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Alle Strukturen wie Galaxien, Galaxienhaufen und -filamente, die wir
heute im Universum sehen, waren bereits 380 000 Jahre nach dem Urknall
in Form von winzigen Fluktuationen der Materiedichte angelegt. Zu
jenem Zeitpunkt wurde das Universum durchsichtig. Das dabei frei
werdende Licht des Urknalls ist noch heute im Kosmos unterwegs und als
kosmische Mikrowellenstrahlung messbar. Diese Strahlung bietet ein
getreues Bild des Universums, wie es vor 13,8 Milliarden Jahren aussah
- genau zu der Epoche, als es durchsichtig wurde.
Der Mikrowellen-Hintergrund, für dessen erste Vermessung der
Physik-Nobelpreis 2006 verliehen wurde, zeigt diese
ursprünglichen Dichtefluktuationen als winzige
Temperaturvariationen. Diese wurden vor 40 Jahren von Rashid Sunyaev,
heute Direktor am Max-Planck-Instituts für Astrophysik,
vorhergesagt; 25 Jahre später hat sie der COBE-Satellit
tatsächlich entdeckt.
Das Weltraumteleskop Planck soll diese Strahlung eineinhalb bis
zweieinhalb Jahre lang an seinem Standort in der Nähe des
sogenannten zweiten Lagrange-Punkts des Sonne-/Erde-Systems mit einem
Hoch- und einem Niederfrequenz-Instrument und in insgesamt neun
verschiedenen Frequenzbändern vermessen. Durch die Bestimmung von
Temperaturvariationen wird Planck nicht nur die Frühphase unseres
Universums untersuchen. Aus den Daten erhoffen sich die
Wissenschaftler auch Antworten auf wichtige Fragen der Kosmologie: Was
genau spielte sich beim Urknall ab? Aus welchen Materie-, Strahlungs-
und Energieformen besteht das heutige Weltall? Wie alt ist es, und wie
haben sich seine Strukturen gebildet?
Außerdem könnten die Messdaten dazu beitragen, die
Inflationstheorie zu überprüfen. Bevor das Universum ganze
10-35 Sekunden alt war, soll sich der Raum explosionsartig
aufgebläht haben. Winzige Quantenfluktuationen eines diese
Raumexplosion antreibenden hypothetischen Energiefelds sollten die
Saat jener im Mikrowellenbereich sichtbaren Dichtefluktuationen
angelegt haben, aus denen die heutigen Galaxien entstanden sind.
"Die Inflationstheorie mit ihrem Anspruch, die grundlegenden
Eigenschaften unseres heutigen Kosmos komplett auf diese bizarre
Expansionsepoche zurückzuführen, ist eine unglaublich
anmutende Vorstellung, die unbedingt experimentell überprüft
werden muss", sagt Torsten Enßlin, Kosmologe und Manager der
deutschen Planck-Beteiligung, die am Garchinger Max-Planck-Institut
angesiedelt ist.
Zwar mag man diese Epoche niemals direkt vermessen können, um die
Inflationstheorie zu überprüfen. Doch die messbaren
Temperaturfluktuationen im Mikrowellenbereich bergen Botschaften aus
jener frühesten Epochen, die sich mittels präziser
Vermessung durch Planck und statistischer Datenanalyse herauslesen
lassen. Aufschlussreiche Ergebnisse verspricht sich das Projekt durch
die genaue Vermessung der Polarisation dieser Strahlung. Sie
könnte ein fantastisches Fenster in die Frühphase des
Universums eröffnen. "Heutige Vorstellungen von den ersten
Sekundenbruchteilen im Leben des Universums lassen sich durch solche
präzise Polarisationsmessungen überprüfen,
bestätigen oder komplett revidieren", sagt der Garchinger
Wissenschaftler.
Das Max-Planck-Institut für Astrophysik vertritt Deutschland im
Planck-Konsortium und übernahm einen Teil der Entwicklung der
Software. So wurde für die Zentren in Paris und Triest in den
vergangenen zehn Jahre ein Missions-Simulationssoftware-Paket
entwickelt: Diese Simulation erzeugt synthetische Datenströme,
die den echten des Satelliten gleichen. Allerdings kennt man für
sie die genauen Eigenschaften jenes Universums, das sie hervorgebracht
haben könnte. Somit ermöglicht diese Software ein Testen und
Optimieren der Datenverarbeitung - und die ist recht komplex.
"Nach der Überprüfung der täglich vom Satelliten zur
Erde gefunkten Daten und ihrer Kalibration werden für die neun
Frequenzbänder der Instrumente individuelle Himmelskarten
erzeugt. Dies geschieht je nach Wellenlängenbereich in
unterschiedlichen Datenverarbeitungszentren", sagt Wolfgang Hovest,
Softwareentwickler in der Garchinger Planck-Gruppe. In den beiden
Prozessierungszentren in Paris und Triest werden diese Karten
anschließend in unterschiedliche Quellen wie galaktische
Radiostrahlung, Staubstrahlung und kosmische Mikrowellenstrahlung
umgewandelt.
Für die Koordination der komplexen Datenverarbeitungsprozesse
entwickelte das Planck-Team zudem eine Datenbank-gestützte
grafische Workflow Engine, den Planck Process Coordinator (kurz ProC
genannt). Dieser ist ein wesentlicher Bestandteil der
Software-Infrastruktur des Projekts. Der ProC wird zur Konstruktion,
Ausführung und Überwachung der Datenanalyseschritte
benötigt.
Mit Simulationspaket und Prozesskoordinator steuert das
Max-Planck-Institut für Astrophysik wesentliche Komponenten zur
Planck-Mission bei. Als der führende deutsche Partner innerhalb
des Projekts, das sowohl Informatiker als auch Astrophysiker vor
große Herausforderungen stellt, wird sich das Institut selbst
intensiv an der wissenschaftlichen Auswertung der Daten
beteiligen. Neben den im Mittelpunkt stehenden kosmologischen
Ergebnissen wird es dabei auch um astrophysikalische Objekte im
engeren Sinne gehen - etwa um die Untersuchung von Galaxienhaufen oder
um aktive galaktische Kerne.
Hintergrundinformationen:
Die Planck Mission wird von dem europäisch-nordamerikanischen
Planck-Konsortium unter Koordination der ESA
durchgeführt. Beteiligt sind unter anderem Frankreich, Italien,
Deutschland, Großbritannien, Dänemark, Finnland, Schweiz,
Spanien, die USA und Kanada. Das Projekt ist in zwei Konsortien
aufgeteilt, die das Hochfrequenz- und das Niederfrequenzinstrument
entwickelten und betreuen, und die durch Jean-Loup Puget vom IAS in
Paris und Nazzareno Mandolesi am IASF/CNR in Bologna geleitet
werden. Projektwissenschaftler der ESA ist Jan Tauber in ESTEC in den
Niederlanden. Die deutsche Beteiligung am Max-Planck-Institut für
Astrophysik (MPA) wird durch das Deutsche Zentrum für Luft- und
Raumfahrt (DLR) sowie der Max-Planck Gesellschaft gefördert.
Planck wird zusammen mit dem Herschel-Satelliten mit einer
Ariane-5-Rakete vom ESA-Weltraumbahnhof Kourou in
Französisch-Guayana (Südamerika) gestartet
werden. Voraussichtlicher Starttermin ist der 16. April. Der Transfer
zum zweiten Lagrange-Punkt des Sonne-/Erde-Systems wird etwa drei
Monate dauern. Es sind zwei Himmelsdurchmusterungen zu je sechs
Monaten geplant; eine längere Laufzeit mit bis zu vier
Durchmusterungen könnte je nach Kühlmittelverbrauch
(Helium-3) möglich sein. Alle wissenschaftlichen Daten sollen
nach Abschluss der Mission öffentlich werden.
Links
Planckgruppe am Max-Planck-Institute für Astrophysik
Planck Science Team at ESA
Weitere Information erhalten Sie von:
Dr. Torsten Enßlin
Max-Planck-Institut für Astrophysik, Garching
Tel.: +49 89 30000-2243
email: tensslinmpa-garching.mpg.de
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