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Abb:
Die Computersimulation zeigt die Herausbildung einer massiven
Supergalaxie. Die Größe des Gravitationswachstums
hängt von der subtilen Balance zwischen dunkler Materie, dunkler
Energie und der Expansion des Universums ab und kann mit den
Geschwindigkeitsvektoren rund um die Struktur gemessen werden.
Bildquelle: Klaus Dolag, MPA, und das VVDS Team
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Vor etwa zehn Jahren machten Forscher die Entdeckung, dass die
Expansion des Universums heute schneller ist als in der
Vergangenheit. Da man bis dahin geglaubt hatte, dass die Schwerkraft
das Universum zusammenhalten müsste, war dieses Ergebnis
überraschend und warf die Frage nach den Ursachen für diese
beschleunigte Expansion auf. Zwei mögliche Erklärungen
gelten bis heute als denkbar.
Um die hier wirkende "Anti-Gravitationskraft" zu erfassen, wurde
der Begriff der dunklen Energie eingeführt. Dabei handelt es sich
um eine Verallgemeinerung der von Albert Einstein eingeführten
kosmologischen Konstante. Die kosmologische Konstante wurde
später von Einstein verworfen, erlebte aber nach der Entdeckung
der kosmologischen Beschleunigung im Jahr 1998 eine Renaissance. Die
dunkle Energie macht ungefähr 75 Prozent der gesamten
Energiedichte im Universum aus. Sie lässt sich nicht direkt
nachweisen, sondern nur indirekt aus der Expansion des Universums und
der Bildung der großräumigen Struktur ableiten.
Die andere Alternative ist, dass die Gleichung der allgemeinen
Relativität und damit die Theorie der Schwerkraft einen Fehler
enthält oder unvollständig ist. In diesem Fall wäre das
Postulat der dunklen Energie überflüssig.
Die Forschergruppe um Luigi Guzzo hat jetzt vorgeschlagen, die
Verzerrung der kosmologischen Rotverschiebung zum Ausgangspunkt der
Suche nach den Ursachen der beschleunigten Expansion zu machen. Das
Licht weit entfernter Galaxien erscheint zum Roten verschoben, weshalb
die Rotverschiebung in erster Näherung Auskunft über die
Entfernung einer Galaxie gibt. Die Rotverschiebung hängt nur von
der Entfernung ab, solange sich die Galaxien in Ruhe
befinden. Zusätzlich zur Expansion des Universums haben die
Galaxien jedoch eine Eigenbewegung, die das Ergebnis
verfälscht. Größere Materiekonzentrationen ziehen
aufgrund ihrer Schwerkraft andere Galaxien an und rufen damit
Bewegungen hervor, die zur Rotverschiebung beitragen.
Wenn man die kosmologische Rotverschiebung misst, erhält man
somit die reale Distanz der Galaxien von uns plus eine Verzerrung
aufgrund der Eigenbewegung der Galaxien, den so genannten
Dopplereffekt. Die Verzerrung kann man sichtbar machen, indem man die
räumliche Verteilung von Galaxien in einem großen
Himmelsgebiet untersucht. Forscher am MPA führten große
kosmologische Simulationen durch, um dies zu demonstrieren und zu
verifizieren.
Die Verzerrung der kosmologischen Rotverschiebung kann mittels ihrer
Wirkung auf die Haufenbildung der Galaxien gemessen werden. Wenn man
so die Stärke der Verzerrung der Rotverschiebung sowohl im nahen
(also heutigen) als auch im fernen (also frühen) Universum misst,
erfährt man, wie sich die großräumigen Strukturen mit
der Zeit verändert haben. Daraus wiederum lassen sich
Schlüsse auf das Wesen und die Stärke der dunklen Energie
und damit auf die beschleunigte Expansion ziehen.
Guzzos Forschergruppe führte eine Untersuchung der
Rotverschiebung von Galaxien mit dem ESO VLT (Very Large Telescope) im
Paranal-Observatorium im Norden Chiles durch. Dabei handelt es sich um
ein Teleskop mit acht Metern Spiegeldurchmesser. Mit diesem riesigen
Teleskop konnten die Forscher die Rotverschiebungen von fast 6000
besonders schwachen Galaxien untersuchen, die so weit von uns entfernt
sind, dass wir sie heute so sehen, wie sie waren, als das Universum
halb so alt war wie heute, also vor sieben Milliarden Jahren. Sie
berechneten die Verzerrung in der Strukturbildung und verglichen sie
mit Werten aus Untersuchungen, die sie bei niedriger Rotverschiebung
durchgeführt hatten. So konnten sie nachweisen, dass ihre
Beobachtungen mit dem Modell der kosmologischen Konstante
übereinstimmen.
Allerdings gibt es noch große Unsicherheiten im Ergebnis,
weshalb jetzt weitere Untersuchungen in mindestens zehnfach
größerem Umfang geplant werden. Mit den Ergebnissen dieser
zukünftigen Untersuchungen wird dann eine Antwort auf die Frage
möglich sein, ob die Ursache der beschleunigten Ausdehnung des
Universums dunkle Energie ist oder eine Form von Schwerkraft, die von
unserem bisherigen Verständnis der Gravitation abweicht. Auch
völlig neue, exotischere Erklärungen sind möglich.
Gegenwärtig werden auf der ganzen Welt weitere große
Untersuchungen der kosmologischen Rotverschiebung geplant. Die
Technik, die von Luigi Guzzo entwickelt wurde, könnte sich bei
der Eingrenzung der möglichen Ursachen der kosmischen
Beschleunigung als nützlich erweisen.
Weitere Information erhalten Sie von:
Prof. Dr. Simon White
Geschäftsführender Direktor
Max-Planck-Institut für Astrophysik, Garching
Tel.: +49 89 30000-2211
Fax: +49 89 30000-2235
email: swhitempa-garching.mpg.de
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