Den Geheimnissen der Radioquelle 3C120 auf der Spur

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Am Max-Planck-Institut für Astrophysik sind zur Zeit die Forscher Miguel A. Aloy und Ewald Müller dabei einige Geheimnisse der Radioquelle 3C120 zu entschlüsseln, indem sie dreidimensionale Simulationen des relativistischen Düsenstrahls durchführen, der aus dem Zentrum der Radiogalaxie fast mit Lichtgeschwindigkeit heraus geschossen kommt.

In der Hochenergie- und relativistischen Astrophysik herrscht zur Zeit große Begeisterung darüber, dass neue Beobachtungsinstrumente in allen elektromagnetischen Wellenlängenbereichen faszinierende Einblicke in exotische Objekte, wie Jets, Schwarze Löcher und Neutronensterne gestatten. Zweifellos stellen in diesem Zusammenhang die extragalaktischen Düsenstrahlen oder Jets eines der aufregendsten Beobachtungsziele dar. Um ihren enormen Energiebedarf zu erklären, kommt man an den superschweren Schwarzen Löchern nicht vorbei, die sich in den Zentren aktiver Galaxien befinden. Es wird vermutet, dass die Schwarzen Löcher einen relativistischen gebündelten Düsenstrahl aus Plasma erzeugen, der als Jet sichtbar ist. Mit dem geplanten Instrument VSOP, einem im Weltraum stationierten Radio-Interferometer, wird man bald in der Lage sein, sehr hochaufgelöste Radiokarten der Jetquellen zu erstellen. VSOP kann einen Gegenstand von der Größe eines Fußballs auf dem Mond auflösen, oder Strukturen mit einer Ausdehnung vom einem halben Lichtjahr in Abstand von 450 Millionen Lichtjahren, wo sich die Radioquelle 3C120 befindet. Daher werden VSOP-Beobachtungen wichtige Informationen über die Entstehung und Kollimation extragalaktischer Jets liefern. Um allerdings ein tieferes theoretisches Verständnis dieser astrophysikalischen Erscheinung zu gewinnen, sind zusätzlich aufwendige Computer-Simulationen der zugrundeliegenden physikalischen Prozesse erforderlich. Solche Simulationen werden zur Zeit am Max-Planck-Institut für Astrophysik von Miguel A. Aloy in Zusammenarbeit mit Jose M. Martì (Universität von Valencia, Spanien), Jose L. Gòmez (Astrophysikalisches Institut von Andalusien in Granada, Spanien) und Ewald Müller durchgeführt.

Abbildung 1: Zeitserie von Radiokarten der Radioquelle 3C120 gemessen von J.L. Gòmez und Mitarbeitern.

In den Jahren 1997 bis 1999 wurde die Radiostrahlung der Quelle 3C120 durch eine Serie von räumlich hochaufgelösten Beobachtungen von Jose L. Gòmez und Mitarbeitern genauesten vermessen. Dazu verwendeten sie VLBA, ein System von mehr als zehn großen Radioantennen, die vom nationalen Institut für Radioastronomie der USA (NROA) betrieben werden, und die über die gesamte USA von Hawaii bis zu den Jungferninseln verteilt sind. Die Beobachtungen enthüllten das Vorhandensein einer Gaswolke, etwa 25 Lichtjahre vom zentralen Schwarzen Loch entfernt, auf die der Jet mit einer Geschwindigkeit von 98,6% der Lichtgeschwindigkeit aufzutreffen scheint. Die ungeheuere Wucht des Zusammenstoßes heizt das Gas im Jet in der Nähe der Wolke stark auf. Die Radiokarten zeigen an dieser Stelle ein räumlich ausgedehntes Helligkeitsmaximum. Der Jet selbst erscheint in den Beobachtungen als eine Aneinanderreihung solcher Helligkeitsmaxima, oft auch als Komponenten oder Blasen bezeichnet, deren Helligkeit und Ort sich mit der Zeit ändert. Die Blasen scheinen mit Überlichtgeschwindigkeit aus der unmittelbaren Umgebung des zentralen Schwarzen Loch herausschießen. Die Überlichtgeschwindigkeit ist allerdings ein reiner Projektionseffekt. Sie kommt dadurch zustande, dass sich die Blasen mit einer Geschwindigkeit, die nahezu die Lichtgeschwindigkeit erreicht, aber nirgends übersteigt, fast genau auf uns zu bewegen.

Abbildung 2: Momentaufnahmen aus einer hydrodynamischen Modellierung des relativistischen Jets (von M.A. Aloy) der Radioquelle 3C120.

Die Bestimmung der räumlichen Struktur des Jets und der Bewegung der Jet-Komponenten ist keine einfache Aufgabe, denn man kann nur eine Projektion der möglicherweise sehr komplizierten Jetbewegung beobachten. Außerdem muss man den Effekt der Strahlungsbündelung berücksichtigen. Dieser relativistische Effekt bewirkt, dass man Strahlung nur von den Teilen des Jets beobachten kann, die sich bis auf kleine Abweichungen genau auf den Beobachter zu bewegen. Um die Beobachtungsdaten von 3C120 zu entschlüsseln, haben M.A. Aloy, J.M. Martì, J.L. Gòmez und E. Müller hydrodynamische Simulationen der Jetströmung ohne irgendwelche Symmetrieannahmen durchgeführt. Sie gingen von einem Modell aus, in dem der Jet sich auf einer spiralförmigen Bahn fortbewegt, d.h. sie nahmen an, dass der Jet präzessiert. Eine ähnliche Bahn beschreibt auch ein Wasserstrahl aus einem Gartenschlauch, wenn man das Schlauchende ein wenig im Kreis bewegt. Sollte dies wirklich die Bewegung des Jets von 3C120 sein, dann würden wir nur diejenigen Abschnitte des Jets sehen, die sich genau auf uns zu bewegen, während alle anderen Jetregionen der Beobachtung nicht zugänglich wären. Die hydrodynamischen Simulationen sind noch im Gang. Sie werden die Strömungsdaten liefern, aus denen man die Radiostrahlung des Modelljets in Richtung auf einen vorgegebenen Beobachter berechnen kann. Diese synthetischen Radiokarten gestatten es Radiobeobachtungen und theoretische Modelle zu verknüpfen, und die letzteren zu verbessern.


Miguel A. Aloy, Ewald Müller






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Last modified: Thu Dec 21 10:57:19 MET 2000
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