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Abb. 2: Reproduktion desselben SDSS-Spektrums wie in Abbildung 1
(in blau) durch das neue, hoch-aufgelöste
(
)
Populationssynthese-Modell, das am MPI für Astrophysik entwickelt wurde (in rot).
Die wesentlichen stellaren Absorptions-Merkmale des beobachteten Spektrums
sind nun gut durch das Model wiedergegeben.
Die Forderung, diese Merkmale zu reproduzieren, führt zu wertvollen
Informationen über die Sternpopulationen in den beobachteten Galaxien
(siehe Text).
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Die Sternentstehungsgeschichte und chemische Anreicherung des Universums
manifestieren sich in dem von Galaxien ausgesandten Licht. Das Licht einer
Galaxie setzt sich zusammen aus der Emission von Sternen verschiedenen
Alters, die in unterschiedlichen kosmologischen Epochen entstanden sind.
Sterne eines bestimmten Alters haben die chemische Zusammensetzung des Gases,
aus dem sie sich formten, und das von ihnen ausgesandte Licht enthält
Informationen sowohl über ihr Alter als auch ihre chemische Zusammensetzung.
Wenn wir die Spektren von nahen Galaxien im Hinblick auf die unterschiedlichen
Sterngenerationen, aus denen sie bestehen, interpretieren koennen, werden wir
in der Lage sein, die Geschichte von Sternentstehung und chemischer Anreicherung
im Universum zu rekonstruieren.
Die Synthese der Sternpopulationen (engl. stellar population synthesis), d.h. die Berechnung der von spezifischen Sternpopulationen emittierten Spektren, ist ein natürlicher Ansatz,
um die beobachteten Galaxienspektren zu interpretieren.
Diese Technik kombiniert die Sternentwicklungtheorie mit einer
Bibliothek von individuellen Sternspektren, die die Ausstrahlung von Sternen beliebiger Masse, Alter und Metallgehalt beschreiben. Gegenwärtige sogenannte Populationssynthese-Modelle leiden jedoch unter ernsthaften Einschränkungen: ihre spektrale Auflösung ist typischerweise weitaus geringer als die von
modernen spektroskopischen Beobachtungen von Galaxien.
Abbildung 1 illustriert einen Vergleich eines gegenwärtigen Modells mit einem
beobachteten hoch-aufgelösten Spektrum aus dem Sloan Digital Sky Survey
( SDSS),
an dem auch das MPA seit Januar 2001 als
ein Partner-Institut beteiligt ist (siehe
'Aktuelle Forschung' vom April 2002).
Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass die Auflösung des Modells weitaus
zu gering ist, um bei der Entschlüsselung einer Fülle von Absorptionslinien des
beobachteten Spektrums zu helfen. Diese Linien wurden durch atomare und
molekulare Übergänge in den Sternatmosphären erzeugt, und sie enthalten
wertvolle Informationen über das Alter und die chemische Zusammensetzung der Sterne,
die zum Galaxienlicht beitragen.
G. Bruzual (Center for Astronomical Research, Mérida, Venezuela und MPA) und
S. Charlot (MPA) haben ein neues Populationssynthese-Modell entwickelt, das
eine Interpretation von hoch-aufgelösten Galaxienspektren ermöglicht.
Dieses Modell verbindet die neuesten Entwicklungen der Sternentstehungs-Theorie
und eine
neue Bibliothek
von hoch-aufgelösten individuellen Sternspektren.
Abbildung 2 zeigt einen Vergleich dieses Modells mit demselben beobachteten
SDSS-Spektrum aus Abbildung 1. Die wesentlichen Absorptions-Merkmale der
Beobachtung sind nun gut durch das Modell reproduziert. Die Anforderung, das
Modell diesen
Merkmalen anzupassen, führt zu wertvollen Einschränkungen der
Sternpopulationen einer beobachteten Galaxie.
In dem gezeigten Beispiel können 80% der gesamten Sternenmasse von
Sonnenmassen Sternen mit gerinfügig untersolarem Anteil schwerer Elements zugeordnet werden, die vor 5-13 Gyr gebildet wurden, 16% Sternen mit
leicht übersolarer Metallizität, die vor 2.5-5 Gyr entstanden sind, und die
restlichen 4% mit leicht übersolarer Metallizität wurden vor
1.0-2.5 Gyr gebildet.
SDSS wird Spektren vom Typus des in Abbildung 2 gezeigten für fast 2 Millionen nahe Galaxien erhalten. Mit Hilfe des oben genannten neuen Modells zur Bestimmung der
Sternenpopulationen von Galaxien wird es möglich sein, kosmologische Schlüsselfragen zu untersuchen: Wann wurden die Sterne des
Universums gebildet? Fand Sternentstehung kontinuierlich oder in kurzen Ausbrüchen statt? Haben die Galaxien die schweren Elemente, die in ihnen produziert wurden, behalten oder wurde ein wesentliche Teil des angereicherten Gases ausgestossen?
Wie hat sich die Masse der Galaxien mit der Zeit entwickelt? Und wie
hängt ihr Alter und ihre Sternentstehungsgeschichte mit der Leuchtkraft,
dem morphologischen Typ und ihrer intergalaktischen Umgebung zusammen?
Stephane Charlot
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