Die Gasverteilung im frühen Universum

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Am Max-Planck-Institut für Astrophysik ist ein einfaches Modell entwickelt worden, mit dem die Verteilung von Gas im frühen Universum untersucht werden kann.

Nach den gängigen kosmologischen Modellen ist das Universum mit Gas und einer unbekannten Art unsichtbarer, so genannter "`Dunkler"', Materie angefüllt. Ausgehend von einer sehr homogenen Verteilung entwickelt sich das Gas unter dem Zug der Schwerkraft, die von Störungen der Dunklen Materie ausgeübt wird, und bildet leuchtende Objekte wie etwa Galaxien. Um die Eigenschaften des Gases zwischen den Galaxien zu untersuchen und den grundlegenden Vorgang der Galaxienentstehung zu verstehen, studieren Forscher das Licht, das von sehr weit entfernten Quasaren (QSOs) ausgesandt wird. Dabei handelt es sich um sehr leuchtkräftige Galaxien bei hoher Rotverschiebung, die in der Entstehung begriffen sind. Ihr Licht breitet sich zu uns aus und wird durch die dazwischen liegende inhomogene Gasverteilung längs der Sichtlinie (LOS) absorbiert. Durch eine Analyse der Absorptionsmuster in Quasarspektren ist es möglich, die physikalischen Eigenschaften des Gases längs der Sichtlinie zu erschließen, wie etwa die Temperatur, die Geschwindigkeit und die chemische Zusammensetzung, und die räumliche Verteilung dieser Absorber zu enthüllen.

Das Modell, das am Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) von H.J. Mo und Gastwissenschaftlern aus Padua (S. Matarrese, M. Viel), London (M. Haehnelt) und Cambridge (T. Theuns) entwickelt wurde, baut auf Simulationen von Quasarspektren auf und beschreibt die Entwicklung des Gases auf dem Hintergrund eines expandierenden Universums genau. Man nimmt an, dass dieses Gas warm ist (Temperatur ~ 104 K) und durch den Fluss ultravioletter Strahlung der Quasare ionisiert wird. Dieser Fluss erlaubt, dass ein sehr kleiner Anteil des Wasserstoffs neutral bleibt (~ 10-10 Atome/cm3), der für die starken Absorptionsmuster in den Spektren verantwortlich ist, wie man in Abb. 1 erkennen kann. Es ist wichtig, Absorptionsmuster entlang benachbarter Sichtlinien zu identifizieren, um auf diese Weise das Universum auch senkrecht zu den Sichtlinien zu untersuchen und nicht nur längs einer speziellen Sichtlinie. Das ist möglich anhand enger Paare von Quasaren, die einen nur kleinen Winkelabstand am Himmel haben und deren Licht längs zweier sehr eng benachbarter Sichtlinien zu uns gelangt.

Abbildung 1: Simulierte Quasarspektren bei einer Rotverschiebung von z ~ 2 bei unterschiedlichen Winkelabständen. Die y-Achse stellt den Fluss dar, die x-Achse die Geschwindigkeit der kosmischen Expansion in km/s. Man sieht, dass es übereinstimmende Absorptionsmuster zwischen dem roten und den blauen Spektren gibt, die sich abschwächen, während sich der Winkelabstand von 5 auf 80 Bogensekunden vergrößert (von etwa 200000 auf 2.5 Millionen Lichtjahre).

Abbildung 1 zeigt simulierte Spektren von Quasarpaaren bei einer Rotverschiebung von z ~ 2 für fünf verschiedene Winkelabstände. Man erkennt leicht, dass Muster im ersten und den anderen fünf Spektren übereinstimmen, bis der Abstand 2.5 Millionen Lichtjahre erreicht, während die Korrelationen mit dem ersten Spektrum bei größeren Entfernungen sehr schwach werden. Diese Spektren sind tatsächlich "`Bilder"' des Universums längs zweier Richtungen, und sie testen die charakteristische Größe der absorbierenden Gaswolken und der Strukturen im frühen Universum. Unser Modell unterstützt die Ergebnisse, die durch hydrodynamische Simulationen gewonnen wurden (siehe Abb. 2), in denen diese absorbierenden Objekte eher ausgedehnte Filamente als kompakte Wolken sind. Das Modell sagt eine charakteristische Größe der Strukturen von etwa eineinhalb Millionen Lichtjahren bei einer Rotverschiebung von z ~ 2 vorher. Ein sehr wichtiges Ergebnis ist, dass auch die Verteilung der Dunklen Materie genauer bestimmt werden kann, indem man statt einzelner Quasare Quasarpaare verwendet. Wir haben abgeschätzt, dass etwa 30 Quasarpaare mit Winkelabständen zwischen einer und zwei Bogenminuten notwendig sind, um die Verteilung der Materie im Universum bis in Entfernungen von einigen hundert Millionen Lichtjahren zu rekonstruieren.

Abbildung 2: Hydrodynamische Simulation von T. Theuns. Der Würfel stellt einen Ausschnitt des Universums mit einer Kantenlänge von 60 Millionen Lichtjahren dar. Die Gasverteilung bei Rotverschiebung z=3 ist dargestellt: Gelbe Punkte stehen für dichtere Gebiete. Man sieht das Netzwerk der Filamente.


Matteo Viel, H.J. Mo


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Last modified: Fri Jun 1 10:08:22 MDT 2001
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