Fig. 1:
Beginn der Supernova-Explosion eines Sterns mit 11 Sonnenmassen.
Die Bildreihe zeigt vier Momentaufnahmen aus der Computersimulation
0.1, 0.18, 0.26, und 0.32 Sekunden (von links oben nach rechts unten)
nachdem der stellar Kern zu einem
Neutronenstern (dichter Bereich im Bildzentrum) kollabiert ist.
(Visualisierung: Markus Rampp, Rechenzentrum Garching)
Filme sind verfügbar unter
Rechenzentrum Garching
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Fig. 2:
Beginn der Supernova-Explosion eines Sterns mit 15 Sonnenmassen.
Die Bildreihe zeigt vier Momentaufnahmen aus der Computersimulation
0.53, 0.61, 0.65, und 0.7 Sekunden (von links oben nach rechts unten)
nachdem der stellar Kern zu einem
Neutronenstern (dichter Bereich im Bildzentrum) kollabiert ist.
(Visualisierung: Markus Rampp, Rechenzentrum Garching)
Filme sind verfügbar unter
Rechenzentrum Garching
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Astrophysiker haben inzwischen ein recht genaues Bild von den
Abläufen bei einer Sternexplosion. Allerdings rätseln die
Wissenschaftler seit etlichen Jahren an der Frage, wie der
Energietransport beim "Sternenknall" genau funktioniert. In einer
aktuellen Forschungsarbeit liefern Wissenschaftler vom
Exzellenzcluster ,Universe' an der TU München jetzt neue
Erkenntnisse. Da nahe Supernovae sehr selten und daher kaum "live" zu
beobachten sind, simulieren Andreas Marek und Hans-Thomas Janka, beide
am Max-Planck-Institut für Astrophysik, die Prozesse in einem
Computermodell. Dabei gelang es zum ersten Mal, die Wechselwirkungen
von Neutrinos und Materie bei Sternen mit 11- bis 15-facher
Sonnenmasse mit hoher Genauigkeit nachzubilden - ein Projekt, das
insgesamt bislang über zehn Millionen Prozessorstunden an
mehreren Höchstleistungsrechnern in Anspruch genommen hat. Die
wissenschaftliche Arbeit wird demnächst in der Fachzeitschrift
Astrophysical Journal veröffentlicht.
Sterne sind die chemischen Fabriken des Weltalls. Unter
unvorstellbarem Druck und extrem hohen Temperaturen verschmelzen im
Sterninnern Wasserstoffatome zu Helium. Bei geeigneten Bedingungen
läuft die Verbrennungskette weiter: Vereinfacht gesagt entsteht
dann aus der Fusion von Heliumatomen das schwerere Element
Kohlenstoff, das seinerseits Sauerstoff produziert. Massereiche
Sterne, deren Masse mindestens das Achtfache unserer Sonne
beträgt, führen die Verbrennungsprozesse im Kern bis zu noch
schwereren Elementen fort; Sterne mit mehr als zehnfacher Masse der
Sonne sogar bis zum Element Eisen. Dafür gestaltet sich das Ende
von schweren Sternen im Vergleich zu ihren leichten Kollegen ungleich
dramatischer - nach maximal 100 Millionen Jahren Lebenszeit
beschließen sie ihr Dasein mit einer gewaltigen
Supernova-Explosion.
Als gesichert gilt, dass massereiche Sterne zunächst
implodieren. In seinem fortgeschrittenen Stadium gleicht der Stern
einer Zwiebel: In seiner Mitte befindet sich ein stabiler Eisenkern,
in den umgebenden Schalen die leichteren Elemente bis zum
Wasserstoff. Mit der Produktion von Eisen stoppen die
Verbrennungsprozesse, die den Stern bisher im Kräftegleichgewicht
gehalten haben. Der Grund: Um Eisenatome zu verschmelzen müsste
von außen Energie zugeführt werden. So wird der Stern zum
Spielball der Gravitation und kollabiert. Dabei presst die Schwerkraft
den Kern immer weiter zusammen, bis sich sogar die Struktur der
Eisenatome auflöst: Die Elektronen verschmelzen mit den Protonen,
so dass ein Neutronenstern und eine große Menge Neutrinos
entstehen.
Beim Kollaps stürzt die Materie der äußeren
Sternschichten auf den zentralen Neutronenkern. Durch den Aufprall auf
den kompakten Kern bildet sich eine Stoßfront und beginnt im
kollabierenden Stern nach außen zu laufen. Dabei heizt der
intensive Neutrinostrom aus dem entstehenden Neutronenstern die
Materie hinter der Stoßwelle und schiebt sie kräftig an, so
dass die äußeren Sternschichten weggeschleudert werden und
der Stern in einer gigantischen Supernovaexplosion
zerbirst. Zurück bleibt ein etwa 20 Kilometer kleiner
Neutronenstern oder in extremen Fällen ein Schwarzes Loch.
So plausibel das bisherige Modell auch klingt - es funktioniert nur
für Sterne bis zu etwa zehn Sonnenmassen. Bei schwereren Sternen
birgt die Erklärung eine Schwachstelle: In Computerberechnungen
kommt die von der Neutrinoheizung befeuerte Explosion nach etwa 100
Kilometern zum Stillstand. Grund dafür ist das dichte Material im
Kern, das die Neutrinos abbremst. Zudem stürzen in der
Frühphase der Supernova auch noch Trümmer der
Sternhülle ins Zentrum und behindern die Ausbreitung der
Stoßwelle. Beobachtungen von Supernovae und
Supernova-Überresten zeigen jedoch, dass die Stoßfront bei
einem Radius von 100 Millionen Kilometern erfolgreich die
Sternoberfläche erreicht und dabei die Sternhülle
wegsprengen muss. Somit ist klar, dass die Explosion einen zweiten
Anlauf braucht. Aber was spielt sich ab und was bringt die notwendige
Energie?
Mit ihren Simulationen von Sternen mit 11- bis 15-facher Masse der
Sonne bestätigten die Wissenschaftler jetzt eine schon
länger bekannte Hypothese. Auch bei solch massereichen Sternen
kann die Explosion durch Neutrinos angetriebenen werden. Anders als
bei kleineren Sternen liefern hier jedoch hydrodynamische
Instabilitäten den entscheidenden Impuls. Die von den Neutrinos
aufgeheizten Sternschichten werden durch konvektive Strömungen
verwirbelt, ähnlich wie kochender Brei in einem Topf. Dabei
entwickelt die Materie pilzförmige Blasen, in denen heißes
Plasma aufsteigt. Ausschlaggebend ist jedoch ein Phänomen, das in
der Fachsprache mit "Standing Accretion Shock Instability", kurz SASI,
bezeichnet wird und das in früheren Modellen nicht
berücksichtigt wurde. Es sorgt dafür, dass die
Stoßfront zunehmend heftiger hin und her oszilliert und so immer
weiter "ausbeult". Dadurch wird die Stoßwelle zu immer
größeren Distanzen vorangetrieben und die Konvektion
verstärkt sich. Infolgedessen setzt ein dritter Effekt ein: Im
SASI-Modell ist die Materie den hochenergetischen Neutrinos
länger ausgesetzt, was einen deutlich höheren
Energietransfer ermöglicht.
"Unsere Untersuchungen an zweidimensionalen Computermodellen bedeuten
einen wichtigen Fortschritt im Verständnis, wie massereiche
Sterne ab zehn Sonnenmassen explodieren", erklärt Hans-Thomas
Janka. "Möglicherweise gibt es noch andere Phänomene, welche
die durch Neutrinos und hydrodynamische Instabilitäten
ausgelöste Explosion verstärken. So könnte z.B., wie
eine Konkurrenzgruppe behauptet, die SASI große
Pulsationsschwingungen des jungen Neutronensterns anregen, der dann
wie eine Glocke Schallwellen erzeugen würde. Die Energie dieser
Schallwellen könnte die Explosion zusätzlich
anschieben. Künftig werden wir uns in unseren
Simulationsrechnungen daher auf kombinierte Wirkmechanismen
konzentrieren".
Gleichzeitig weist Janka darauf hin, dass die aktuellen, erfolgreichen
Simulationen zwar ein wichtiges Teil des Puzzles sind. Für das
ganze Bild fehlten aber noch eine Menge Informationen. "Bis wir das
Problem der Supernova-Explosion zufrieden stellend gelöst haben,
vergehen sicher noch ein paar Jahre. Außerdem steht uns noch die
Aufgabe bevor, unsere 2D-Simulationen in ein dreidimensionales
Computermodell zu übertragen: Die Physik des Neutrino-gesteuerten
Energietransports ist so komplex, dass 3D-Simulationen selbst
Höchstleistungsrechner an ihre Grenzen bringen."
Barbara Wankerl (Public Outreach Coordinator, Exzellenzcluster `Universe')
Veröffentlichung
A. Marek und H.-Thomas Janka,
"Delayed neutrino-driven supernova explosions aided by the standing
accretion-shock instability.",
The Astrophysical Journal, im Druck
http://xxx.uni-augsburg.de/abs/0708.3372
Weitere Informationen
Pressemitteilung Cluster of Excellence `Universe'
Danksagung:
Dieses Forschungsprojekt wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft
im Rahmen des
Exzellenzclusters EXC 153 "Origin and Structure of the Universe"
sowie der
Sonderforschungsbereiche/Transregios SFB/TR 27 "Neutrinos and Beyond"
und SFB/TR 7 "Gravitational Wave Astronomy" und des
Sonderforschungsbereichs SFB-375 "Astro-Particle Physics" unterstützt.
Die Computerberechnungen wurden auf der IBM p690 das John von Neumann
Instituts für Computing (NIC) in Jülich, auf dem nationalen
Supercomputer NEC SX-8 des Höchstleistungsrechenzentrums Stuttgart
(HLRS), auf der IBM p690 des Rechenzentrums Garching (RZG), auf der
sgi Altix 4770 des Leibniz-Rechenzentrums (LRZ) in München und
auf der sgi Altix 3700 des Max-Planck-Instituts für Astrophysik
durchgeführt. Dank gilt auch dem AstroGrid-D, einem Projekt, das vom
Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBF) als Teil der
D-Grid Initiative gefördert wird.
Kontakt und weitere Informationen:
Dr. Hans-Thomas Janka
Max-Planck-Institut für Astrophysik, Garching
Tel.: +49 89 30000-2228
email: thjmpa-garching.mpg.de
Barbara Wankerl
Exzellenzcluster Universe
Technische Universität München
Tel.: +49 89 35831-7105
email: barbara.wankerluniverse-cluster.de
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