgangsmasse des
Sterns besitzt.
Im Januar 2005, leuchtete eine schwache Supernova (SN 2005E) im Halo der
benachbarten Galaxie NGC 1032 auf, und ein internationales
Astronomenteam sammelte Beobachtungsdaten von Teleskopen rund um den
Erdball. Erstaunlicherweise passten die Messungen der chemischen
Zusammensetzung und der Menge der herausgeschleuderten Sternmaterie zu
keinem der beiden bekannten Explosionsmechanismen. In der Umgebung der
Supernova deutet nichts auf kürzlich stattfindende Sternentstehung
hin und auch die Masse der abgestoßenen Materie ist zu gering (nur
etwa ein Drittel der Masse unserer Sonne) für die Explosion eines
Riesensterns; d.h. diese Supernova kann nicht durch das Kernkollaps-Szenario
erklärt werden. Die Alternative, ein explodierender, alter
Weißer Zwergstern, der eine lange Zeit vom Ort seiner Entstehung
bis in die Außenbereiche unterwegs war, passt aber auch nicht zu
den Beobachtungen, da das Lichtspektrum auf eine andere chemische
Zusammensetzung hinweist. Die bei der Supernova SN 2005E
herausgeschleuderte Materie enthält einen größeren
Anteil an Kalzium und Titan, als je bei einer Supernova beobachtet
wurde. Diese Elemente entstehen in Kernreaktionen, die auf Helium
basieren — nicht auf Kohlenstoff und Sauerstoff, woraus das Innere
von Weißen Zwergen besteht.
Neue Computermodelle zeigen nun, dass die Supernova wahrscheinlich in
einem System aus zwei sich eng umkreisenden Weißen Zwergen
entstand, wobei die Heliumhülle des einen Sterns vom anderen
angesaugt wird. “Sobald sich eine gewisse Menge angesammelt hat,
beginnt das Helium auf dem Empfängerstern explosionsartig zu
brennen”, sagt Paolo Mazzali (Max-Planck-Insitut für
Astrophysik), der die Berechnungen zusammen mit David Arnett
(Universität von Arizona) durchführte. “Die
einzigartigen Prozesse, die in diesen Explosionen gewisse chemische
Elemente erzeugen, könnten einige der Rätsel in Bezug auf die
Anreicherung mit chemischen Elementen in unserem Universum lösen.
Zum Beispiel könnte dies die Hauptquelle von Titan sein.”
Die Supernova SN 2005E ist wahrscheinlich nicht die einzige schwache
Supernova, die durch diese neue Art von Explosionen erklärt
werden kann. Mehrere ähnliche Supernovae wurden in elliptischen
Galaxien gefunden und auch deren Lichtkurven, Umgebung und Materie-Auswurf
werden am besten durch eine Helium-Detonation beschrieben.
“Als wir SN 2005 E beobachteten, wurde uns schnell klar, dass wir
eine neue Art von Supernova sehen”, sagt Hagai Perets (Weizmann
Institut, jetzt am Center for Astrophysics, Universität Harvard),
der die Beobachtungen leitete. “Da diese Supernovae relativ
lichtschwach sind, können wir sie nur schwer nachweisen. Aber wenn
sie in Wirklichkeit gar nicht so selten sind, dann könnten sie uns
Antworten auf einige der fundamentalen Rätsel über die
Erzeugung der chemischen Elemente im Universum liefern.”
Außergewöhnliche Supernovae sind eine Spezialität dieses
Astronomenteams. Vor wenigen Monaten berichteten sie über die erste
bestätigte Beobachtung einer anderen, sehr auffälligen
Supernova. Diese Art von Explosionen hinterlässt gar keinen
Überrest. Je nach Masse beenden Sterne ihr Leben entweder als
Weiße Zwerge, als Neutronensterne oder Schwarze Löcher.
Extrem massereiche Sterne allerdings können vollständig in der
Supernova-Explosion am Ende ihrer Lebendauer zerstört werden. In
diesen so-genannten Paar-Instabilitäts-Supernovae werden
energiereiche Lichtteilchen in Elektron-Positron-Paare umgewandelt, die
den gravitativen Kollaps nicht aufhalten können. Die gewaltige
Kontraktion bewirkt eine Explosion des Kerns, die den gesamten Stern
vollständig auseinander reißt. Die Astronomen identifizierten
erstmals eine derartige Supernova, SN 2007bi, in einer benachbarten
Zwerggalaxie und veröffentlichten ihre Ergebnisse im Dezember 2009
in der renommierten Zeitschrift Nature.
Originalveröffentlichungen
H.B. Perets, A. Gal-Yam, P. Mazzali et al.,
"A new type of stellar explosion from a helium rich progenitor",
Nature, Vol. 465, p. 322-325, 20 May 2010
A. Gal-Yam, P. Mazzali, E. O. Ofek, et al.,
"Supernova 2007bi was a pair-instability supernova explosion",
Nature, Vol. 462, p. 624-627, 3 December 2009
Kontakt
Dr. Hannelore Hämmerle
Pressesprecherin
Max-Planck-Institut für Astrophysik
Tel: +49 89 30000-3980
E-Mail: hhaemmerlempa-garching.mpg.de
Dr. Paolo Mazzali
Max-Planck-Institut für Astrophysik
Scuola Normale Superiore and INAF Observatory, Italien
Tel: +49 89 30000-2221
E-Mail: pmazzalimpa-garching.mpg.de
|